Dass die Zeit gestoppt wird, wurde vorher nicht groß kommuniziert. Wäre es so gewesen, wäre der Aufbau von drei Roboterarmen inklusive ihrer Steuerung, Endeffektor und einfach allem, was sie benötigen, um in Betrieb genommen werden zu können, möglicherweise noch schneller vonstattengegangen. So brauchen die neun Herren in drei Teams zwölf Minuten. „Haben Sie das schon einmal gemacht?“, frage ich herum. Vielleicht ist es ja tagtäglich ihr Job, Roboterarme zu montieren und in Betrieb zu nehmen. Von den meisten bekomme ich ein Nein als Antwort. Man setze sich in seinem Job zwar mit Automatisierungslösungen auseinander und habe sicher Berührungspunkte mit Robotern, aber Aufbauen und in Betrieb nehmen gehöre nicht zur Routine.

Nun folgt die Probe aufs Exempel. Die drei Arme stehen zwar und sind an ein Bediengerät – in diesem Fall einen Laptop – angeschlossen, aber dass hier ein funktionierender Roboter steht, heißt das ja noch nicht. Vielleicht ist doch ein Kabel falsch angeschlossen worden. Oder der Greifer ist nicht richtig montiert. Oder es passiert einfach garnichts. Vorstellbare Szenarien, schließlich waren keine Robotikexperten mit dem Aufbau betraut und jede Gruppe hat ihren Roboter eigenständig aufgebaut. Jedoch zeigt sich beim Lösen der Bremsen - was nur bei korrekter Konfiguration funktioniert - dass alle drei Arme nun in Betrieb genommen werden können.

Nach nur wenigen Minuten steht ein funktionsfähiger High-Tech-Roboterarm vor mir. Das beeindruckt schon. Aber eine gewisse Skepsis bleibt. Ist es wirklich so einfach oder muss nun erst einmal Code in Hochsprache verfasst werden, damit beispielsweise eine gewisse Taktzeit gefahren werden kann? Ob ich ab diesem Punkt noch durchblicken werde – diese Frage hatte ich bereits gestellt, bevor ich mich in den Kurs getraut habe. Ja, auch ohne Programmierkenntnisse, würde ich verstehen, was hier passiert, wurde mir versichert. Ein bisschen Roboteraffinität sollte vorhanden sein. Kein Problem, die bringe ich mit.

Roboter arbeiten bereits in vielen Betrieben. Kleine Unternehmen und Mittelständler (KMU) bleiben bei der Roboterautomation jedoch noch häufig außen vor. Bei ihnen stehen Fragen im Raum, wie: Haben wir das Know-how um den Roboter in Betrieb zu nehmen und auf unsere Anforderungen zu teachen? Oder: Ist man mit ihm so flexibel, dass er auch verschiedene Aufgaben übernehmen kann? Diesen Fragen möchte Franka Emika mit seinen kollaborativen und leicht handlebaren Roboterarmen eine Antwort bieten – und das zu einem Preis, der im niedrigen fünfstelligen Bereich weit unter dem anderer Leichtbau-Cobots liegt.

Teilnehmerstimmen

„Wir sind auf der Suche nach einem kollaborierenden Roboter, der die monotonen Arbeiten bei unseren Kunden übernehmen kann. Dazu suchen wir auf der Schulung weitere Ansätze und Lösungen. Wir sind Integratoren und arbeiten aktuell mit dem Franka-Emika-Roboter, weil es in dieser Preiskategorie keinen vergleichbaren Roboter gibt.“

Elvir Popp, Einkauf bei CNC Automation Würfel

„Die kollaborierende Robotertechnik und der Franka-Emika-Roboter sind neu für mich – und da ich im Moment noch keine Ahnung von der Materie habe, bin ich bei der Schulung mit dabei, um zu sehen, was der Roboter eigentlich kann. Vielleicht sehe ich auch neue Geschäftsfelder oder neue Anwendungen, an die meine Kollegen noch gar nicht gedacht haben – manchmal ist man ja ein bisschen betriebsblind.“

Toralf Beyer, CNC Automation Würfel

Für die Zielgruppe der KMUs sind dann auch die für die Training Academy vorbereiteten Stationen repräsentativ. An einer Station geht es um Pick-and-Place an einem Fließband. Ankommende Dosen soll der Roboter greifen und in eine Kiste einsortieren. Eine stupide Aufgabe, die heute noch massenhaft manuell ausgeführt wird. An der nächsten Station geht es um das Thema Smartphone-Testing. Das machen häufig studentische Aushilfen: den Bildschirm mit einer Wischbewegung entsperren, diverse Zahlenkombinationen eintippen, gucken, ob alles funktioniert.

