Alves entfernt mit einem kleinen Bürstchen überschüssiges Pulver von einem daumengroßen Bauteil. Er trägt dazu Schutzhandschuhe.

Beim SLS-Verfahren werden keine Stützstrukturen aufgebaut. Nach dem Druck entfernt Alves das überschüssige Pulver mit einer kleinen Bürste. (Bild: Sintratec)

Grenoble liegt am Fuße der französischen Alpen. Das Tal zwischen schneebedeckten Bergen beherbergt auch einen Standort von Schneider Electric. Das Unternehmen hat mehr als 160.000 Mitarbeitende weltweit ist einer der größten Akteure im Bereich Energiemanagement und Automatisierung. In der Niederlassung in Grenoble werden neue Produkte für die Elektronikindustrie, wie zum Beispiel Schutzschalter für Nieder- und Hochspannung entwickelt und produziert.

Einer der Ingenieure vor Ort ist Brandon Alves. „Ich arbeite als Projektleiter für das Prototyping und bin außerdem für unser 3D-Druck-Center verantwortlich“, erklärt er. Im so genannten Openlab hat sein Team Zugang zu zwölf unterschiedlichen 3D-Druckern. „Mit der additiven Fertigung unterstützen wir unsere Designer bei ihrer Forschung und Entwicklung, aber wir bewegen uns auch allmählich in Richtung Produktion“, berichtet Alves. Zu diesem Zweck wurden die FDM- und DLP-Maschinen im Openlab durch selektives Lasersintern (SLS) ergänzt.

Additive Fertigungstechniken

Es gibt zahlreiche additive Fertigungsverfahren. Hier drei Beispiele:

  • Fused Deposition Modeling, auch Schmelzschichtung oder Fused Filament Fabrication genannt: Ein schmelzfähiger Kunststoff (oder ein anderes geeignetes Material) wird aus einer Düse extrudiert und so abgelegt, dass die Bahnen die unterste Schicht des Werkstücks formen. Auf die etwas angetrocknete erste Schicht wird die nächste Lage abgelegt. Das Werkstück wird auf diese Weise Schicht für Schicht aufgebaut, gegebenenfalls werden bei Vorsprüngen Stützstrukturen eingefügt.
  • Digital Light Processing: In einem Tank mit flüssigem Spezialkunststoff wird eine bewegliche Plattform kurz unter der Oberfläche positioniert. Ein Projektor beleuchtet die Oberfläche des Harzes an den Stellen, wo sich die unterste Schicht des Werkstücks befindet. Unter Einfluss des Lichts härtet der Kunststoff aus. Dann wird die Plattform ein kleines Stück in den flüssigen Kunststoff abgesenkt. Dieser Prozess wird wiederholt, sodass Schicht für Schicht das Werkstück entsteht.
  • Selektives Lasersintern: Der Werkstoff wird als Pulverschicht auf einer Plattform verteilt. Ein Laser sintert die erste Schicht des Werkstücks hinein. Nun senkt die Maschine die Bauplattform ein wenig ab und verteilt eine neue Schicht Pulver darauf.

Ähnliche Materialeigenschaften dank SLS

Durch die Zusammenarbeit mit der französischen Firma Kreos wurde die Sintratec S2 zur jüngsten Ergänzung im 3D-Druck-Portfolio von Scheider Electric. Brandon Alves stellt mit dem industriellen SLS-System nun regelmäßig Prototypen und Werkstücke wie Verschleißteile her oder Komponenten für hauseigene Spezialmaschinen. „Wir verwenden SLS für diese Art von Teilen, weil unser Material für die Massenproduktion PA6 ist, welches dem PA12-Pulver, das wir derzeit verarbeiten, sehr ähnlich ist“, beschreibt Alves. Dem Prototyping-Techniker zufolge ist SLS aufgrund seiner hohen Präzision für viele Anwendungen in der Elektrotechnik gut geeignet.

Gehäuse überarbeiten mit SLS

Brandon Alves stellt ein aktuelles Projekt vor, bei dem er die SLS-Technologie eingesetzt hat: Das gesamte Innenleben eines Schutzschalters für die Niederspannung – ein Bauteil, das man auch zuhause findet – wurde verändert, um es kompakter zu machen und neue Funktionen hinzuzufügen. „Wir haben den Gehäusedeckel auf der S2 gedruckt, um die Baugruppe zu testen und die Komponenten auf Interferenzen zu prüfen, um so das Produkt validieren zu können“, erklärt der Ingenieur. In ähnlicher Weise wurde eine Kommunikations- und Überwachungsbox schnell getestet, angepasst und durch einen lasergesinterten PA12-Prototyp validiert.

Warum SLS für die Kleinserienfertigung interessant ist

„Ich sehe den größten Vorteil von SLS in der Homogenität der Teile“, bilanziert Alves. „Wir sehen keine Layering-Effekte oder Brüche entlang der Achse, was diese Technologie für uns sehr interessant macht.“ SLS eignet sich auch für die Kleinserienfertigung, insbesondere in Kombination mit der Sintratec Nesting Solution – einer Softwarefunktion für das dichte Verschachteln von Teilen. Angesichts der steigenden Nachfrage nach größeren Mengen hochwertiger Kunststoffteile bei Schneider Electric hat sich das SLS-System als die richtige Wahl erwiesen: „Die S2 erfüllt unsere Anforderungen und wir werden sie in unseren Projekten immer häufiger einsetzen“, resümiert Brandon.

Brandon Alves arbeitet im Openlab an einem von mehreren Geräten.
Blick ins Openlab bei Schneider Electric: Brandon Alves arbeitet als Projektleiter für das Prototyping und ist außerdem für das 3D-Druck-Center verantwortlich. (Bild: Sintratec)
Brandon Alves drückt auf ein Touchscreen an dem geschlossenen, schwarz lackierten 3D-Drucker.
Im Herbst 2022 schaffte der französische Konzern die S2 an, eine Maschine für das Selective Lasersintern (SLS). Zuvor gab es im Openlab nur FDM- und DLP-Maschinen. (Bild: Sintratec)
Alves betrachtet CAD-Zeichnung des Gehäuseteils
Die Firma nutzte die SLS-Technik bei der Entwicklung und Tests. (Bild: Sintratec)
CAD-Darstellung des Pulverzylinders: Es sind viele Bauteile sehr kompakt hineingestapelt
Die Softwarefunktion Nesting Solution hilft dabei, Zeit und Material zu sparen, indem sie mehrere Teile möglichst kompakt stapelt, die alle auf einmal gedruckt werden. (Bild: Sintratec)
Nahaufnahme der gedruckten Gehäusedeckel. Sie haben eine leicht raue Oberfläche
Ein aktuelles Projekt aus der Forschung und Entwicklung sind Gehäusedeckel. (Bild: Sintratec)
Alvest steht mit Atemschutzmaske an der Station und bearbeitet das Bauteil
Alves entpulvert additiv gefertigte PA12-Nylonteile in der Material Handling Station. (Bild: Sintratec)

Was Sie schon immer über additive Fertigung wissen wollten

Additiv gefertigte Bauteile aus Metall
Die additive Fertigung ermöglicht ganz neue Konstruktionsmöglichkeiten. - (Bild: mari1408 - stock.adobe.com)

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