Straßenbahnen werden heute immer noch über eine Oberleitung mit Strom versorgt und von einem Lokführer gefahren. Wissenschaftler arbeiten aber an der autonomen Tram.

Straßenbahnen werden heute immer noch über eine Oberleitung mit Strom versorgt und von einem Lokführer gefahren. Wissenschaftler arbeiten aber an der autonomen Tram. (Bild: Heiko Küverling - stock.adobe.com)

Röslibahn,
1823 fuhr die erste Straßenbahn beziehungsweise Röslibahn in New York. Währen der Wagen auf Schienen lief, wurde das Gefährt von Pferden gezogen. Im Laufe der Industrialisierung wurden diese durch Dampfkessel ersetzt. (Bild: Wikimedia.org)

Straßenbahnen prägten ab dem 19. Jahrhundert langsam das Stadtbild. Alles begann damals in den USA, genauer gesagt in New York. 1823 eröffnete weltweit die erste Straßenbahn beziehungsweise Pferdebahn oder Rösslitram in der amerikanischen Metropole. Sie verband damals den Stadtteil Manhattan mit Harlem und war somit eine Verbindung zwischen dem Norden und Süden der Stadt.

Obwohl die Straßenbahn damals schon auf Schienen fuhr, musste sie von Pferden oder Maultieren gezogen werden. Bis zu 30 Fahrgäste fanden in drei Waggons Platz. Diese waren recht komfortabel ausgestattet: mit Polstersitzen und Teppich. Neben Personen wurden in den Waggons auch Waren und Lebensmitteln transportiert.

Viele Experimente mit dem Antrieb

Ein großer Nachteil der Pferde-betriebenen Straßenbahnen war jedoch die Verschmutzung der Straßen durch Pferdeäpfel. Auch fehlte den Tieren bei steilen Anstiegen meist die notwendige Kraft. So stellte man im Laufe der Industrialisierung auf Dampfantrieb um. Daneben wurde auch mit anderen Antriebsarten wie Druckluft oder Natron experimentiert, bis man schließlich wegen seiner enormen Leistungsfähigkeit auf den elektrischen Antrieb umstieg.

Elektromotoren bringen den Durchbruch

Straßenbahn 1881,
Mit der Erfindung des Gleichstrommotors von Werner Siemens wurden die Straßenbahnen schließlich elektrisch bewegt. 1881 fuhr die erste elektrische Straßenbahn in Lichterfelde, einem Vorort von Berlin. (Bild: Wikimedia.org)

Damit ein elektrischer Antrieb überhaupt möglich war, mussten aber erst verschiedene Erfinder und Forscher in Vorleistung gehen. 1824 entdeckte der dänische Chemiker Hand Christian Ørsted den Elektromagnetismus. 1834 meldete Thomas Davenport das erste Patent auf seinen Elektromotor an.

Auch die Entwickler Anyos Jedlik und Hermann Jacobi arbeiteten an einem praxistauglichen Elektromotor. Als 1866 Werner Siemens mit seinem Gleichstrommotor Strom auch erzeugte, war der entscheidende Schritt getan. Erstmals war die elektrische Energie in einer Menge und Leistungsstärke verfügbar, die die Idee elektromotorischer Antriebe über den Status einer interessanten Spielerei stellten.

1879 zeigt Siemens die erste elektrische Lokomotive

Auf der Berliner Gewerbeausstellung 1879 präsentierte Siemens die erste elektrische Lokomotive der Welt. Mit vollem Erfolg: Aus allen Teilen der Welt erhielt das damalige Unternehmen Siemens & Halske Anfragen nach Investitions- und Betriebskosten von elektrischen Bahnen. Um die Praxis- und Alltagstauglichkeit der E-Straßenbahn zu beweisen, versuchte Siemens in der Berliner Friedrichstraße und Leipziger Straße elektrische Hochbahnen einzurichten.

Allerdings verweigerte die Stadtverwaltung den Bau, sodass Siemens auf den Vorort Lichterfelde ausweichen musste. Er rüstete drei Pferdebahnen für den Straßenbahnbetrieb um. Die zweiachsigen Triebwagen beförderten mit jeweils 16 Sitzplätzen knapp 50 Fahrgäste. Jeder Wagen hatte einen Gleichstrommotor mit einer Leistung von zehn PS, der seinen Fahrstrom von 180 Volt über Schleifkontakte von den mit eisernen Radkränzen versehenen Holzscheibenrädern erhielt.

