Bild der historischen Hydraulikpumpe im Schauspielhaus Dresden
Eine der historischen Pumpen im Keller des Schauspielhauses. (Bild ke-next.de/do)

Zum Denkmal-Status passt, dass eine der Originalpumpen von damals tatsächlich noch einsatzbereit ist. Wer sie sehen will, muss allerdings in den Keller hinabsteigen und sich auf verwinkelten Pfaden in den Maschinenraum der Hydraulik begeben. Ein Messingschild weist den Hersteller der Pumpe aus: „Maschinenfabrik Augsburg Nürnberg, Werk Augsburg, Baujahr 1911“, steht dort vermerkt – heute besser bekannt als MAN.

Mit dem großen Schwungrad und der historischen Schmiermittelversorgung über kleine Glasbehälter möchte man sich fast nach der zugehörigen Dampfmaschine umsehen, die Pumpe wird allerdings elektrisch betrieben. Die Funktion eines Sanftstarters übernimmt eine handliche Maschine in der Ecke des Raumes. Sie läuft mit ordentlich Gebrumm an, dann startet auch die Pumpe ihren fast lautlosen Lauf. Sie dient jedoch nur noch der Anschauung und zu Demonstrationszwecken. 

Für die Gesamtanlage war die Firma Kölle und Hensel aus Berlin  zuständig. „Sie sind quasi die Errichter der kompletten Bühnenmaschinerie“, erklärt Uwe Mondschein, vom Unternehmen Mondschein Hydrosystems, welches das Schauspielhaus bei Hydraulik-Wartungen und -Reparaturen unterstützt. Tatsächlich noch in Gebrauch sind von der damaligen Anlage hauptsächlich das Rohrleitungssystem, die Druckbehälter und die Fahrventile, mit denen die Geschwindigkeit der Podien-Fahrt gesteuert wird.

In diesen Adern fließt kein Öl

Hochdruckkreiselpumpen sorgen heute im Schauspielhaus Dresden für Druck.
Heute setzt das Schauspielhaus moderne Hochdruckkreiselpumpen ein. ( (Bild: ke-next.de/do))

Für den benötigten Druck sorgen heute zwei moderne Hochdruckkreiselpumpen. Sie schaffen eine Förderleistung von 540 und 950 Liter pro Minute. Eine Besonderheit dabei ist das Medium: Die Anlage läuft nicht mit Hydrauliköl, sondern mit HFA, einer Emulsion aus 95 Prozent Wasser und fünf Prozent Zusätzen. „Wasserhydraulik hat Vor- und Nachteile“, erklärt Mondschein. „Sie brennt nicht. Andererseits wird das Medium, gerade in einem Theater, nicht viel bewegt. Sie merken es jetzt: Der Raum ist ruhig, also laufen die Pumpen nicht, die Podien stehen.“ Stehendes Wasser ist aber anfällig für Bakterien und Pilze.

Wenn die Podien gefordert sind, fließen kurzfristig große Volumenströme, um den Hub zu überwinden. „Wenn sie mit der maximalen Geschwindigkeit fahren, brauchen die Zylinder jeweils etwa 1400 bis 1500 Liter pro Minute. Rechnen Sie sich mal aus, was da zusammenkommt, wenn alle Podien gleichzeitig fahren.“

Mit diesen Anforderungen wäre das Pumpenduo im Maschinenraum völlig überfordert. Für die nötigen Reserven sorgen daher fünf deckenhohe Druckbehälter. „Das ist hier keine Speicheranlage, wie wir sie heute so kennen. Sie haben hier weder Membranspeicher, Kolbenspeicher noch Blasenspeicher, sondern eigentlich nur Kessel“, erklärt Mondschein über den Lärm des anspringenden Kompressors hinweg, den die Betreiber zwischen historischer Pumpe und Druckspeichern platziert haben.

In den Druckbehältern befindet sich unten das Medium; von oben wird Pressluft aufgebracht als Druckspeicher. Moderne Druckschalter und Sensoren vervollständigen heute das System. Der Hydraulik-Tank ist platzsparend in den Boden des Maschinenraums eingemauert. Er hat 29 Kubikmeter Nennvolumen. Ungefähr weitere 40 Kubikmeter befinden sich in der Anlage.

