Schwellenländer wie Südafrika können mittelfristig betrachtet interessante Wachstumsperspektiven

Schwellenländer wie Südafrika können mittelfristig betrachtet interessante Wachstumsperspektiven für die Fluid-Branche bieten. (Bild: fotolia / B. Wylezich)

Südafrika könnte sich mittel- bis langfristig zum Wachsstumsmarkt mausern – dies ergab eine Umfrage der Fachzeitschrift fluid bei Unternehmen der Fluidbranche. Einig ist man sich auch bei den anstehenden Herausforderungen: Bessere Energieeffizienz und kompaktere Bauweisen stehen im Fokus. Aber auch der Fachkräftemangel drückt den einen oder anderen Branchenvertreter.

Christian H. Kienzle,  CEO, Argo-Hytos

Christian H. Kienzle, Argo-Hytos (Bild: Argo-Hytos Group).

Wer dieser Tage nach Osteuropa blickt, schaut auf eine politisch desolate Lage – die sich auch auf die Fluidbranche auswirkt. „In unserem Unternehmen spüren wir vor allem die Auswirkungen des Ukraine-Konflikts aufgrund der gegen Russland verhängten Sanktionen, die das Geschäftsklima spürbar eingetrübt haben“, resümiert Ingrid Hunger, Geschäftsführerin der Unternehmen Hunger DFE und Walter Hunger Hydraulikzylinderwerk.

Dass der Konflikt das Risiko für Exportunternehmen verstärkt, verzeichnet auch Erwin Schierle, Geschäftsführer von Schierle Stahlrohre aus Neuss: „Erste Kunden haben fertige Maschinen und Anlagen bereitstehen, die jedoch von Russland nicht abgenommen werden.“ Und auch Dr. Martin Giersch, Vorsitzender der Geschäftsführung von Voss Fluid konstatiert die Zurückhaltung: „Viele Kunden der Landtechnikbranche verursachen durch die Ukraine-Krise deutliche Rückgänge der Aufträge dort und aus Russland, was wir somit auch unmittelbar spüren.“

Auch Unternehmen, die vom Konflikt in der Ukraine nicht direkt betroffen sind, schielen dorthin – und auf die weiteren Krisenherde in Nahost und Afrika. „Momentan sehen wir keinen wesentlichen Einfluss, aber wir beobachten natürlich diese Situation genau“, betont Joachim Guhe, President Middle East and Africa (EMEA) bei dem in Kaarst ansässigen

Erwin Schierle, Geschäftsführer und persönlich haftender Gesellschafter, Schierle Stahlrohre (Bild: Schierle Stahlrohre).

Erwin Schierle, Geschäftsführer und persönlich haftender Gesellschafter, Schierle Stahlrohre (Bild: Schierle Stahlrohre).

Spezialisten Parker Hannifin. Und Hendrik Schmücker, Chief Marketing Officer bei der Stauff Gruppe sagt, das Unternehmen stelle sich in der Planung für 2015 darauf ein, dass die Ereignisse und Entwicklungen direkten oder indirekten Einfluss auf die Geschäfte in diesen Regionen haben könnten.

Glück hat, wer bisher wenig auf den russischen Markt gesetzt hat, wie beispielsweise Aventics, und die Auswirkungen nicht so stark spürt. Christian H. Kienzle, CEO der Argo-Hytos Group und Vorsitzender des Verbands der deutschen Fluidtechnik im VDMA hofft, dass in Russland bald wieder ein intakter Gebrauchtmaschinenmarkt für Landmaschinen die Pipeline für die Erstausrüstung in Europa freigibt. „Allerdings ist das Preisniveau in Russland mittlerweile durch den fallenden Rubel sehr hoch, und die Kunden warten auch dort auf eine Erholung durch eine Lösung der politischen Konflikte in der Ukraine“, sagt Kienzle.

Schwächelnde Hydraulik

Um die Landtechnik ist es momentan also nicht gut bestellt. So berichtet Kienzle, dass der Umsatz in der Hydraulik aufgrund der negativen Auftragseingänge einbreche und er deshalb nur noch mit einem leichten Wachstum oder gar einem Rückgang bis zum Ende des Geschäftsjahres rechne, während die Pneumatik im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gleich bleiben werde.

„Der Grund im Rückgang bei der Hydraulik liegt vor allen Dingen im starken Rückgang der Landtechnik um circa acht Prozent, während bei der Pneumatik die starke Robotik und industrielle Automation der treibende Faktor sind“, sagt Kienzle. Für Argo-Hytos erwartet Kienzle für das Jahr 2015 für die Hydraulikbranche ein einstelliges Wachstum, sofern sich die Situation in den Abnehmerbranchen Baumaschinen und Landtechnik verbessert.

