Die Grenzen klassischer Permanantmagnet-Bremsen sind weit gesteckt und kommen in den meisten

Die Grenzen klassischer Permanantmagnet-Bremsen sind weit gesteckt und kommen in den meisten Anwendungen in der Handhabungstechnik und Robotik nicht zum Tragen. Es gibt jedoch auch Bereiche wie Windkraftanlagen, die durchaus höhere Anforderungen an die Bremsen stellen. (Bild: iStock_000018146802)

Outdoor-Anwendungen wie in Windkraftanlagen erfordern auch von Bremsen einen erweiterten Temperaturbereich. Neue Motorbaureihen liefern höhere Drehmomente und brauchen bei gleichem Bauraum stärkere Bremsen. High-Torque-PM-Bremsen werden diesen hohen Anforderungen gerecht.

Permanentmagnet-Bremsen als Haltebremsen mit Notstoppfunktion gehören heute zu den am meisten verbreiteten Sicherheitsbremsen in Robotik und Maschinenbau. Sie überzeugen durch hohe Drehmomente bezogen auf die Baugröße (Leistungsdichte), einen verschleiß- und restmomentfreien Betrieb, kurze Schaltzeiten und Verdrehspielfreiheit. Damit sind sie gut geeignet für Servomotoren in den unterschiedlichsten Einsatzbereichen.

Bei konventionellem Design der PM-Bremsen gibt es allerdings Grenzen bedingt durch das Wirkprinzip, was zum Beispiel Spannungstoleranzen oder Betriebstemperaturbereich anbelangt. Permanentmagnetbremsen in High-Torque-Technologie bieten hier Vorteile und sind deshalb für anspruchsvolle Anwendungen die richtige Wahl. Typische Beispiele dafür finden sich vor allem bei Outdoor-Anwendungen, etwa in Windkraftanlagen oder im Sicherheitsbereich.

Permanentmagnet-Bremsen (PM-Bremsen) zum Halten oder für die Not-Stopp-Funktion werden an der Festlagerseite des Motors entweder A- oder B-seitig montiert. Im unbestromten Zustand ist die Bremse geschlossen; der Anker wird vom Permanentmagnetfeld gegen den Stator beziehungsweise das Erregersystem gezogen. Im bestromten Zustand entsteht ein elektromagnetisches Feld, das die Anziehungskraft der Permanentmagnete aufhebt und so den Anker durch die Zugkraft der Federn zwischen Anker und Flanschnabe vom Erregersystem löst.

Die Bremse lüftet. Durch die kraftschlüssige Verbindung zwischen Anker, Nabe und Welle ist die PM-Bremse spielfrei. Außerdem überzeugt sie durch kompakte Abmessungen und vergleichsweise geringes Gewicht. Die Leistungsdichte ist dank der Permanentmagnete doppelt so hoch wie beispielsweise bei Federdruckbremsen (FD) üblich.

Da der Anker vollständig durch die Feder gelüftet wird, gibt es anders als bei FD-Bremsen auch keinen Abrieb. PM-Bremsen mit ihrer Reibpaarung Stahl/Stahl sind zudem sehr temperaturstabil und haben über den gesamten Temperaturbereich ein garantiert hohes Drehmoment, während bei FD-Bremsen der organische Reibbelag mit Änderungen des Reibwerts und erhöhtem Verschleiß auf Temperaturerhöhung reagiert.

Die Grenzen des bisherigen Magnetkreises

Der Betriebstemperaturbereich ist allerdings auch bei PM-Bremsen nicht für alle Anwendungen ausreichend, was mit dem normalerweise üblichen Aufbau des Magnetkreises zusammenhängt. Liegt keine Spannung an, ist die Bremse geschlossen; sie öffnet sobald die Lüftungsspannung anliegt. Wenn die obere Verknüpfungsspannung erreicht wird, kommt es zu einer Überkompensation; dass heißt, die – eigentlich geöffnete – Bremse schließt wieder.

Konventionelle PM-Bremsen sind deshalb im Spannungsabstand so ausgelegt, dass eine sichere Funktion bei den im industriellen Umfeld üblichen Temperaturen zwischen -5 °C und +120 °C gewährleistet ist. An dem Temperaturfenster lässt sich leider nicht so einfach rütteln, da der Spulenwiderstand sich linear mit der Temperatur verändert. Liegen die Umgebungstemperaturen nun außerhalb des Fensters, kommt es zu Fehlfunktionen.

