Qualitätsguss für die Hydraulik 1

Schmiedestahl als Werkstoff für Steuerblöcke bekommt Konkurrenz durch einen neuen Gusswerkstoff. Er erlaubt die Fertigung von Steuerblöcken mit hoher Dichtigkeit sowie exakten und in der Serie stets gleichbleibenden Steuerungseigenschaften.

BohroptikAls Werkstoffe für Hydraulikblöcke und Steuerventile werden grundsätzlich Aluminium, Schmiedestahl sowie Grau- und Kugelgraphitguss verwendet. Primär bestimmt allerdings der Einsatzzweck die eigentliche Wahl. Für Einsätze in der Mobilhydraulik besteht die Forderung nach Einheiten mit möglichst geringem Gewicht, mithin leichten Werkstoffen, für den Betrieb mit Drücken oberhalb 400 bar wiederum wird in der Regel Schmiedestahl verlangt. Aktuell lässt sich letzterer aber durchaus durch Guss substituieren.

Beispielsweise bietet die Firma Gontermann-Peipers (GP), Siegen, als Alternative zum bleilegierten Automatenstahl oder Hyt 60 sowie weiteren Schmiedewerkstoffen den Gusswerkstoff (Gopag C 500 F) an. Der rein ferritische Werkstoff mit einer Härte unterhalb 190 HB entspricht von den Bearbeitungsparametern her denen von GJS 400. Er bietet sich zudem auch an für größere Blöcke, und er bietet dank der Möglichkeit von Ultraschalluntersuchungen sowie Probenentnahmen aus der Mitte des Blocks eine hohe Ausfallsicherheit.

GP fertigt in hohen Stückzahlen Steuerblöcke aus Strangguss mit genauer Spezifikation für den Großserieneinsatz. Für die Blöcke aus dem Normwerkstoff GJS 400-18 mit ferritischem Grundgefüge gibt der Kunde anhand eines Werkstoffdatenblatts die von ihm – je nach Anwendungsfall – gewünschten Werkstoffeigenschaften vor, die einzuhalten sind. Für die 100-Prozent-Ultraschallprüfung wird gemeinsam mit dem Kunden eine Arbeitsanweisung erstellt. Während der Ultraschallprüfung fallen bereits einzelne Graphitkugeln, die zu groß und zu dicht beieinander liegen, als US-Anzeigen auf. Ergebnis all dieser Maßnahmen: Die fertigen Steuerblöcke weisen hohe Dichtigkeit sowie exakte und in der Serie stets gleichbleibende Steuerungseigenschaften auf.

Und dann die Blockhydraulikzylinder. Zur Vorgeschichte: Der Anwender hatte zum Einen Probleme bei der Beschaffung von Blöcken aus Schmiedestahl in den von ihm gewünschten Größen von 700 x 700 Millimeter bis 1150 x 1150 Millimeter. Zum Anderen wiesen die Blöcke durch den Schmiedeprozess verursachte Fehler auf den Laufflächen des Kolbens auf, die zum Totalausfall führten. GP gelang es, den Kunden davon zu überzeugen, bei Zylinder, Kolben und der Kolbenstange auf Gopag 500F umzustellen – unter anderem mittels einer Erstarrungssimulation sowie Senkung des Materialeinkaufs um 40 Prozent und um die 80 Prozent geringere Bearbeitungskosten.

Optimierungspotenzial Bearbeitung
Für schnelle Lieferung hält GP etwa 5000 Tonnen Standardmaterial in GJL und GJS auf Lager. Dank Vorbearbeitung wie Sägen, Fräsen und Vorbohren kann der Kunde flexibel über das System GP-Online gewünschte Stangen oder Blöcke direkt reservieren und bestellen.

Ein oftmals kaum erkanntes Optimierungspotenzial steckt in der Bearbeitbarkeit des Werkstoffes. Die Unterschiede der Gusswerkstoffe und deren Bestandteile Ferrit sowie Perlit spielen dabei eine wichtige Rolle. Rein Äußerlich scheint das Material gleich, Untersuchungen ergaben allerdings Abweichungen von 60 Prozent bei der relativen Bearbeitbarkeit (siehe dazu Musterrechnung).

