Neuer kompakter Winkelgetriebemotor von Zeitlauf 1

Die Miniaturisierung ist nicht nur in der Elektronik ein Thema. Auch handfeste Hardware wie Motoren und Getriebe sollen immer kleiner werden – bei gleicher oder höherer Leistung versteht sich. ke NEXT war vor Ort in Lauf an der Pegnitz, um bei Zeitlauf nachzufragen, welche Neuheiten es hier gibt.
Wenn es darum geht, eine Bewegung um die Ecke zu bringen, dann haben die Spezialisten des fränkischen Herstellers Zeitlauf ihre ganz eigene Methode. Im Gegensatz zum häufig verwendeten Kegelradgetriebe setzt man bei Zeitlauf auf eine Kronenradstufe, um den 90-Grad-Winkel zu erreichen. Das, so Firmenchef Thomas Horz, spare Platz und vereinfache den Montageprozess – zumindest wenn der Fertigungsprozess des Planrads im Griff ist. Aber der Reihe nach.

EtaCrown Plus

EtaCrown Plus In der Getriebeeinheit des Motors werden Kronenrad- und Planetengetriebetechnologie kombiniert. Schrägverzahnte Planetenräder aus Kunststoff in der Eingangsstufe minimieren das Laufgeräusch, ölgetränkte Planetenräder aus gehärtetem Sinterstahl in der integrierten Planetenabtriebsstufe bieten sehr gute Notlaufeigenschaften. Da der Getriebeaufbau keine Selbsthemmung entstehen lässt, ist ein zerstörungsfreies Rückdrehen möglich. Untersetzungen von 54:1 bis 289:1 ermöglichen Spitzendrehmomente bis 100 Nm.

Das Kronenradgetriebe gehört zu den ältesten Funktionsprinzipien menschlichen Maschinenbaus. Tausende mittelalterliche Windmühlen nutzten das Prinzip, um die Drehung des Windrads von der Horizontalen in die Vertikale zu überführen. Was aber mit Holzzapfen und viel Spiel noch ganz leidlich funktioniert, bedarf in Präzisionsgetrieben doch einigen Aufwandes. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Standard-Getriebekomponenten ist das Planrad in keiner DIN- oder ISO-Norm erfasst. Es ist im Detail noch nicht einmal durchgängig erforscht. Entsprechend fehlen frei verfügbare Tabellen und Auslegungssoftware – ein Aufwand, den die Techniker bei Zeitlauf also selber in die Hand nehmen mussten. Der Weg führte über eine selbst entwickelte Abwälzstoßmaschine für die Verzahnung sowie eigene Mess- und Wälzprüfgeräte. Durch Forschungsaktivitäten in Zusammenarbeit mit Hochschulen wie der RWTH Aachen und der TU München sowie Ingenieurbüros haben die Zeitlauf-Techniker das Konzept marktfähig gemacht und den Herstellungsprozess optimiert. In mehreren Doktorarbeiten wurden die theoretischen Grundlagen für die jahrhundertealte Technologie auf den wissenschaftlich neuesten Stand gebracht.

Kompakt, leistungsstark und dank Baukasten erschwinglich

Genau diese Technologie hat Zeitlauf nun unter anderem in der Getriebemotorreihe EtaCrown im Einsatz. Die Kombination mit einer Planetenstufe erlaubt im Vergleich zu herkömmlichen Schneckengetrieben einen deutlich geringeren Bauraum bei gleicher Untersetzung, der verbesserte Wirkungsgrad ermöglicht den Einsatz deutlich kleinerer Motoren mit geringerem Energiebedarf. Das verlängert die Standzeit von akkubetriebenen Lösungen. Da das System zudem spürbar weniger Abwärme in Getriebeeinheiten und Motoren produziert, kann auch im Getriebeumfeld zusätzliche Energie gespart werden.

EtaCrown Drehmomentvergleich

Drehmomentvergleich: EtaCrown bietet Untersetzungen von 4:1 bis 113:1 (ein- und zweistufig), EtaCrown Plus von 54:1 bis 289:1 in der standardmäßig dreistufigen Ausführung.