Schließlich bleibt die angelegte Spannung mit üblichen 24 V gleich, der Widerstand der Spule verändert sich jedoch in Abhängigkeit von der Temperatur, was wiederum Auswirkungen auf den Spulenstrom und damit die Stärke des elektromagnetischen Feldes hat. Wird es zu kalt, sinkt der Widerstand und dadurch steigt der Spulenstrom; die Überkompensationsspannung sinkt unter 24 V und die Bremse schließt fälschlicherweise wieder. Andersherum steigt bei zu hohen Temperaturen die Lüftungsspannung auf über 24 V; die Bremse kann nicht öffnen.

Anforderungen an zukünftige Systeme

Diese Eigenschaften des Magnetkreises konventioneller PM-Bremsen lassen sich kaum verändern, sind sie doch mit der möglichen Spulenleistung und Bauform eng verknüpft. So lässt sich beispielsweise die Spulenleistung wegen der damit verbundenen Wärmeentwicklung nicht beliebig erhöhen. Es gibt jedoch Bereiche, die durchaus höhere Anforderungen an die Bremsen haben.
Outdoor-Anwendungen etwa in Windkraftanlagen erfordern einen erweiterten Temperaturbereich.

Außerdem gibt es Anwendungen, bei denen eine saubere 24-V-Versorgungsspannung nicht immer gewährleistet ist. Hier sollten die Bremsen auch bei Spannungsschwankungen zuverlässig arbeiten. Auch gibt es zunehmend neue Motorbaureihen am Markt, die höhere Drehmomente liefern und bei gleichem Bauraum stärkere Bremsen brauchen.

High Torque: Schalenmagnet statt Scheibe

Permanentmagnet-Bremse

Aufbau einer klassischen Permanentmagnet-Bremse. Bild: Kendrion

High-Torque-PM-Bremse

Aufbau einer High-Torque-PM-Bremse. Der Permanentmagnet ist hier nicht ring-, sondern schalenförmig ausgeführt. Bild: Kendrion

High-Torque-PM-Bremsen werden diesen hohen Anforderungen gerecht. Die Grundlage liefert ein völlig neuer Aufbau des magnetischen Kreises und eine optimierte Lage der Polflächen. Im Gegensatz zur konventionellen PM-Bremse ist bei der High-Torque-Ausführung der Permanentmagnet nicht ring-, sondern schalen-
förmig ausgeführt. Durch den patentierten Aufbau verändert sich bei bestromter Spule – also bei geöffneter Bremse – der Verlauf des magnetischen Flusses. Dadurch fallen Reaktionen auf Temperaturänderungen oder Spannungsschwankungen geringer aus.

Eine Überkompensation (also ein unerwünschtes Schließen der Bremse) bei extremen Temperaturen oder unsauberer Versorgungsspannung wird so sicher vermieden. Die zulässigen Betriebstemperaturen bei High-Torque-Bremsen dürfen dann zwischen -15 °C und 120 °C liegen; bei Sonderbauformen sind sogar bis zu -40 °C möglich. Auch bei in dieser Hinsicht anspruchsvollen Anwendungen lassen sich die Vorzüge der PM-Bremsen nutzen.

Man muss also nicht zwangsläufig zu FD-Bremsen greifen und damit die Nachteile wie niedrigere Leistungsdichte oder Verschleiß der Reibbeläge durch das Anlaufmoment in Kauf nehmen. Letzteres ist gerade in Windkraftanlagen unerwünscht, da Wartungsarbeiten hier besonders aufwendig und kostenintensiv sind. Ähnliches gilt aber durchaus auch für anspruchsvolle Anwendungen in Robotik oder Medizin- und Sicherheitstechnik. High-Torque-Bremsen gibt es mit Drehmomenten von 0,1 bis 500 Nm. Es stehen unterschiedliche Ankerausführungen zur Verfügung. fa

Autor: Jörg Heilmann, Kendrion

Das Unternehmen Kendrion

Magnetisch gebremst

Kendrion N.V. ist ein global führender Hersteller von Elektromagneten und elektromagnetischen Komponenten. Der Geschäftsbereich Industrial Drive Systems (IDS) entwickelt und produziert elektromechanische Bremsen und Kupplungen für die industrielle Antriebstechnik.
Typische Anwendungsbereiche finden sich überwiegend in den Bereichen Roboter- und Automatisierungstechnik, Werkzeug- und Produktionsmaschinenbau sowie Medizintechnik und Fördertechnik.
Die Beschäftigung mit Elektromagneten reicht bereits ins Jahr 1911 zurück, als sich der erst 20 Jahre alte Firmengründer Wilhelm Binder selbstständig machte. Heute, über hundert Jahre nach der Firmengründung, hat Kendrion in Villingen im Schwarzwald ein breites Sortiment an Permanentmagnet- und Federdruckbremsen im Portfolio.
Auch die neu entwickelte Federdruckbremse Kobra komplettiert das Angebot, sodass für jede Applikation immer die beste Lösung zur Verfügung steht.

Sie möchten gerne weiterlesen?