Leichtbau im Auto,

Das Thema Leichtbau wird auch in der Automobilproduktion immer wichtiger. (Bild: Daimler AG)

Bei Wachstumsraten von sieben bis acht Prozent wird 2020 allein in der Transportbranche ein weltweiter Leichtbaumarkt von 140 Milliarden Euro erwartet. In der VDMA Arbeitsgemeinschaft Hybride Leichtbau Technologien tauschen sich Maschinenbauer mit Vertretern von Anwender- und Zulieferindustrien über Möglichkeiten, Technologien und Werkstoffe im Leichtbau aus.

Welche Ziele die Arbeitsgemeinschaft noch verfolgt und welche Entwicklungen es im Leichtbau gibt, erklärt Peter Egger, Leiter des Technologiezentrums für Leichtbau-Composites beim Spritzgießmaschinenbauer Engel Austria, im Interview.

Peter Egger, Engel Austria,
Peter Egger, Leiter des Technologiezentrums für Leichtbau-Composites beim Spritzgießmaschinenbauer Engel Austria, (Bild: Engel Austria)

Herr Egger, Sie sind zum Vorstandsvorsitzenden der neuen VDMA-Arbeitsgemeinschaft Hybride Leichtbau Technologien gewählt worden. Was ist für Sie deren wichtigste Funktion?
Vorausgegangen war der Arbeitsgemeinschaft das VDMA Forum Composite Technology, in dem sich Maschinenbauer vor allem über Anlagentechniken für Leichtbau mit Faserverbundwerkstoffen  ausgetauscht haben. Es lag in der Natur der Sache, dass Erkenntnisse, die dort gefunden wurden, limitiert waren, denn man blieb als Maschinenbauer ja immer unter sich. In der neuen Arbeitsgemeinschaft bilden wir jetzt das ganze Spektrum des Leichtbaus ab, Zulieferindustrien ebenso wie Anwenderbranchen und natürlich auch alle denkbaren Werkstoffe und Werkstoffkombinationen. Dadurch erkennt man die Anforderungen des Marktes besser. Es geht schließlich darum, ohne Scheuklappen am Ende das Beste herauszuziehen.

Wie grenzen Sie den Begriff Leichtbau ein?
Leichtbau ist es im Grunde schon, wenn man ein schwereres Material durch ein leichteres ersetzen kann, bei natürlich ausreichenden Eigenschaften. Zuletzt stand vor allem Leichtbau durch Endlosfaserverstärkung im Fokus. Dabei geht es darum, mit gerichteten Faserstrukturen eine mechanisch optimal ausgelegte Struktur aufzubauen, etwa durch carbonfaserverstärkte Kunststoffe, so genannte CFK-Strukturen. BMW fertigt daraus zum Beispiel die Karosserie seiner i-Reihe. Neben den Kohlefasern gibt es aber auch Glasfasern. Und auf der Kunststoffseite werden neben den duroplastischen Kunststoffen, wie im CFK-Bereich, zunehmend auch thermoplastische Systeme erwogen. Dazu gehören Organobleche, also Faserverbundhalbzeuge, die man aufheizt, dann umformt und danach hinterspritzt. Neben Leichtbau durch Faserverbundstoffe, auch als Composites bezeichnet, gibt es auch die Hybrid-Technologien, bei denen man beispielsweise Stahl oder Aluminium mit Kunststoffen kombiniert.

 

Leichtbau gibt es im Flugzeugbau schon lange. Seit wann ist das auch im Automobilbau ein Thema?
Auch in der Automobilindustrie beschäftigt man sich schon seit langem mit Leichtbau. Wenn man das nicht getan hätte, wären die heutigen Fahrzeuge noch wesentlich schwerer. Moderne Fahrzeuge haben heute viel mehr Sicherheitstechnik, mehr Elektronik, mehr Komfort und doch hat ihr Gewicht vergleichsweise weniger stark zugenommen. Zusätzlicher Druck zu leichteren Autos kommt derzeit aber im Wesentlichen durch gesetzliche Vorgaben. EU-weit sollen die CO2-Emissionen von Pkw bis 2020 auf durchschnittlich 95 Gramm je Kilometer gemindert werden. Andernfalls drohen Strafen. Die können sich je nach Höhe der Überschreitung durchaus auf an die tausend Euro pro Fahrzeug belaufen. Das ist der eigentliche Antrieb, jetzt noch mehr zu tun im Leichtbaubereich.

