Frank Schmidt, Leiter Normen-, Gremien und Verbandsarbeit bei Schmersal

Frank Schmidt, Leiter Normen-, Gremien und Verbandsarbeit bei Schmersal

Manipultionen an Schutzeinrichtungen von Maschinen und Anlagen sind heute keine Seltenheit. Denn oft empfinden Mitartbeiter die Schutzmaßnahmen in der Maschinenbedienung als störend. Deshalb sollte schon bei der Konstruktion besonders darauf Rücksicht genommen werden. Was Konstrukteure noch beachten sollten, erklärt Frank Schmidt, Leiter Normen-, Gremien und Verbandsarbeit bei Schmersal, im Interview mit ke NEXT.

Worauf müssen Konstrukteure achten in Bezug auf Sicherheit und Manipulation, wenn sie eine Maschine konstruieren?

Der wichtigste Grundsatz lautet, dass die Sicherheit in die Maschine „hineinkonstruiert“ wird und nicht im Nachhinein hinzugefügt. Der Konstrukteur sollte sich auch immer in den Maschinenbediener hineinversetzen und überlegen: Sind die Arbeitsabläufe optimal geplant, oder gibt es Anreize – aus welchem Grund auch immer – zur Manipulation? Das gilt ebenso für die Gestaltung von trennenden beweglichen Schutzeinrichtungen, das heißt von Schutztüren.

Bei der Auswahl von Verriegelungseinrichtungen gibt die neue Norm DIN EN ISO 14119 hierzu eine Vielzahl von Hinweisen – von der Vorgehensweise bis hin zur Auswahl geeigneter Produkte. In vielen Fällen wird die in der Norm beschriebene Vorgehensweise zur Folge haben, dass der Einsatz von besonders manipulationssicheren, zum Beispiel hoch codierten Verriegelungseinrichtungen oder Zuhaltungen empfohlen wird. Diese Varianten gibt es, aber sie werden unserer Ansicht nach viel zu selten bestellt und eingesetzt.

Welche konkreten Konsequenzen ergeben sich für den Konstrukteur aus der neuen DIN EN ISO 14119?

Grundsätzliche Änderungen bringt die Norm nicht. Sie ist besser strukturiert als die Vorgängernorm EN 1088, beschreibt konkret die Vorgehensweise bei der Auswahl von Verriegelungseinrichtungen, nennt erforderliche Maßnahmen, mit denen nach vorheriger Risikoeinschätzung ein potenzielles Umgehen minimiert werden kann, und im informativen Anhang findet der Konstrukteur Lösungs- und Schaltungsbeispiele.

Eine Neuerung, die man aus Sicht der Maschinenanwender nur begrüßen kann, ist die stärkere Berücksichtigung des Manipulationsschutzes. Die Norm geht ausdrücklich darauf ein. Sie klassifiziert die Sicherheits-Schaltgeräte nach Technologien sowie Bauarten und nach der Anzahl der Codierungsstufen. Das gibt dem Konstrukteur Hilfestellung bei der normenkonformen Projektierung von Schutzeinrichtungen sowie bei der Auswahl der Sicherheits-Schaltgeräte.

Mensch und Maschine sollen in Zukunft noch enger zusammen arbeiten beziehungsweise miteinander agieren. Welche Sicherheitsmaßnahmen müssen hier getroffen werden?

Wo Mensch und Maschine ohne trennenden Schutzzaun arbeiten – zum Beispiel in der Montagerobotik –, greifen andere Arten von Sicherheitsmaßnahmen. Hier ist vor allem eine inhärente, steuerungstechnische Begrenzung des Arbeitsbereichs von Robotern zu nennen: ein Aufgabenbereich, in dem wir mit dem „Safety Controller“ Grundlagenarbeit geleistet haben. Diese sichere Steuerungstechnik kann zum Beispiel durch taktile Schutzeinrichtungen flankiert werden, die man sich vorzustellen hat wie einen „Schutzanzug“ für den Roboter, der aber letztlich den Bediener schützt.

Welche neuen Entwicklungen sehen Sie im Bereich Maschinensicherheit?

Ein zentraler Entwicklungstrend besteht aus unserer Sicht darin, dass Sicherheitsfunktionen von der Hardware in die Software verlagert werden. Das erhöht etwa die Flexibilität und Anpassbarkeit der Sicherheitsfunktionen an den jeweiligen Prozess. Die Sicherheits-Schaltgeräte selbst werden durch integrierte Elektronik ebenfalls variabler und „kommunikationsfreudiger“. Hier geht der Trend von der Elektromechanik hin zur Elektronik. Das erleichtert die optimale Integration in den Prozess und erhöht die Verfügbarkeit und verringert somit auch den Manipulationsanreiz.

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Das Interview führte Felicitas Heimann, Redaktion

 

 

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