Nicht nur positive Aussichten auf 2015

Nicht für alle Branchenvertreter lief das Jahr 2014 gut und auch nicht überall sieht man so positiv ins Jahr 2015 wie bei Aventics, wo man für das nächste Jahr von einem weiteren stabilen und soliden Wachstum ausgeht. „Die wirtschaftliche Situation ist momentan nicht berauschend. Die Prognose für 2015 sehe ich nicht anders. Der geringe Bedarf im Inland ist sehr umkämpft. Die Margen sind teilweise nicht mehr ausreichend“, bringt es Erwin Schierle auf den Punkt.

„Die wichtigsten Trends für die Hydraulik sind eindeutig eine höhere Energieeffizienz und die zunehmende Elektrifizierung der Fluidtechnologie. Bei beiden Themen sind bereits erhebliche Fortschritte erzielt worden. So senken drehzahlvariable Pumpenantriebe den Energieverbrauch der Hydraulik um bis zu 80 Prozent.“ Dr. Karl Tragl, Chairman of the Executive Board, Bosch Rexroth

Und Ingrid Hunger fasst zusammen: „In der zweiten Hälfte des Jahres 2014 verzeichnen wir einen Rückgang der Auftragseingänge. Die Lage ist daher nicht so positiv wie noch zu Anfang des Jahres gedacht. Dieser Rückgang wird sich auch in der ersten Jahreshälfte 2015 auf unsere wirtschaftliche Situation entsprechend negativ auswirken. Ab Mitte 2015 erwarten wir jedoch wieder einen Anstieg und eine positive Entwicklung.“ Eine Besserung sieht auch Dr. Karl Tragl von Bosch Rexroth frühestens für die zweite Jahreshälfte 2015.

Wachstumspotenzial im Edelstahlgeschäft

„Auch die Fluidbranche muss ihren Beitrag zur Verbesserung der Energieeffizienz leisten. Die Anhebung der Arbeitsdrücke, kompaktere Bauweisen und Gewichtsreduzierungen spielen dabei eine wichtige Rolle, wie auch die zunehmende Dezentralisierung der Druckerzeugung.“ Dr. Martin Giersch, Vorsitzender der Geschäftsführung, Voss Fluid

Dr. Martin Giersch, Vorsitzender der Geschäftsführung, Voss Fluid (Bild: Voss Fluid)

Gut verlief das Jahr 2014 beispielsweise für das Unternehmen Parker Hannifin, das ein Rekordquartal bezüglich der Verkaufszahlen, des Nettogewinns und der Rendite pro Aktie für das erste Quartal des Fiskaljahres 2015, das vom 1. Juli bis zum 30. September 2014 lief, vermeldete. Auch für Volz verlief das Jahr 2014 insgesamt gut. „Besonders positiv hat sich das Edelstahlgeschäft entwickelt“, resümiert Ralph Wolter. „Als einziger Hersteller mit eigener Fertigung in Deutschland positionieren wir uns sehr klar gegenüber dem Wettbewerb. Dementsprechend sehen wir im Edelstahlgeschäft ein großes Wachstumspotenzial und rechnen auch für 2015 mit einer positiven Entwicklung.“

Der Argo-Hytos-Gruppe ist es laut  Christian H. Kienzle bereits gelungen, dem Rückgang in der Landtechnik in Europa und den Baumaschinen in China durch eine weitere Internationalisierung zu begegnen. Voss Fluid wird dieses Jahr mit leichten Zuwächsen gegenüber dem Vorjahr abschließen. Allerdings verzeichnet auch dieser Spezialist, dass die Stimmung seit August merklich eingetrübt und der Auftragseingang deutlich verhaltener ist.

„Diese Unsicherheit wirkt auch auf die Aussichten für 2015“, so Dr. Martin Giersch. Das Unternehmen nimmt es pragmatisch: „Demnach planen wir weiteres Wachstum über den Ausbau neuer Märkte und speziellen Kundensegmenten auch mit neuen Produkten“, bekundet der Vorsitzende der Geschäftsführung.

Woanders wachsen

Dr. Peter Saffe, Vice President Strategic Sales, Aventics (Bild: Aventics).

Dr. Peter Saffe, Vice President Strategic Sales, Aventics (Bild: Aventics).

Wenn alte Märkte wegbröckeln, müssen neue her. Vor allem Südamerika und Afrika scheinen für die Branche mittel- und langfristig interessante Perspektiven aufzuzeigen. „In Südamerika sehen wir insbesondere Brasilien als Wachstumsmarkt, wobei wir vor allen Dingen hoffen, dass sich die politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen nach der Wahl verbessern werden. Den Markt in Afrika betreuen wir über Vertragshändler, beobachten die Entwicklung nun aber intensiver!“, so Kienzle.

