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Sondergetriebe (im Vordergrund) kommen zum Einsatz, wo Standard- oder modifizierte Standardgetriebe an Grenzen stoßen. (Bild: Neugart)

Der Vorteil von Standardgetrieben liegt auf der Hand: Sie sind kosteneffizient und normalerweise auch in kleineren Mengen kurzfristig lieferbar. Ein leistungsfähiger Hersteller sollte deshalb ein möglichst breites Portfolio an Standardmodellen anbieten, das idealerweise auch Standardgetriebe für besondere Anwendungen umfasst. Standardmodelle haben aber auch einen Nachteil: Sie sind oft ein Kompromiss zwischen verschiedenen Anforderungen oder für bestimmte Leistungsbereiche überdimensioniert. Gerade bei besonderen Aufgaben kann sich deshalb die Entwicklung einer Sonderlösung oder auch die individuelle Anpassung eines Standardgetriebes lohnen.

Lösungen für konstruktive Zwänge

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Viele Aufgaben lassen sich auch durch Modifikationen an Standardgetrieben schnell und unkompliziert lösen. (Bild: Neugart)

Spezielle Anforderungen, die ein Sondergetriebe erforderlich machen können, gibt es viele: Sie können sich zunächst einmal aus der Antriebsaufgabe selbst ergeben, etwa wenn ein Motor mehrere Achsen gleichzeitig antreiben soll. Zudem gibt es Einbausituationen und andere konstruktive Zwänge, die nach neuen Lösungen verlangen. Sehr oft bilden auch branchen- und anwendungsspezifische Faktoren den Ausgangspunkt für ein Sondergetriebe, zum Beispiel wenn dieses im direkten Kontakt mit Lebensmitteln oder unter rauen Umgebungsbedingungen eingesetzt werden soll. Beispiele aus dem Kundenkreis des in Kippenheim bei Lahr im Schwarzwald ansässigen Getriebeherstellers Neugart finden sich in so unterschiedlichen Hightech-Anwendungen wie Kernspintomographen, Lackierrobotern oder Automatisierungssystemen für die Agrarindustrie und auch im Gleisbau.

Sondergetriebe in Bootsmotoren

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Zwei Beispiele für gemeinsam realisierte Antriebslösungen von Neugart: Anwendungsspezifische Sondergetriebe für Robel Bahnbaumaschinen (links) und Torqeedo (rechts). (Bild: Neugart)

Ein Beispiel ist das Unternehmen Torqeedo, das Sondergetriebe von Neugart erfolgreich in elektrischen Bootsmotoren einsetzt. Das Unternehmen mit Sitz in Gilching bei München ist ein Vorreiter im Bereich der maritimen Elektromobilität. Keim der Geschäftsidee war das Verbot von Verbrennungsmotoren auf dem Starnberger See, dem die Gründer vor über 15 Jahren mit einem ersten elektrischen Bootsantrieb begegneten. Heute gehört Torqeedo zum Unternehmen Deutz und vertreibt international Außen- und Innenborder, elektrische Antriebe und Hybridantriebe im Leistungsbereich von 0,5 bis 100 kW. Für ein Außenbordermodell haben der Getriebehersteller und Torqeedo zuletzt gemeinsam ein Sondergetriebe entwickelt, an dessen Abtrieb die Schiffsschraube direkt montiert werden kann. Zudem kann das Getriebe dauerhaft unter Wasser eingesetzt werden.

Modifizierte Standardgetriebe

Oft muss es aber gar kein komplett neues Sondergetriebe sein. Denn viele Aufgaben lassen sich auch durch Modifikationen an Standardgetrieben schnell und unkompliziert lösen. So kommen beispielsweise in Verpackungsmaschinen, die für komplexe Anwendungen oft spezi­fische Antriebslösungen benötigen, häufig modifizierte Standardgetriebe zum Einsatz.

Die Basis dafür bildet ein geeignetes Standardgetriebe aus dem breit gefächerten Portfolio des Getriebeherstellers. Während Gehäuse, Lagerung und Verzahnungsteile dabei unverändert bleiben, lassen sich Abtriebswelle, Spannsystem oder Motoradapter auf vielfältige Art und Weise anwendungsspezifisch anpassen. Ebenso sind Sonderlackierungen oder spezielle Beschichtungen wie eine Vernickelung möglich.

Der Vorteil: Der Entwicklungsaufwand ist bei modifizierten Standardgetrieben naturgemäß geringer als bei kompletten Sonderlösungen, da nur wenige Bauteile geändert werden müssen. Häufig werden bestehende Komponenten nur neu kombiniert, um die passende Lösung für den Kunden zu finden. Deshalb ist eine schnelle Verfügbarkeit der Bauteile garantiert. Mustergetriebe wie auch Serienlieferungen lassen sich in entsprechend kurzer Zeit verwirklichen.

Notwendig: besondere Kompetenzen

Entwicklung und Fertigung anwendungsspezifischer Sonder- und modifizierter Standardgetriebe erfordern besondere Kompetenzen auf Seiten des Herstellers. Das betrifft insbesondere die Auslegung, Umsetzung und Optimierung von Verzahnungsteilen. Neugart hat dafür eigens eine spezialisierte Abteilung, das Verzahnungs-Kompetenzzentrum (kurz VKZ). Hier wird für jedes Getriebe die ideale Verzahnungsgeometrie errechnet, egal ob Standard- oder Sondergetriebe. Auch neue Fertigungs- oder Härteverfahren für Verzahnungsteile werden im VKZ entwickelt.

Der Hersteller baut sowohl schräg- als auch geradverzahnte Getriebe und deckt damit sämtliche Möglichkeiten ab. Entwicklung und Fertigung aller Getriebe findet am deutschen Produktionsstandort Kippenheim statt. Das Spektrum an Sondergetrieben umfasst dabei auch Stirnradgetriebe sowie Winkelgetriebe mit geradverzahnten oder spiralbogenverzahnten Kegelrädern oder mit Hypoid-Kegelrädern.

Nicht zuletzt macht sich der Einsatz von kundenspezifischen Sondergetrieben in wirtschaftlicher Hinsicht bezahlt. Denn der einmalige Engineering-Aufwand amortisiert sich über den Mehrwert – zum Beispiel, weil die entsprechende antriebstechnische Aufgabe anders gar nicht zu lösen gewesen wäre, oder weil sich der zur Verfügung stehende Platz durch Sonderbauformen effizienter ausnutzen lässt. Außerdem lassen sich Sondergetriebe unter Umständen anwendungsspezifisch einfacher und damit günstiger auslegen als vergleichbare Standardprodukte. Diese Einsparungen addieren sich mit zunehmender Stückzahl.

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