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Großbritanniens forschungsintensive Hightech-Branche fürchtet den „Brexit“. Ein Austritt ihres Landes aus der Europäischen Union würde sich negativ auf ihr Geschäft bzw. ihre Forschungsleistung auswirken. (Bild: Pixabay)

Im Zuge seiner jährlichen Wirtschaftsdatenerhebung hatte der IVAM Fachverband für Mikrotechnik im Februar 2016 Unternehmen und Forschungseinrichtungen der Mikro- und Nanotechnik-Branche in Europa befragt, welche Folgen der „Brexit“ auf ihr Geschäft und auf die Branche haben könnte.

Die Branchenvertreter in Großbritannien sorgen sich vor allem um ihre Innovationsleistung und die internationale Zusammenarbeit. Ein „Brexit“ würde bei Forschungseinrichtungen und innovativen kleinen und mittleren Unternehmen zu Einschränkungen bei den Forschungsaktivitäten führen. Kooperationen mit Partnern außerhalb Großbritanniens müssten neu verhandelt werden und die Finanzierung gemeinsamer Projekte wäre auf beiden Seiten unsicher.

Für Hightech-Unternehmen in anderen europäischen Staaten ist Großbritannien oft kein erfolgsentscheidender Markt. Daher bereitet ihnen die mögliche Loslösung Großbritanniens aus der EU weniger Sorgen. Doch immerhin rechnet auch hier ein gutes Drittel mit negativen Folgen für das eigene Geschäft beziehungsweise für die Forschungsleistung.

Verlierer-Szenario

Während die Befragten in anderen europäischen Ländern vor allem Nachteile für die britische Industrie voraussagen, sehen die Briten neben sich selbst auch die übrige EU als Verlierer in einem „Brexit“-Szenario. So sagt eine Mehrheit der britischen Industrievertreter negative Folgen voraus für das Wachstum der Hightech-Industrie in der EU, den Handel innerhalb der EU, die internationale Zusammenarbeit in einer EU ohne Großbritannien und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der kontinentaleuropäischen Branche.

Wirtschafts- und Finanzexperten warnen seit langem vor einem Rückzug Großbritanniens aus dem europäischen Binnenmarkt: Ein „Brexit“, so heißt es, würde das Wirtschaftswachstum in Großbritannien und in der EU ausbremsen und langwierige Neuverhandlungen von Handelsbeziehungen erforderlich machen. Zahlreiche Handelsabkommen, die die EU abgeschlossen hat, wären für Großbritannien nicht mehr gültig.

Grafik Brexit,
Die Hälfte der Befragten in Großbritannien sehen einen EU-Austritt als schlecht für das Geschäft an. (Bild: IVAM)

Die Hightech-Unternehmen in Europa schätzen, dass Großbritannien als Nicht-EU-Mitglied bei der Neuregelung des Handels schlechte Karten hätte. Mehr als die Hälfte der Befragten hält die Chancen des Landes auf vorteilhafte Handelsvereinbarungen mit der EU für schlecht. Außerhalb der EU seien die Chancen besser, unter anderem durch die Zugehörigkeit des Landes zum Commonwealth und die starke Bindung an die USA.

Vertreter der europäischen Mikrotechnik-Branche äußern die Sorge, dass nach einem „Brexit“ anti-europäische Bewegungen Rückenwind bekommen und anderen EU-Staaten dem Beispiel Großbritanniens folgen könnten. Der Austritt Großbritanniens allein würde vermutlich nicht das Ende der EU bedeuten, aber zusammen mit den Wünschen nach Sonderregelungen in anderen Mitgliedsstaaten und der national ausgerichteten Politik einiger osteuropäischer Mitglieder würde er das Risiko eines Zerfalls der EU verstärken. Auch innenpolitische Konsequenzen für Großbritannien wären möglich, denn Schottland könnte einen erneuten Anlauf unternehmen, sich vom Vereinigten Königreich abzuspalten, um sich der EU anzuschließen.

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