Auf der SPS IPC Drives 2012 stellte Zeitlauf nun die neue Getriebemotorenreihe EtaCrown Plus vor. Dabei handelt es sich im Grunde um ein EtaCrown mit zusätzlicher Planetenstufe, um im dreistufigen Betrieb in neue Untersetzungsregionen vorzustoßen – bei nochmals verringertem Bauraum. Entstanden ist das neue Produkt aus Anforderungen bei Zugangssystemen, also der Automatisierungstechnik für Türen. Dort ist es oft der Wunsch der Architekten, die Antriebstechnik für Türen direkt in die Profile der Türrahmen oder Türen einbauen zu können, ohne (vermeintlich) hässliche Kästen, Ausbuchtungen oder sonstige mechanische Elemente in Kauf nehmen zu müssen. Beim Weg vom Türrahmen in die Tür ist ein 90-Grad-Abtrieb mit hoher Überlastfähigkeit nötig. Denn schon bei einer normalen Flügeltür treten vor allem beim Losbrechen sehr hohe Momente auf. Außerdem sollte ein Getriebe in einer Türe keine Selbsthemmung aufweisen, damit beim gewaltsamen Bewegen der Tür – sei es bei Vandalismus oder bei der Fluchtöffnung im Notfall – die Mechanik keinen Schaden nimmt.

Um all diesen Anforderungen gerecht zu werden, kombinierten die Techniker von Zeitlauf die Kronenradstufe mit zwei Planetenstufen in einer Getriebeeinheit. In der Eingangsstufe kommt das bewährte Planetengetriebe der Performax-Baureihe zum Einsatz, das dank schrägverzahnter Kunststoffräder sehr laufruhig ist. Hinter die Kronenradstufe wurde eine neue, besonders belastbare Planetenstufe geschaltet, die selbst hohe Momente über ihre fünf gehärteten Planetenräder aufnimmt. Das ermöglicht extrem hohe Belastbarkeit gegen Stöße bei gleichzeitig kompakter Bauweise. Um das Ganze auch wirtschaftlich zu machen, kommt eine gesinterte Hohlradstufe mit gesinterten Planetenrädern zum Einsatz.

Das Prinzip Baukasten

EtaCrown-Plus-Reihe

Die kompakten Abmessungen der neuen EtaCrown-Plus-Reihe reduzieren die Einbaumaße erheblich.

Möglich wird das Ganze zu einem erschwinglichen Preis nur dank des Baukastenprinzips, das bei Zeitlauf konsequent umgesetzt ist. Bereits in den 1980ern, als es durch die aufkommenden Kopiergeräte großen Bedarf an kompakten Leistungsgetrieben gab, hatte Zeitlauf einen entsprechenden Baukasten für Getriebe aufgebaut. Anfang der 1990er wurde der Baukasten-Gedanke deutlich erweitert. Für das EtaCrown Plus bedeutet das, dass die Planeten-Vorstufe aus den Komponenten des Performax-Planetengetriebes besteht. Es werden so weit wie möglich die gleichen Teile verwendet, ob es der Zwischenflansch ist, die Räder, die Trägerscheibe oder auch Nadeln, Kugellager und Schrauben. Nur die Teile, die man spezifisch für ein neues Produkt benötigt, bei EtaCrown Plus etwa das Planrad und die letzte Planetengetriebestufe, werden neu entwickelt. Dank dieses Konzepts entstand ein Gesamtbaukasten, über den Zeitlauf im Standprogramm über 4200 Lösungen im Online-Katalog anbieten kann. Nach Auftragseingang werden die Produkte montiert und innerhalb von 48 Stunden an die Kunden ausgeliefert.

Dass Zeitlauf ein umfangreiches Standardsortiment anbietet heißt nicht, dass nur Standardware verkauft wird – ganz im Gegenteil. Nur etwa 6 Prozent des Umsatzes wird mit Katalogprodukten gemacht. Weitere 44 Prozent sind Varianten davon, mit anderen Abtriebswellen, anderen Werkstoffen oder modifizierter Elektronikanbindung. Und rund 50 Prozent der Aufträge sind rein kundenspezifische Entwicklungen. Generell sieht Horz einen Trend zu kundenspezifischen Lösungen. Doch selbst diese profitieren von vorhandenen Baukastenelementen.

Für das neue EtaCrown Plus gibt es neben dem Türantrieb, für den es entwickelt wurde, auf jeden Fall noch zahlreiche weitere Einsatzszenarien – im Grunde überall dort, wo hohe Momente gefordert werden und zugleich hohe Stoßbelastungen zu erwarten sind. Das kann die Verstellung oder der Fahrantrieb für einen OP-Tisch sein, das können Zwischentüren und Klapptritte in Zügen sein oder auch Anwendungen in Schranken. Die kompakte Bauweise eröffnet Konstukteuren viele neue Optionen. So ließe sich ein kompakter Türantrieb sogar direkt ins Türblatt integrieren, falls man den Rahmen besonders flach halten will oder muss. Bei einem 42er Kantenmaß bringt das EtaCrown Plus immerhin 10 Nm Drehmoment, Spitzenmomente sogar bis 25 Nm. In der Baugröße mit 63 mm Kantenmaß sind es sogar 40 Nm mit 100 Nm Spitzenlast. Damit lässt sich schon etwas bewegen.

