Farbmuster: Nach der Farbberatung bekommt der Kunde von Renate Sperber ein kleines Mäppchen mit

Farbmuster: Nach der Farbberatung bekommt der Kunde von Renate Sperber ein kleines Mäppchen mit Tüchern in seinen Farben mit. Die Farbberatung kostet bei ihr 160 Euro, Farb- und Stilberatung 230 Euro.

Eine Farb- und Stilberatung  sensibilisiert Bewerber für ihre eigene optische Wirkung und erhöht dadurch die Erfolgschancen auf eine Stelle. ke-NEXT-Redakteur Joachim Vogl hat den Selbstversuch gewagt, um zu testen, was es bringt.

Hand aufs Herz: Für ihre modische Extravaganz sind Ingenieure und Konstrukteure nicht bekannt. Das fängt schon in der Uni an: Wer sich an den Instituten umsieht, findet – anders als bei Juristen und BWL­ern – keine Business-Hemden mit farblich abgestimmtem Halstuch zur schicken Stoffhose und edlen Tretern, sondern den Bequem-Look. Also Jeans, gerne auch mal mit altersbedingten Löchern, T-Shirts, Birkenstocklatschen und was der Fundus im Kleiderschrank sonst noch so hergibt. Entscheidend sind schließlich Fachwissen und Verstand. Und auch im naturwissenschaftlichen Berufsleben zählen harte Fakten – sollte man meinen.

Die Anzugfarbe bestimmt den Verkaufserfolg

Zunächst legt die Farb- und Stilberaterin Joachim Vogl ein weißes Tuch um. Darauf bettet sie Tücher in Frühling-, Sommer-, Herbst- und Winterfarben, um die Wirkung zu sehen.

Zunächst legt die Farb- und Stilberaterin Joachim Vogl ein weißes Tuch um. Darauf bettet sie Tücher in Frühling-, Sommer-, Herbst- und Winterfarben, um die Wirkung zu sehen.

„Wussten Sie, meine Herren, dass die Farbe schwarz Vertriebsingenieure gierig aussehen lässt?“, fragt die in der Nähe von Nürnberg ansässige Farb-, Stil- und Imageberaterin Renate Sperber, die  als Business-Coach für die Arbeitsagentur auftritt, ihre Zuhörer. Diese Wirkung demonstriert sie an einem dunkelhaarigen Zuschauer, dem sie ein großes schwarzes Tuch um die Schultern legt, sodass es seinen Anzug bedeckt. Danach wählt sie ein nachtblaues Tuch und drapiert es dem Freiwilligen um. „Bitte schauen Sie einmal: Obwohl man kaum einen Unterschied zwischen den Farben erkennen kann, ist die Wirkung anders als bei dem harten Schwarz. Das Dunkelblau wirkt weicher und es unterstreicht seine Kompetenz.“ Die Zuschauer nicken verblüfft.

Die Wirkung von Farben auf das Gegenüber bestätigt auch Sonja Kazma, Pressesprecherin der Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen der Bundesagentur für Arbeit: „Wenn man zu einem Bewerbungsgespräch geht, dann gibt es nie eine zweite Chance für den ersten Eindruck. Alleine, wenn man auf die Farben achtet: Ein Mensch wirkt mit seiner Gesichtsfarbe anders, je nachdem, was er anhat. Es kann sein, dass selbst das Gegenüber gar nicht sagen könnte, woran es liegt. Aber wenn der Bewerber so blass aussieht als wäre er krank oder als würde er nie aus dem Haus gehen, dann macht das einen anderen Eindruck als wenn er Farben trägt, die zu seinem Typ passen.“

Von der psychologischen Wirkung auf ihr Gegenüber wissen viele Berufstätige aber gar nichts. „Ganz oft wird beim Einkaufen so entschieden, dass gesagt wird: Jetzt nehme ich einmal dieses Hemd und schaue dann, welche Krawatte dazu passt“, hat Sperber festgestellt. „Aber das ist natürlich nicht Sinn der Sache. Denn Hemd und Krawatte müssen ja zum Menschen passen und nicht nur die Krawatte zum Hemd.“

Tipps für den Alltag: Mit Stil überzeugen

Mit Aktualität punkten: Ein Anzug sollte nicht viel älter als drei Jahre sein und eine gute Stoff- und Schnittqualität besitzen. Der Abituranzug ist für das Bewerbungsgspräch von Hochschulabsolventen tabu.

