ThyssenKrupps Multi -

ThyssenKrupps Multi besteht aus mehreren Kabinen pro Schacht und ermöglicht eine vertikale und horizontale Bewegung. Hier ein 3D-Modell des Multi in der Universität Stuttgart. ThyssenKrupp nutzt für die Forschung den beeindruckenden 3D-Cave der Universität. (Bild: ThyssenKrupp)

So ein Aufzug hat schon etwas Unheimliches. Nicht nur klaustrophobisch veranlagte Menschen beschleicht beim Betreten einer engen Kabine ein mulmiges Gefühl: Komme ich hier heil wieder raus, bleibt der Lift vielleicht stecken, stürzt er gar ab? Nicht umsonst beflügelt der Aufzug unsere Fantasie, ist er Tatort zahlreicher Verbrechen in Romanen und Filmen, verleiht die Enge in der Abgeschlossenheit der Kabine ein Flair von Intimität oder gar Zusammengehörigkeit.

Maßgebend für den Durchbruch der Aufzugstechnik war die Erfindung des absturzsicheren Aufzugs im Jahre 1853 durch den US-Amerikaner und Gründer der Otis Elevator Company, Elisha Graves Otis. Bei einer Demonstration vor großem Publikum stellte sich Otis in einen Aufzug und ließ von seinem Assistenten dessen einziges Tragseil durchschneiden. Der Aufzug bremste sich von selbst, seine Sicherheit war somit eindrucksvoll vorgeführt. Mit der nun geschaffenen Möglichkeit, sichere Personenaufzüge einzusetzen, begann der Siegeszug der Wolkenkratzer, deren obere Stockwerke erst durch Lifte bequem zu erreichen waren. In Europa setzten sich Aufzüge erst in den 1870er-Jahren durch, nachdem auf der Weltausstellung 1867 in Paris erstmals ein Hydraulikaufzug präsentiert worden war. 1880 wurde von Werner von Siemens der erste elektrische Aufzug in Mannheim vorgestellt. Die Otis Elevator Company lieferte 1903 die ersten getriebelosen Aufzüge für das Beaver Building in New York und das Majestic Building in Chicago.

Die Produktpalette der Aufzugsbauer mit einer Vielfalt an unterschiedlichen Aufzugsarten umfasst drei Hauptgruppen von Aufzugsarten: Personen-, Lasten- und Güteraufzüge. Eine Aufzugsanlage besteht aus folgenden Hauptbestandteilen: Fahrkorb, Antrieb, Steuerung, Türen, Schachtanlage sowie Sicherheitsbauteile. Bei den Aufzugssystemen wird unterschieden zwischen elektrisch betriebenen Treibscheibenaufzügen und Hydraulikaufzügen. Allein in Deutschland gab es 2014 rund 690 000 installierte Aufzugsanlagen, von denen 584 000 zur Personenbeförderung eingesetzt wurden – Tendenz steigend. In Europa waren 2013 5,66 Millionen Aufzüge in Betrieb, 120 000 Aufzüge im Wert von 4,21 Milliarden Euro wurden neu installiert. Im Ranking der europäischen Länder liegt übrigens Spanien mit einer Million Bestandsanlagen auf Platz 1, gefolgt von Italien mit 940 000 Anlagen. Weltweit waren 2013 rund 12 Millionen Anlagen in Betrieb, es wurden 46,5 Milliarden Euro im Aufzugs- und Fahrtreppenmarkt umgesetzt.

