Voxeljet

Er ist vier Meter hoch und hat eine komplexe, verschlungene Geometrie, die für Aufsehen sorgt: der Schlingenball, eine Kunst-Skulptur, die seit Juni 2018 einen Kreisverkehr in Friedberg ziert. (Bild: Voxeljet)

Er ist 4 m hoch und weist eine komplexe Geometrie auf, die für Aufsehen sorgt: Der Schlingenball ist ein einzigartiges Kunstwerk, das seit Juni 2018 einen Kreisverkehr in Friedberg (Bayern) ziert. Das Unternehmen Voxeljet, Hersteller und Betreiber von industriellen 3D-Drucksystemen, hat die Gussformen für das Aluminium-Kunstobjekt mit seiner VX4000 hergestellt.

Der Schlingenball ist imposante 3,2 x 3,5 x 4 m groß. Er besteht aus acht Dreierknoten, sechs Viererknoten und 24 Verbindungsarmen, die hochkomplex ineinander verschlungen sind und so eine geometrische Endlosschleife bilden. Das Design stammt von der US-amerikanischen Künstlerin Bathsheba, die mittels CAD-Software ihre modernen Kunstobjekte konstruiert. Der Landrat von Friedberg, Dr. Klaus Metzger, hat den Schlingenball im Juni 2018 eingeweiht. „Das ist der schönste Kreisverkehr des Landkreises“, erklärte Metzger der Augsburger Allgemeinen Zeitung.

Druck im weltgrößten industriellen 3D-Drucksystem

Die Herstellung des Schlingenballs erfolgte in drei wesentlichen Produktionsschritten. Zuerst wurden die CAD-Daten der Künstlerin für den 3D-Druck vorbereitet. Das digitale Positivmodell wurde auf die gewünschte Größe skaliert, in Einzelbauteile zerlegt und in Negativformen umgewandelt – so entstanden die Gussformen des Kunstwerks.

Der nächste Schritt umfasst den 3D-Druck der Ober- und Unterkästen aus gießereiüblichem Sand für den Aluminium-Metallguss. Dazu übertragen Voxeljet-Experten die fertigen CAD-Daten auf die VX4000, das weltweit größte 3D-Drucksystem für den Sanddruck. Der zusammenhängende Bauraum beträgt 4 x 2 x 1 m. Die Voxeljet AG betreibt in ihrem Dienstleistungszentrum in Friedberg drei dieser leistungsstarken Systeme. Insgesamt verfügt das Dienstleistungszentrum in Friedberg über eine monatliche Gesamtkapazität von bis zu 400 Tonnen verdrucktem Material.

Beim Druckprozess breitet der Beschichter präzise eine 300 µm-Schicht mit Quarzsand auf der Bau-Plattform (Jobbox) aus. Anschließend folgt der Hochleistungs-Druckkopf mit über 25.000 Düsen. Überall dort, wo das Formbauteil entstehen soll, wird der Sand mit Furanharz verklebt. Diese Technologie wird als Furan-Direct-Binding (FDB) bezeichnet. Es folgt daraufhin das Auftragen der nächsten Sandschicht und der nächste Druckvorgang. Schicht für Schicht entstehen so insgesamt 114 Ober- und Unterkästen sowie Gusskerne. Nach rund 58 h ist der Druck einer vollen Jobbox beendet. Mitarbeiter entfernen anschließend den nicht verklebten Sand und reinigen die Negativformen zur Vorbereitung für den Metallguss. Insgesamt acht Jobboxen der VX4000 waren für das imposante Kunstwerk notwendig.

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Der voxeljet Schlingenball ist ein Eyecatcher. Nicht allein wegen der ausladenden Maße (imposante 3,2 x 3,5 x 4 m), vielmehr wegen der ungewöhnlichen und verspielten Form. (Bild: Voxeljet)

Kunstgießerei gießt Bauteile aus Aluminium

Im dritten Produktionsschritt wurden die Gussformen zur Kunstgießerei Kollinger GmbH in Elchingen bei Ulm verschickt. Als Nichteisenmetall (NE)-Gießerei ist Kollinger Experte auf dem Gebiet des großformatigen Aluminiumgusses für Kunstobjekte. Zum Produktportfolio dieser Gießerei gehören fein gearbeitete künstlerische Skulpturen, sakrale Gegenstände, Beschläge, Brunnenanlagen für den Freibereich sowie anspruchsvolle technische Prototypen.

Traditionelle Verfahren aber auch technisch automatisierte Arbeitsweisen, wie der 3D-Sanddruck, kommen zur Anwendung. So können anspruchsvollen Kunden individuelle und vielfältige Lösungen angeboten werden. Der Größe der gießbaren Objekte ist nahezu keine Grenze gesetzt.

Nach dem Schlichten und Zulegen der von Voxeljet 3D-gedruckten Sandformen vergoss Kollinger den Schlingenball mit Aluminium in der Legierung 226 (AlSi9Cu3). Durch das Einlegen von ebenfalls gedruckten Gusskernen konnten die Experten von Kollinger Material sparen und eine Wandstärke von nur acht Millimn realisieren. Nach dem Erstarren entfernte Kollinger den Formstoff vom Rohguss, reinigte diesen und verschweißte anschließend die einzelnen Dreierknoten, Viererknoten und Verbinder zum finalen Gesamtobjekt. Um dem Kunstwerk im finalen Produktionsschritt seine edle Optik zu verleihen, strahlte Kollinger die Oberfläche des Schlingenballs mit Glasperlen ab. So entstand der imposante Schlingenball: materialsparend und dadurch lediglich 965 kg schwer.

Mit dem Kran auf den Kreisverkehr

Vor Ort montierten Arbeiter den Schlingenball mithilfe eines Krans über ein Edelstahlrohr, das als statische Halterung dient. Eine einzigartige Demonstration dafür, welche Größe und Komplexität sich mithilfe des 3D-Drucks herstellen lässt. „Wichtig ist, dass 3D-gedruckte Sandformen, besonders in dieser Größenordnung, formstabil und sehr maßhaltig sind. Nur so kann die Gießerei davon ausgehen, dass das Gussstück nach der Erstarrung mit größtmöglicher Geometriegenauigkeit ausgeformt werden kann“, erklärt Alexander Kudernatsch, Vice President Services der Voxeljet AG. „Mit der VX4000 und dem FDB-Prozess steht uns eine Technologie zur Verfügung, die Gussformen mit höchster Präzision fertigen kann. Alle 114 Bauteile wiesen eine ideale Maßhaltigkeit aus, sodass die Gussteile hinterher ohne weitere Nachbearbeitung aneinandergeschweißt werden konnten.“

Der Schlingenball ist ein imposanter Eyecatcher. Nicht allein wegen der ausladenden Maße, vielmehr wegen der ungewöhnlichen und verspielten Form, die in dieser Präzision mit keiner anderen Fertigungstechnik herstellbar wäre. „Ein unglaubliches Kunstwerk, das schon von weitem Blick auf sich zieht“, bestätigt 3D-Druck-Experte Kudernatsch, der froh ist, sich für das passende Design von Künstlerin Bathsheba entschieden zu haben. Künstlerin Bathsheba schreibt auf ihrer Website: „Die Geometrien, die ich möchte, sind nicht formbar, die meisten Herstellungsverfahren funktionieren nicht gut für mich. Deswegen bin ich in den 3D-Druck eingestiegen.“

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