Die unterirdischen Hallen des Schauspielhauses

Unter der Bühne im Schauspielhaus Dresden liegt eine große Halle
Unter der Bühne: Blick in die gewaltige "Wanne", eine gewaltige Halle unter der Bühne, in welche die Podien herunter fahren. ( (Bild: ke-next.de/do))

Vom Maschinenraum ist es nur ein Katzensprung zur sogenannten Wanne, der 14 Meter hohen Halle direkt unterhalb der Bühne. Dort sind die Zylinder in den Boden eingelassen; zu sehen sind nur die Stangen, auf denen die Podien befestigt sind. Voll ausgefahren ragen sie wie Säulen aus dem Boden. Für das vordere Podium beträgt der maximale Hub 10,8 Meter, die beiden hinteren können noch einen Meter höher und stehen dann entsprechend weit über dem Rest der Bühne. Zwischen den Zylindern laufen die blauen Druckleitungen der Wasserhydraulik.

Auch wenn das grundlegende System gleich geblieben ist, haben die Betreiber die Möglichkeiten neuer Technik genutzt und die Anlage immer wieder modernisiert und modifiziert. Einige kleinere, grün lackierte Leitungen, die in der Wanne aus dem System blauer Rohre herausstechen, sind beispielsweise Teil einer Modernisierungsmaßnahme. Diese begann eigentlich mit einer kaputten Heizung, erzählt Frank Ruder. Er ist Ingenieur für Haus- und Betriebstechnik und kümmert sich im Schauspielhaus um die Bühnentechnik. „Aber dann stand uns nach der Wende plötzlich sehr viel Geld vom Land zur Verfügung, 80 Millionen D-Mark. Da haben wir das Haus von Grund auf modernisieren können. Diese Gelegenheit haben wir natürlich genützt, um auch die Bühnentechnik zu erneuern.“

Die grünen Leitungen sind Teil einer ölhydraulischen Vorsteuerung und führen zu einem Zylinder, der den Hauptschieber der Wasserhydraulik regelt. Während das Ölhydraulikaggregat im Keller untergebracht ist, sitzen die drei 20-Liter-Blasenspeicher des Systems ebenfalls in der Wanne. Mit den Neuerungen war die Vorsteuerung dann über Rechentechnik steuerbar. Dazu kamen Anpassungen aufgrund geänderter Sicherheitsstandards. 

Inzwischen sind oben die Proben zu Ende gegangen und die Gelegenheit ist günstig, um den Saal mal aus Schauspielersicht zu betrachten. Von der Bühne aus wirkt der Raum etwas kleiner, aber dafür umso prächtiger: Wände, Decke und Balkone sind aufwendig verziert und bilden einen scharfen Kontrast zu der düsteren Bühnendeko. Ich muss an die Halle denken, die unter dem Boden liegt. Für Technik-Fans ist der Aufführungsaal hier im Schauspielhaus vielleicht gar nicht der interessanteste aller Orte.

Drei Fragen an Uwe Mondschein, Mondschein Hydrosystems

Was ist Ihre Aufgabe im Schauspielhaus?

Wir sind ein Hydraulikunternehmen mit sechs Angestellten. Hier im Schauspielhaus haben wir einen Wartungsvertrag. Wir kümmern uns darum, dass die Anlage von der Hydraulikseite funktioniert. Wenn Fehler auftreten und der Betreiber selber an seine Grenzen stößt, unterstützen wir ihn bei Reparaturen.

Im Sommer gibt es eine Menge Stillstandszeit wegen der Spielpause. Dann werden turnusmäßige Wartungen wie Filterwechsel, Ölpflege, Austausch von Verschleißteilen und Druckbehälterprüfungen durchgeführt.

Können Sie ein paar Beispiele für Modernisierungen an der Anlage nennen?

1994 erfolgte eine komplette Modernisierung der Bühnentechnik, um den neuen Anforderungen der Berufsgenossenschaft und den Ansprüchen an eine moderne Bühnentechnik gerecht zu werden. Neben dem Austausch verschlissener Kolbenstangen und der Installation sicherheitsrelevanter Ventiltechnik und Sensorik erfolgte nun die Steuerung der Fahrventile über eine ölhydraulische Vorsteuerung. 2008 wurde die Rechnersteuerung erneuert.

Welche Antriebstechnik würde man heute für die Bühnentechnik verwenden?

Vermutlich eine Ölhydraulik oder eine Elektromechanik. Das ist auch eine Frage der Kräfte und Wege, die realisiert werden sollen. Bei kürzeren Hüben von drei, vier Metern wird heute oft ein elektromechanischer Antrieb verwendet. Aber auch die Hydraulik hat ihre Vorteile. Im Bolschoi-Theater in Moskau ist erst vor Kurzem eine Ölhydraulik installiert worden. Im Vergleich zur Wasserhydraulik arbeiten sie dabei mit kleineren Kolbenstangen und höheren Drücken.

Ölhydraulische Vorsteuerung der Wasserhydraulik
Die ölhydraulische Vorsteuerung mit den grünen Leitungen kam nachträglich hinzu. ( (Bild: ke-next.de/do))

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