Der Beginn einer neuen Ära

Der voraussichtlich bis 2019 fertiggestellte Kingdom Tower, der derzeit im saudi-arabischen Dschidda entsteht, wird als weltweit erstes Gebäude die magische Marke von einem Kilometer Höhe übertreffen und 1 007 Meter in den Himmel ragen. Das Gebäude, mit dessen Bau 2013 begonnen wurde, wird auf 240 Etagen und über 500 000 m2 Geschossfläche Raum für Büros, Wohnungen, Einkaufszentren und ein Hotel bieten. Die weltweit höchste Aussichtsplattform in 630 Meter Höhe verspricht einen unvergleichlichen Ausblick. Das Gebäude ist das Herzstück des Bauvorhabens Kingdom City, eines neuen Stadtquartiers, das im Norden der Hafenstadt Dschidda auf einem Areal von 5,3 km2 entlang des Roten Meeres entsteht. Der Architekt Adrian Smith hat den Kingdom Tower – ähnlich wie den Burj Khalifa in Dubai (bisheriger Rekordhalter mit 828 Meter Höhe) – als spiralförmige, nadelähnliche Konstruktion geplant. Das Gebäude besteht aus einem Kern und drei Flügeln, die sich nach oben kontinuierlich verjüngen. Der Y-förmige Grundriss und der dreieckige Kern machen das Gebäude widerstandsfähig gegen Verwindung. Eine Frage war jedoch nicht so einfach zu klären: Wie kann der Turm im Ganzen durch Aufzüge erschlossen werden?

Aufzug statt Auszug

Der Trend geht zum Aufzug im Eigenheim
Der Aufzugs- und Fahrtreppenbestand wächst von Jahr zu Jahr – auch vor dem Hintergrund einer alternden Gesellschaft, die im eigenen Heim wohnen bleiben und einen barrierefreien Zugang zu allen Räumen des Hauses haben möchte. Seit Mitte der 1960er-Jahre werden Gebäude in Deutschland mit mehr als drei Vollgeschossen mit Aufzügen ausgestattet. Aber was ist mit all den ein- und zweigeschossigen Eigenheimen, die nur über eine Treppe zu erreichen sind?
Um diese Häuser mit Aufzügen nachzurüsten, scheiden Lösungen mit Maschinenraum aus Platzgründen aus, Anlagen mit Hydrauliktechnik würden ein Durchbrechen der Bodenplatte im Erdgeschoss erfordern, um den Hydraulikstempel im Keller zu installieren.
Hier bietet sich das ProSpace-Konzept von Kone an. Diese Anlage ist sehr raumeffizient, die Differenz zwischen den Außenmaßen der Schachtkonstruktion und den Innenmaßen der Kabine beträgt gerade einmal 20 cm. Die Schachtgrube benötigt nur eine Tiefe von 10 cm, mit 2,5 m ist ein verkürzter Schachtkopf möglich. Ein Maschinenraum ist nicht notwendig, der Antrieb sitzt auf dem Dach der Anlage.

Hoch hinaus mit neuer Seil-Technologie

Der Kingdom Tower -
Der Kingdom Tower bildet den Mittelpunkt der Kingdom City, eines neuen Stadtquartiers, das in Dschidda auf einem Areal von 5,3 km2 entsteht. Der voraussichtlich 2019 fertiggestellte Kingdom Tower wird 1 007 m in den Himmel ragen. (Bild: Kone)

Das finnische Unternehmen Kone wird den Kingdom Tower mit 57 Aufzügen und acht Rolltreppen ausstatten, um das Gebäude vertikal zu erschließen. Zu diesen Anlagen zählen unter anderem sieben Doppeldeckeraufzüge, die die noch nie dagewesene Förderhöhe von 660 m erreichen. Die zweistöckigen Anlagen werden mit einer maximalen Geschwindigkeit von mehr als 10 m/s (36 km/h) zudem die weltweit schnellsten Anlagen dieses Typs sein.

Doch wie ist diese Förderhöhe überhaupt möglich? Für den Antrieb der sieben Doppeldeckerkabinen werden keine herkömmlichen Stahlseile mehr verwendet, sondern der von Kone entwickelte UltraRope – ein Tragmittel, das aus Kohlenstofffasersträngen besteht, die mit Polyurethan ummantelt sind. Der UltraRope ist damit deutlich leichter als ein Stahlseil – bei gleicher Zugfestigkeit wiegt er 80 Prozent weniger. Hinzu kommt, dass der UltraRope äußerst verschleiß- und abriebfest ist und seine Lebensdauer etwa das Doppelte eines konventionellen Stahlseils beträgt, zudem entfällt die Schmierung. Durch das geringere Gewicht vermindert sich die zu bewegende Gesamtmasse des Aufzugs erheblich – auch das Gegengewicht kann leichter ausgeführt werden. Das führt zu deutlichen Energieeinsparungen im Betrieb.

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