Farbe bekennen: Nachtblau, Anthrazit (für hochoffizielle Anlässe) und Mokka (für halboffizielle Anlässe) stehen als Anzugfarbe jedem. Dynamik und Souveränität in die eigene Erscheinung bringt man über die typgerechte Hemd- und Krawattenfarbe.

Zum Kleinkarierten stehen: Karos verleihen Ingenieuren und Konstrukteuren eine praktische Note. Mit einer einfarbigen Krawatte wirkt das Outfit gepflegt schick. Wer selten Anzug trägt, fühlt sich damit nicht so overdressed wie mit einem weißen Hemd.

Auf die Größe setzen: Bei einer Sakko-Hosen-Kombination sollte die Hose deutlich dunkler sein als das Sakko. Aber Achtung: Kombinationen stauchen optisch. Kleine Männer sollten deshalb Ton in Ton und Schuhe tragen, die nach vorne etwas schmaler werden.

Bella Figura im Alltag: Der Kragen von Hemd oder Polo-Shirt gibt dem Körper Form. Das wirkt überzeugender als ein T-Shirt, zu dem besser nur Männer mit trainierten Oberkörpermuskeln greifen.

Adé Schalterbeamtenlook: Eleganter als kurzärmelige Hemden wirken lange, umgekrempelte Ärmel. Ein über die Schultern geschwungener einfarbiger Pullover gibt dem Hemd den lässigen Pfiff.

Damit der Eindruck stimmt, ordnen Farbberater wie Renate Sperber ihre Klienten den vier Jahreszeiten zu. Je nachdem zu welchem Typ man gehört, stehen einem – so die Theorie – bestimmte Farben besonders gut. Sie lassen das Gesicht dynamisch und gesund wirken. Andere Farben wiederum machen einen blass und müde. Wir von ke NEXT wollten wissen, ob das stimmt. Redakteur Joachim Vogl entspricht so ziemlich genau dem typischen Mitteleuropäer, wie auch Sperber feststellt: „Die Haarfarbe ist eher ein Aschblond, also so ein Dunkelblond. Im Bart, was bei vielen Männern vorkommt, ist ein bisschen Rot mit drin. Die Augen sind blau, blau-grau mit etwas grün.“

Schwarz-Weiß kann viel zu hart wirken

Clown-Parade: Die warmen, bunten Farben wirken an Aschblonden aufgesetzt und zu grell.

Clown-Parade: Die warmen, bunten Farben wirken an Aschblonden aufgesetzt und zu grell.

Zu der testweisen Farb- und Stilberatung trägt er einen sehr dunkelbraunen Anzug mit schwarzen Schuhen, ein weißes Hemd mit kleinem Karo und eine gelbe Krawatte. Den Redaktionskollegen gefällt seine Aufmachung. Aber ob sie vor Renate Sperber bestehen kann? Zunächst legt sie ihm ein großes, weißes Tuch über Brust und Schultern. Auf dieses bettet sie dann verschiedenfarbige Tücher, sortiert nach den Farbtypen Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Auf diese Weise kann sie auch sehen, ob Vogl der Schwarz-Weiß-Kontrast steht.

„Das steht Ihnen nicht, es ist viel zu hart“, konstatiert sie kurz und bündig. Dabei gehört Schwarz-Weiß doch zu den im Berufsleben gerne getragenen Kombinationen. Was also macht ein Ingenieur bei hochoffiziellen Anlässen? „Es gibt einfach ein paar ganz klassische Anzugsfarben, die auch jedem stehen“, beruhigt Sperber. „Nur welches Hemd, welche Krawatte Sie dazu kombinieren, ist ausschlaggebend, wie es im Endeffekt wirkt.

Für einen rötlichen Typen beispielsweise wäre auf jeden Fall als Anzugfarbe ein Nachtblau gut. Oder ein mokkafarbener Anzug, der ist dann allerdings nicht mehr hochoffiziell, sondern halboffiziell. Und was auch geht, ist Anthrazit.“ Als warmer Farbtyp, sprich als Frühlings- oder Herbsttyp, sollte man dazu kein Hemd in rein weißer Farbe wählen, sondern ein Cremeweiß oder ein hellblaues Hemd. Dazu passt laut Sperber beispielsweise eine blaue Krawatte mit einem warmen Streifen.