Die Wagen erreichten eine Geschwindigkeit von zwei Kilometer pro Stunde. Anfangs wurden die Triebwagen nicht über eine Oberleitung, sondern über die Schienen mit Strom versorgt. Dampfmaschine und Generator standen neben dem Bahnhof.

Strecke von 2,5 Kilometern
Die Wagen fuhren auf einer Strecke von 2,5 Kilometern mit einer maximalen Geschwindigkeit von 2 km/h. Die Stromaufnahme des 3,7 kW starken Motors erfolgte über die Schienen. Ab 1883 verkehrte sie im regulären Betrieb zwischen der Preußischen Hauptkadettenanstalt in Lichterfelde West und dem Bahnhof Lichterfelde (heute Berlin-Lichterfelde-Ost). (Bild: Wikimedia.org)

Vorführung in Paris

Doppelstockfahrzeug
1881 fand in Paris die Exposition d‘électricité statt. Aus diesem Anlass baute die Firma Siemens & Halske eine etwa 500 Meter lange Strecke. Das Doppelstockfahrzeug mit offenem Deck konnte 50 Personen befördern. Die Stromzufuhr erfolgte über Schlitzrohrfahrleitungen. Es handelte sich um die weltweit erste Strecke mit Oberleitung. (Bild: Wikimedia.org)

1881 ging die erste elektrische Straßenbahn in Lichterfelde in den Straßenbetrieb. Im gleichen Jahr stellte Siemens seine Erfindung auf der ersten internationalen Elektrizitätsausstellung in Paris vor. Eine Probefahrt von der Place de la Concorde bis zum auf dem Ausstellungsgelände befindlichen Palais de l’Industrie stieß bei der Pariser Bevölkerung auf Begeisterung.

Im weiteren Verlauf der 1880er-Jahre wurden allerdings wenige elektrische Straßenbahnprojekte von Siemens realisiert. Erst 1889, als Siemens-Ingenieur Walter Reichel mit der Entwicklung des Bügelstromabnehmers ein wichtiges konstruktives Problem gelöst hatte, setzte sich der Elektroantrieb bei Bahnen durch.

Ein Blick über den Tellerrand

Die Straßenbahn der Zukunft

Am Austrian Institute of Technology (AIT) werden für autonom fahrende Straßenbahnen schon Systeme entwickelt. Zwar steht die Technik kurz vor der Markteinführung, trotzdem sind fahrerlose Straßenbahnen noch Zukunftsmusik. Das liegt vor allem an Haftungsfragen bei Unfällen. Technisch hingegen sind die meisten Hürden ausgeräumt, aber sehr speziell.

„Die Fahrphysik ist völlig anders als bei Autos, da Straßenbahnen träger sind, nicht ausweichen können und sich in sehr geringen Abständen an Hindernissen und anderen Verkehrsteilnehmern vorbeibewegen“, erklärt Christian Zinner vom AIT. Aber auch die Assistenzsysteme für Straßenbahnen müssen genauer sein als bei Autos, weil die Überwachung auf größere Distanzen vorausschauend und trotzdem sehr präzise am Fahrtweg ausgerichtet erfolgen muss.

Siemens Mobility testete 2018 in Potsdam die Herausforderungen des autonomen Fahrens. Bei Testfahrten mit über 10.000 zurückgelegten Kilometern hat das System laut dem Hersteller gezeigt, dass es selbst mit komplexen Situationen zurechtkommt. Verschiedene Kameras an der Front und den Seiten der autonomen Tram erkennen dabei vorher antrainierte Objekte, zum Beispiel Menschen in den verschiedensten Positionen sowie Signale und Signalzustände. Die Informationen der Kameras werden mit den Daten von Radar-Detektoren und Lidar-Scannern ergänzt und zu einem hochgenauen Abbild der Umgebung kombiniert.

Mehr zur autonomen Tram von Siemens in folgendem Youtube-Video:

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