Autor: Wolfgang Kräußlich, Leitender Chefredakteur

Unbürokratisches Garantieversprechen

Thomas Horz, Zeitlauf

„Wir haben es gegengerechnet, unsere Garantie lohnt sich auch für uns. Und die Kunden nutzen es nicht aus, wir haben nicht mehr Raklamationen als früher.“ Thomas Horz, Zeitlauf

Das Unternehmen Zeitlauf, das sein Geschäft nach dem Krieg mit Zeitschaltuhren begann, ist heute in vielen Bereichen Innovator. ke NEXT sprach mit dem Geschäftsführer und Inhaber der Firma.

Herr Horz, wie sind Sie zu Zeitlauf gekommen?
Das Unternehmen wurde ursprünglich 1957 von meinem Vater gegründet. Er hatte 1967 einen Partner hineingenommen, der die Majorität übernommen hatte und der das Unternehmen auch bis 1991 geführt hat. Aufgrund von Problemen in der Nachfolgeregelung kam man dann 1991 auf mich zu und hat mich gefragt, ob ich Interesse hätte hier ein Unternehmens-Buyout zu machen – was ich dann getan habe. Ich habe das Unternehmen sozusagen wieder in eine Hand zurückgeführt, um dann 2000 auch die restlichen Geschäftsanteile meines Vaters zu kaufen.

Was ist ihr persönlicher beruflicher Background?
Ich habe einen ganz klassischen Werdegang gemacht. Ich bin mit 19 aus dem Haus gegangen und habe in Aalen Feinwerktechnik studiert. Zunächst war ich bei der Firma Carl Zeiss, danach bin ich als Betriebsingenieur zur Firma Eberhard Bauer in Esslingen gegangen. Das waren Getriebemotoren größerer Kaliber. Dort habe ich einen ganz normalen Werdegang durch die Firma gemacht. Zum Schluss war ich Werksleiter im Werk München. Und da kam dann das Angebot hier zu Zeitlauf zu gehen.

Erzählen Sie uns ein paar Worte zur Firma Zeitlauf, wie sie heute aufgestellt ist?
In den 1990er-Jahren war Zeitlauf sehr stark auf dem Bürogerätemarkt unterwegs. Das war das Hauptmarktsegment neben der Medizintechnik. Über die Jahre sind wir mittlerweile zu fünf Kernmärkten gekommen, für die wir heute sehr stark auch als Innovator auftreten – sprich, wo wir eigene Entwicklungen machen für den Markt. Das sind die Kernmärkte Access-Automation, also Zugangssysteme wie Aufzugstüren oder Personenschleusen. Der zweite große Markt ist der Bereich der Transportation, also Bahn und Bus, hier vor allem Tür und Trittbrett. Dort sind wir nach einer Studie mit einem Marktanteil von 44 % Weltmarktführer. Dann haben wir den dritten Bereich, Medizintechnik. Dort sind die Applikationen vielfältiger – Patientenhandling, Dialyse, Bewegungstherapie. Der vierte Bereich ist die Energietechnik und der fünfte Bereich ist E-Mobility. Und hier nicht das Auto, sondern E-Caddy, E-Carry, E-Bike und ähnliche Nischensysteme.

Was unterscheidet Sie vom Wettbewerb?
Einiges. Zum Beispiel unser Baukastensystem, dank dessen wir über 4200 Lösungen aus unserem Online-Shop innerhalb von 48 Stunden zum Kunden bringen können. Oder unsere Keep-Word-Warranty, eine Extra-Garantie für Getriebemotoren. Zweimal innerhalb eines Jahres bekommt ein Kunde Ersatz oder Reparatur eines defekten Getriebemotors – ohne Frage des Verschuldens. Mit der Rücksendung erhält er ein Fehlerprotokoll für die Ausfallursache. Bei Überlastung des Getriebemotors erfolgt der Austausch in eine leistungsstärkere Lösung und die volle Verrechnung des ursprünglichen Antriebs. Was natürlich den Entwicklern sehr entgegen kommt, weil sie dann nicht zum Einkauf rennen müssen und sagen müssen: Ich habe was Falsches bestellt, ich habe es falsch ausgelegt. Sondern die schicken es einfach zurück – es wird kostenlos repariert. wk

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