Doch so weit ist sie mit Joachim Vogl noch nicht. Als sie ihm die Tuch-Palette mit den Frühlingsfarben, also Gelb, Orange, Grün auflegt, müssen die Zuschauer unwillkürlich lachen. Renate Sperber winkt sofort ab. Dabei geht es ihr gar nicht darum, einem männlichen Ingenieur im Fall der Fälle zu Hose und Hemd in leuchtenden Frühlingsfarben zu raten, sondern sie möchte die Wirkung sehen, um im Anschluss beraten zu können, wie derjenige seinen Farbtyp im Berufsleben dezent und seriös umsetzen kann.

Dann legt sie Vogl die Herbstpalette auf, also die gedeckten Braun- und Grüntöne. „Ich finde, dass die Herbstfarben Sie eher ein bisschen müder und auch älter machen.“ Tatsächlich: Der ehemalige Leistungssportler Vogl wirkt um mindestens zehn Jahre gealtert und so gemächlich, als müsse er gerade einen riesigen Schweinsbraten mit Knödeln und zwei Maß Bier verdauen. Auch die Winter-Farbpalette mit ihren kühlen, kräftigen Farben wie Pink, Lila und Rot wirkt an Vogl nicht.

Der Schnitt ist spielentscheidend

Von den Sommerfarben, also den kühlen und nicht zu knalligen Blau-, Grau- und Grüntönen, sind die Zuschauer der Farbberatung spontan angetan und im Gegensatz zu vorher leuchtet Vogls Augenfarbe jetzt richtig. „Sie sind ein Sommertyp, ein kühler Farbtyp“, fasst Renate Sperber zusammen „Was Sie anhaben, gucken wir uns jetzt mal an.“ Sein Anzug findet bei ihr Anklang – die gelbliche Krawatte nicht. „Die Krawatte ist in der warmen Farbpalette. Ihre Farben sind aber eher auf der anderen Seite. Das heißt, wenn ich Sie angucke, lenkt die Krawatte vom Gesicht ab“, meint die Farbberaterin.

Eine Test-Krawatte in Blau hingegen lässt Vogl für alle Beteiligten ersichtlich frisch wirken. „Ich finde auch, Sie brauchen ein bisschen was Pfiffiges. Blau ist natürlich genial, weil es Ihre Augenfarbe unterstreicht. Rosa würde auch gehen, allerdings mögen es viele Männer nicht“, so Sperber. So weit, so gut.

Bringt Pfiff: Von der hellblauen Krawatte waren alle am Stand sofort begeistert. Sie lässt Vogl fit und dynamisch wirken.

Bringt Pfiff: Von der hellblauen Krawatte waren alle am Stand sofort begeistert. Sie lässt Vogl fit und dynamisch wirken.

Doch nicht nur die richtigen Farben zählen für den kompetenten Auftritt, sondern auch Schnitt und Form. Und da wären wir bei einem praktischen Problem: Weil die Mode von der Stange auf Durchschnittsmenschen konfektioniert ist, haben alle das Nachsehen, deren Figur dem nicht entspricht. Dass sich beispielsweise kleinere Männer mit dem Anzugkauf oft schwer tun, weiß auch Renate Sperber. „Wenn man dann zu breite Schulterpolster hat, der Anzug nicht passt, und man nur mal die Ärmel kürzt, dann wirkt es sehr gedrungen, weil man dann ja viel breiter wird und dadurch wirkt es kastig.“

Das bedeute, dass gerade bei kleineren Männern der Schnitt wahnsinnig wichtig sei. Die Expertin rät deshalb zu schmaleren Schulterpolstern und einer Taillierung, wenn dies die Figur zulasse. Auch ein Anzug wirke wegen seiner durchgängigen Farbe viel streckender als eine Kombination mit zwei Farbblöcken aus hellerem Jackett und dunklerer Hose. Bei Joachim Vogl passt der Schnitt: Die Schultern sind nicht zu breit, die Ärmel bedecken gerade eben das Handgelenk, sodass das Hemd noch einen Zentimeter daraus hervorschaut, die Hosenbeine bilden einen Knick auf dem Schuh.