Auch bei Parker Hannifin, Bosch Rexroth und Aventics sieht man Afrika als Wachstumsmarkt an. Dr. Peter Saffe von Aventics meint, dass sich der Markt im Bereich der Bergbauindustrie erweitern könne. Bei Voss Fluid sieht man die Entwicklung im Hinblick auf Afrika aber eher als langfristig an, „da hier die eigentlichen Produktionsstätten unserer Zielbranchen noch nicht nennenswert vertreten sind“, wie Dr. Martin Giersch sagt.

Aber auch in anderen Ländern besteht Grund zur Hoffnung: „Mittelfristig könnten Indien und Korea dazu kommen. Es erzielen aber auch  immer mehr Schwellenländer überdurchschnittliche Wachstumsraten, wodurch auch langfristig noch weitere Absatzmärkte für unsere Produkte entstehen“, so Giersch.

Branchen mit Potential

Und die Wachstumsbranchen? Hier nannten die befragten Unternehmen Offshore, Stahlwasserbau, Schiffs- und Energietechnik, Öl- und Gasindustrie, Wind- und Solar-Branche, Schienenverkehr, Life Sciences, industrielle Automation, Lebensmittel- und Verpackungsindustrie, Medizintechnik sowie das Segment Lkw und die Offroad-Branche. Aber auch so dürften die Herausforderungen für die Fluidbranche im neuen Jahr immens sein.

Ingrid Hunger, Geschäftsführerin von Hunger DFE und Walter Hunger Hydraulikzylinderwerk

Ingrid Hunger, Geschäftsführerin von Hunger DFE und Walter Hunger Hydraulikzylinderwerk (Bild: Hunger DFE)

Einig waren sich die Unternehmen darin, dass wie im restlichen Maschinenbau vor allem die Senkung des Energieverbrauchs und der Trend zu kompakteren und leichteren Komponenten und Systemen die größten Aufgaben für die Fluidbranche sind. Auch die Integration der Komponenten und Systeme in Industrie-4.0-fähige Systeme sowie die IT-Sicherheit sind für einige Unternehmen wichtige Herausforderungen, denen sich die Branche stellen muss.

Die Wettbewerbsfähigkeit sichern

Doch auch untechnische Sorgen drücken die Unternehmen: „Bereits kurzfristig müssen wir uns der Herausforderung stellen, wie wir in Deutschland angesichts des hohen Lohnkostenvorteils von Wettbewerbern aus dem Ausland unsere Wettbewerbsfähigkeit erhalten“, meint Ingrid Hunger. „Die niedrigen Lohnkosten unserer Konkurrenten, nicht nur in Fernost, sondern auch bei unseren europäischen Nachbarn, führen dazu, dass wir preislich oft nicht mehr mithalten können.

Zudem verlagern Konzerne Produktionsstätten in das billige Ausland.“ Hier sei auch die Politik gefragt. Das bestehende Imageproblem der Branche sieht Ralph Wolter dagegen als hausgemacht an. „Ausbildung ist eine Investition, die sich unserer Erfahrung nach auszahlt. Wir machen beispielsweise sehr gute Erfahrungen mit dem dualen Studium. Aber auch attraktive Ausbildungskonzepte für Facharbeiter binden junge Menschen langfristig an das Unternehmen, immer vorausgesetzt, dass die Unternehmenskultur stimmt und beispielsweise Familie und Beruf auch langfristig vereinbar sind.“

„Was würden Sie als die größten Herausforderungen in der Fluidbranche bezeichnen?“

„Zum einen müssen die Systeme und Produkte immer energieeffizienter werden. Wir als Hersteller konzentrieren uns auf die Entwicklungen ressourcenschonender Komponenten, Lösungen und Verfahren. Die zweite Herausforderung ist die Leistungsdichte. Der Trend geht zu kompakten Einheiten, die über eine größere Leitungsdichte verfügen.“ Joachim Guhe, President Europe, Middle East and Afrika (EMEA), Parker Hannifin

„Für deutsche Hersteller von Fluidtechnikkomponenten gilt es, die Produktivität weiter zu steigern und die Innovationsgeschwindigkeit zu erhöhen, um die führende Rolle im weltweiten Wettbewerb zu verteidigen.“ Hendrik Schmücker, Chief Marketing Officer, Stauff Gruppe

„Die Branche insgesamt, aber auch jedes einzelne Unternehmen muss sich der Frage nach Fachkräften und Nachwuchs stellen. Die Fluidbranche hat generell ein Imageproblem und ist jungen Leuten, selbst Maschinenbaustudenten, häufig einfach nicht bekannt. Die demographische Entwicklung tut ein Übriges.“ Ralph Wolter, Director Marketing und Business Development bei Volz

Autorin: Angela Unger, Redaktion

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