Was sind die größten Herausforderungen im Leichtbau?
Eine der größten Herausforderungen im Leichtbau ist die enorme Vielfalt an Lösungsansätzen. Es gibt die unterschiedlichsten Materialien und zahlreiche Verfahrenstechnologien. Das macht es sehr schwer festzulegen, wie und womit man ein Bauteil am besten konstruiert und herstellt. Hinzu kommt, dass Konstrukteure noch nicht so viel Erfahrung im Umgang mit den neuen Materialien haben. Ein Beispiel: Blech hat nach allen Seiten dieselben Eigenschaften. Das macht das Konstruieren einfacher.   Faserverbund bietet den Vorteil von gerichteten Eigenschaften, die optimiert eingesetzt werden können, aber natürlich muss man mit dieser Eigenschaft erst umgehen können.

Problematisch ist es in vielen Fällen auch, die neuen Leichtbaukomponenten in ein bestehendes Produktionssystem zu integrieren. Wenn man in etablierte Fertigungsstrukturen einsteigen will, besteht die Gefahr, dass die Produktivität leidet. Schließlich gibt es Probleme in der Verbindungstechnik. Man kann zum Beispiel einen Faserverbund nicht einfach mit einer Blechstruktur verschweißen. Man muss sehen, ob man das kleben kann oder verschrauben.

Welche Kundengruppen von Engel setzen denn noch auf den Leichtbau?
Wir sehen, dass auch die Teletronikindustrie an Faserverbundbauteilen interessiert ist. Einsatzmöglichkeiten gibt es außerdem im Sportbereich. Es gibt hier recht schöne Beispiele im Bereich Fußballschuhe. Auch im Baubereich gibt es sinnvolle Einsatzmöglichkeiten. Aber der größte Schwung kommt bei uns aus der Automobilindustrie. Wir denken eher in größeren Stückzahlen. Unseren Vorteil sehen wir vor allem darin, dass wir nach Möglichkeit , wie wir es im Spritzgießen gewohnt sind, die gesamte Peripherie einer Anlage in unsere Maschinensteuerung einbinden, und somit möglichst viele Daten zentral hinterlegen und verfügbar machen. Damit erreichen wir ein hohes Maß an Produktivität und Qualität. Bei kleinen Stückzahlen ist das nicht so ein großes Thema.

Was steht im Engel Technologiezentrum für Leichtbau-Composites derzeit im Fokus?
Wir beschäftigen uns dort seit längerem mit der Verarbeitung von so genannten Organoblechen. Aber wir gehen noch einen Schritt weiter und arbeiten an der Verarbeitung von Faserbändern mit gerichteten Eigenschaften. Das nennt sich dann UD-Tape-Verarbeitung. UD steht für unidirektional. Bei Organoblechen liegen die Fasern wie ein Geflecht in zwei Richtungen, bei den unidirektionalen Tapes liegen die Fasern nur in einer Richtung und werden dann mit Kunststoff beschichtet. Weiter setzen wir uns natürlich auch mit reaktiven Prozessen auseinander wie zum Beispiel Hochdruck-RTM und SMC-Presstechnik.

Über Leichtbau wird schon lange gesprochen. Gibt es jetzt einen Durchbruch für solche Technologien?
Am effizienten Leichtbau führt kein Weg vorbei, wenn man die Themen der Zukunft lösen will. Bis jetzt hat es viele Lösungsansätze gegeben. Wir kommen jetzt in eine Phase, in der sich einige der besten herauskristallisieren müssen. Deshalb ist der Weg richtig, sich in der neuen VDMA-Arbeitsgemeinschaft das ganze Feld breiter anzusehen. Einen Durchbruch im Sinne einer schnellen Umsetzung wird es nicht geben. Wir erleben keine Revolution im Leichtbau, sondern eine Evolution.

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