Jetzt runzelt Renate Sperber allerdings die Stirn: „Mit einem schmalen Schuh würde der Anzug viel besser wirken.“ Denn nach ihrer Expertise sind schmale Schuhe für kleinere Menschen extrem wichtig. „Ein Schuh, der nach vorne etwas schmaler zuläuft, der streckt das ganze Bein und die ganze Figur. Wenn man einen runden Schuh trägt oder einen eckigen, dann hat der immer eine eher drückende Wirkung. Das macht ganz viel aus.“

Am Ende hat Joachim Vogl die Beratung, für die er sonst 160 bis 230 Euro bezahlt hätte, auf jeden Fall etwas gebracht: die Sicherheit, grundsätzlich den richtigen Stil gefunden zu haben. Nur von der gelben Krawatte sollte er sich verabschieden.

ke NEXT hakt nach

Drei Fragen an Renate Sperber, Farb-, Stil- und Imageberaterin aus Leinburg bei Nürnberg

Farb- und Stilberaterin Renate Sperber hält auch Firmenseminare.

Farb- und Stilberaterin Renate Sperber hält auch Firmenseminare.

Frau Sperber, was sind in der Praxis die größten Fehler, die Ingenieure machen? 

Viele tragen selten Anzug, stelle ich immer wieder fest, und wenn, dann oft einen Anzug, der schon total aus der Mode ist. Der einfach zu breite Schultern hat, der gar nicht sitzt, weil man nicht so großen Wert drauf legt und sich halt mal schnell einen Anzug kauft, damit man einen Anzug hat. Aber die Passform ist wirklich wichtig. Ich finde es sogar besser, man trägt dann keinen Anzug als wenn der Anzug nicht sitzt.

Das heißt, wessen Bewerbungsgespräch schon länger her ist, der geht am besten zu einem guten Herrenausstatter?

Ja, aber man muss sich vorher trotzdem schlau machen. Ich bin immer wieder enttäuscht, wenn Herren mit Anzügen vom Herrenausstatter kommen, die nicht gut sitzen. Wichtig ist, dass die Ärmel nicht zu lang sind und gerade das Handgelenk bedecken und dass das Hemd noch einen Zentimeter hervorschaut, dass die Schultern nicht zu breit sind, dass die Hose nicht zu lang ist – sie liegt auf dem Schuh auf und bildet einen Knick. Und bitte ein gutes Material wählen. Also da nicht sparen und keine Polyester- oder billigen Stoffe kaufen, sondern mindestens einen Schurwollanteil sollte der Stoff enthalten.

Wie teuer kommt dann so ein Anzug?

Man bekommt sogar schon ab 150 Euro einen guten Anzug. Wenn man die Figur für Anzüge von der Stange hat, dann gibt es durchaus auch mal Schnäppchen. Aber ab 150 Euro geht es eigentlich erst los. Es gibt aber auch, was ich toll finde, Maß-Konfektion – nicht zu verwechseln mit Maß-Schneiderei. Bei der Maß-Konfektion wird die fertige Standardgröße auf den Mann zugeschnitten – mit kürzeren Ärmeln, die Hose passt dann, die Taillierung ist perfekt. Da geht es dann ab 300 Euro los, aber das ist dann ein Anzug, der wirklich top sitzt.

Autorin Angela Unger

Das denkt der Redakteur Joachim Vogl

Joachim Vogl zieht eine positive Bilanz.

Joachim Vogl zieht eine positive Bilanz.

Kein hoffnungsloser Fall

Zugegeben: Meine Begeisterung für eine Farb- und Stilberatung hielt sich in Grenzen. Die Tatsache, dass sich ein Kollege aus der Anzeigenabteilung ebenfalls in Hannover beraten lassen wollte, dann aber zum vereinbarten Treffen nicht erschienen ist, steigerte meine Begeisterung nicht wirklich. Aber unsere Kollegin Unger hatte mit mir ein zuverlässiges Opfer. Dass farb- und stiltechnisch nicht alles zu jedem passt, war mir zwar klar, aber was zu wem und warum passt, ist individuell zu klären.

Dementsprechend befand ich mich Minuten später auf dem Prüfstand der Beraterin. Nach unzähligen Farbmustern, die mir die Expertin auf die Schultern gelegt hatte, stand fest, dass ich ein Sommertyp bin, der bei einem Bewerbungsgespräch eher hellere Farben tragen sollte. Toll wäre, wenn ich anstatt der gelben eine blaue Krawatte umbinden würde, da diese die blauen Augen unterstreicht. Aber die Beraterin versicherte mir, dass ich kein hoffnungsloser Fall bin. Letztlich hat die Beratung auch nicht weh getan – im Gegenteil: Frauen wissen manchmal einfach besser, was für uns Männer gut ist.

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