Und die Total Cost? Häufig werden zum Beispiel Kosten aufgrund zusätzlichen Glühens nicht hinterfragt, vielmehr wird der Gesamtpreis für das Gussteil ohne direkten Vergleich auf das gelieferte Gefüge eingetragen. Der Bearbeiter an der Maschine wundert sich dann über unterschiedliche Qualitäten. Untersuchungen europäischer Materiallieferungen belegen einen deutlichen Anteil von acht bis 35 Prozent Perlitanteil in den gelieferten Gussblöcken für die Hydraulikindustrie. Sie erlauben somit keine optimalen Schnittwerte, 40 Prozent der untersuchten und gelieferten Produkte können daher nicht mit hoher Produktivität bearbeitet werden.  

Gleichmäßiges Gefüge gewünscht
Der Großteil spanabhebender Bearbeitungsvorgänge wie Drehen, Bohren, Räumen, Fräsen und weitere lässt sich anhand von Schnittkraftdiagrammen darstellen. Die Kräfte an den Schneiden werden von den Herstellern für einzelne Werkstoffe angepasst, mit den Zielen Optimum an Schnittgeschwindigkeit und Standzeit der Werkzeuge. Hohe Schnittgeschwindigkeiten und geforderte Toleranzen bedingen allerdings ein gleichmäßiges Gefüge. Diesbezüglich weisen Eisenwerkstoffe deutliche Unterschiede auf.
Bei den Werkzeugstandzeiten liegt folgende Situation vor:

Die aktuelle Werkzeuggeneration bietet dank optimierter Geometrien sowie teilweise polierter Flächen auch nach der Überarbeitung durch den Hersteller hohe Leistung. Werkzeuge weisen allerdings bei der Bearbeitung von Guss allgemein deutlich längere Standzeiten auf. Der Grund: das ferritische Grundgefüge bei wärmebehandelten GJS sowie Selbstschmierung und guter Spanbruch durch den Kugelgraphit. Je nach Bearbeitungsverfahren wurden im Vergleich eines Schmiedestahlrohlings zu einem wärmebehandelten GJS (ADI) Standzeitverlängerungen von 20 bis 200 Prozent ermittelt (Quelle Sorelmetal S. 167).

Bei Untersuchungen durch MAN in den 90er-Jahren wurden sogar deutliche Unterschied bei Länge und Beschaffenheit der Graugusslamellen an Motorblöcken nachgewiesen (Quelle Caspers k&g 199x).

Sicherheit und Maschinenkosten
Aus dem Genannten ergeben sich folgende Vorteile:

  • Prozesssicherheit: Die Kurzbrüchigkeit der Späne bei der Gussbearbeitung erlaubt mannlose Schichten ohne Werkzeugbruch. Heutige Palettenspannsysteme können optimal genutzt werden und die Verwendung lediglich eines einzigen Werkzeugsystems für die Gussbearbeitung senkt Folgekosten und Rüstzeiten der CNC-Bearbeitungsmaschine.
  • Geringere Maschinenkosten: Ungleichmäßige Anforderungen an der Grenze der Maschinenbelastbarkeit führen zu häufigem Austauschen der drei Hauptkugelrollspindeln und damit zu sehr hohen Maschinenreparaturkosten. Ein Blick in diese Maschinenkosten lohnt sich, um auch dort langfristig Kosten zu senken.

Fazit: Der etwas teuere Werkstoff-Einkauf (rund zwei Prozent) fällt unter Einbeziehung anderer Einflussgrößen nicht ins Gewicht. Vielmehr ergibt sich insgesamt ein riesiges Einsparpotenzial, das von den Unternehmen noch nicht voll ausgeschöpft wird. Erreichen lässt sich das per Werkstoffberatung, Klärung der Werkstoffnormung, genaue Ausschreibung sowie exakte Bestellung der gewünschten Gusseigenschaften.

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