Zeichnung eines Containerschiffs mit drei säulenartigen, drehbar gelagerten "Segeln".

Die drehbaren Segel nutzen den Wind optimal aus und unterstützen die konventionelle Antriebstechnik des Containerschiffs. (Bild: Liebherr Components)

Fast 90 Prozent des Welthandels werden über die Schifffahrt abgewickelt. Aktuell nutzen die meisten Meeresriesen noch Schweröl als Treibstoff. Bei dessen Verbrennung entsteht nicht nur Kohlenstoff­dioxid, sondern auch umweltschädigendes Schwefel­dioxid. Um die Belastung der Umwelt zu verringern, dürfen Schiffe in bestimmten Gebieten nur noch 0,1 Prozent Schwefel im Treibstoff haben oder müssen aufwendige Skrubber, also Gaswäscher, nachrüsten, um den Schwefeldioxidausstoß zu minimieren. Doch damit ist der Kraftstoff oder die Ausrüstung hochwertiger und entsprechend teurer. Reedereien stehen hier also vor einer wirtschaftlich großen Herausforderung, Umweltbelastungen zu senken und Treibstoff einzusparen.

Eine mögliche Lösung dafür wäre, die Windkraft für sich zu nutzen. Wind auf hoher See gibt es zur Genüge. Er ist frei verfügbar, ist fast immer da und vor allem ist er umweltfreundlich. Da liegt es nahe, diesen für eine saubere Schifffahrt zu nutzen. „Windunterstützter Antrieb ist dabei das Schlüsselwort“, erklärt Benjamin Schmid, Key Account Manager Maritim bei Liebherr-Components.

Großwälzlager, Drehantrieb und Auslegungstool

Dafür bietet Liebherr eine Lösung, welche zwei wesentliche Komponenten beinhaltet: ein Großwälzlager und einen Drehantrieb. Im Zusammenspiel zeigen sie ihre Stärken auf hoher See. Das Gesamtkonstrukt besteht aus hohen, sich in den Wind drehenden und futuristisch anmutenden Segeln, die den herkömmlichen Schiffsantrieb wie zum Beispiel Dieselmotoren ergänzen. So macht sich die Technologie den Wind für das Vorankommen unterschiedlichster Schiffe, wie Massengutfrachter, zu Nutze und sorgt somit für eine höhere Energieeffizienz. „Die Segel wandeln den Wind in direkten Vortrieb um. So können sie den herkömmlichen Antrieb am Schiff unterstützen und damit die Treibstoffkosten um bis zu 30 Prozent senken, ohne dabei an Geschwindigkeit einzubüßen“, erläutert Benjamin Schmid.

Bei der Entwicklung von Komponenten greift das Unternehmen auf die jahrzehntelangen Erfahrungen in der Produktion von Offshore-Kranen zurück sowie auf das Know-how im Bereich der Offshore-Windturbinen, genauer gesagt der Blattlager. Denn die Berechnungsansätze der Kräfte auf hoher See sind hier vergleichbar. Die Größe des Segels, das Gewicht und der Schwerpunkt – anhand dieser Informationen können Annahmen zu den auftretenden Kräften getroffen werden. Liebherr hat dafür ein eigenes Tool kreiert, um die grüne Technologie besser greifen zu können. Die Großwälzlager, Antriebe, aber auch Schwenktriebe, die für das Drehen der Segel im Wind verantwortlich sind, können so optimal ausgelegt werden.

Im Detail liegt die Kraft

Das elektrische Verstellsystem
Das elektrische Verstellsystem von Liebherr: Das Modul beinhaltet Großwälzlager, Antriebe, Elektromotor und Schmiersystem ­sowie Positions­erfassung und -überwachung. (Bild: Liebherr)

Damit kein Salzwasser in das Lager dringt und kein Fett ausfließt, liegt ein besonderes Augenmerk bei Liebherr auf der Dichtung. Spezielle Dichtungssysteme sorgen bei Lagern für Offshore-Anwendungen für Sicherheit bei Seewasser. Das doppelt aufgebaute Dichtungssystem besteht aus zwei Dichtlippen: Während die erste gegen groben Schmutz schützt, verhindert die zweite das Eindringen von Verunreinigungen. Die doppelte Dichtung verhindert so beim Laufbahnsystem den Eintritt von Seewasser und vermeidet größere Schäden am Lager. Außerdem sorgt die maritime CX-Lackierung nach DIN EN ISO 12944 dafür, dass die Oberfläche des Großwälzlagers seewasserbeständig ist. Der Drehantrieb mit Ritzel verfügt optional über die sogenannte Zahnsicherheitsgeometrie. Dieser Sicherheitsaspekt sorgt dafür, dass das Getriebe nicht blockiert und schützt das Gesamtsystem – das Großwälzlager und den Antrieb – vor großen Schäden.

Die Segel in die richtige Richtung drehen

Damit der Wind optimal genutzt werden kann, müssen sich die Segel in die richtige Richtung drehen können. Dazu dient das elektrische Verstellsystem des Unternehmens. Als vormontiertes Modul arbeiten die Komponenten unterhalb des Segels daran, dieses in die richtige Position zu drehen. Dabei gibt eine übergeordnete Steuerung der Segel einen bestimmten Sollwert zur Drehung vor. Das elektrische Verstellsystem setzt diese Drehung dann um, inklusive eines Soll-/Ist-Abgleiches.

„Das elektrische Verstellsystem für den windunterstützten Antrieb ist ein komplett vormontiertes Modul. Es besteht aus einem Großwälzlager, Antrieb und Elektromotor. Zusammen mit der Steuerungs- und Leistungselektronik, in Form eines Schaltschrankes, bringt es das Segel zum Drehen“, führt Benjamin Schmid fort. Eine integrierte Positionserfassung und -überwachung kümmert sich um den stetigen Soll-/Ist-Abgleich der Drehung.

Zusätzlich ist im Modul ein Schmiersystem eingebaut. Über den Schaltschrank angesteuert, löst das System entsprechende Schmierintervalle für die Laufbahn des Lagers, die Verzahnung und die Ritzel aus. Das Modul ist eine Art Plug-and-Play-Lösung. Weil es komplett vormoniert ist, ist es extrem schnell einsetzbar. Der langwierige Zusammenbau beispielsweise vom Getriebe oder die Einstellung des Zahnflankenspiels entfallen hier vollständig. Mit dieser Lösung für den windunterstützten Antrieb lässt sich Schifffahrt nachhaltiger machen. aru/do

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