An der dritten Station wird es aufwendiger: Platinen-Qualitätskontrolle. Der Roboter soll eine Platine in ein Testgerät einlegen und wieder entnehmen. Auf ein Signal hin soll er die IO-Teile in eine Palette einsortieren und die NIO-Teile in eine Ausschussbox werfen. Aber auch hier immer wieder: einlegen, entnehmen, ein- oder aussortieren, und von vorne. Auch dies: eine häufig in der Fertigung anzufindende, aber selten automatisierte Aufgabe.

Die Robotik wird ins Smartphone-Zeitalter entlassen

Da die Roboter in direkter Nähe zum Menschen arbeiten sollen, testen einige der Teilnehmer zunächst einmal, ob der Roboter hält, was der Hersteller verspricht: Sie stellen sich dem bewegenden Arm entgegen, der daraufhin – dank Sensoren in jedem seiner Gelenke – sofort in seiner Bewegung innehält. Auch ich halte meinen Arm hin. Der Roboter verpasst mir einen leichten Stupser, mehr aber auch nicht und hält an. Aber jetzt geht es endlich in die heiße Phase, die Roboter sollen ihre Aufgaben lernen.

Zunächst einmal beherrscht der Roboter ein Feature, das auch seine Konkurrenten am Markt bieten: handgeführtes Teachen von Bewegungsabläufen – den Roboterarm nehmen, einen Knopf drücken, der dem Roboter signalisiert, dass er die nun handgeführt gefahrene Bahn abspeichern soll. Der Clou kommt daher erst bei allen anderen Vorgängen, wie dem Greifen eines Gegenstandes oder Wiederholungen eines Vorgangs, zum Vorschein. Denn hier kommen Apps ins Spiel.

Schnell wird deutlich: der Roboter ist nicht mehr mit einem der Computer aus den 90ern vergleichbar, sondern vielmehr mit einem Smartphone. Musste man früher noch Befehle auswendig können, um eine Datei auf seinem PC zu öffnen, funktionieren solche Befehle heute intuitiv durch ein Touch auf ein Display. Und so funktioniert auch der Franka-Emika-Roboter. Apps für verschiedene Vorgänge werden aus einem Menü per Drag-and-Drop auf dem Laptop ausgewählt, angeordnet, und der Roboter führt sie aus.

Kinderleicht und auch für Laien nachvollziebar, lernen die Roboterarme schnell, die Dosen vom Fließband zu nehmen, die iPhones zu testen und die Plantinen zu sortieren. Innerhalb von Minuten können sie umgestellt werden und etwas Neues lernen. Da stellt man sich schnell die Frage: sollte man sich anstelle eines neuen Autos vielleicht einen dieser nützlichen Helfer zulegen? Das Kaffeekochen und Bügeln wäre ihm schnell beigebracht.

Technik im Detail

Der Roboter „Panda“

  • Freiheitsgrade: 7 (Gelenk-Drehmomentsensoren in allen 7 Achsen)
  • Nutzlast: 3 kg
  • Reichweite: 855 mm
  • Kartesische Geschwindigkeit bis 2 m/s Endeffektor-Geschwindigkeit
  • Wiederholgenauigkeit: +/- 0,1 mm (ISO 9283)
  • Kommunikation: Ethernet (TCP/IP)

Die Training Academy veranstaltet das Start-up zu verschiedenen Terminen. Der zweitägige Kurs bietet einen Mix aus Theorie und Praxis. Gelernt wird, wie in wenigen Schritten ein Franka-Emika-Leichtbauroboter installiert, bedient und eingesetzt werden kann.

Würdigung für den Einsatz für zukunftsfähige Arbeitsplätze

Das Start-up hat es mit seinem Roboterkonzept bereits sehr weit gebracht: Ende November 2017 wurde es mit dem Deutschen Zukunftspreis ausgezeichnet. Überreicht wurde die Auszeichnung durch Frank-Walter Steinmeier im Deutschen Museum in München an Prof. Dr. Sami Haddadin, Dr. med. Simon Haddadin und Dipl. Inf. Sven Parusel, einen Teil der Schöpfer des kollaborativen Roboters. Das Gewinner-Team erhielt den Preis des Bundespräsidenten für Technik und Innovation für seine Arbeiten zu „Mittelpunkt Mensch - Roboterassistenten für eine leichtere Zukunft“.

Der Bundespräsident würdigt mit den Deutschen Zukunftspreis herausragende Forschungs- und Entwicklungsprojekte. Wesentlich für die Entscheidung der Jury sind der wissenschaftlich-technische Innovationsgrad sowie das Potenzial, diese Leistung in zukunftsfähige Arbeitsplätze umzusetzen. Und genau das ist es ja, was das Start-up mit seinen Robotern erreichen möchte - und ihm einen Preis, der mit 250.000 Euro dotiert ist, eingebracht hat.

Ein Roboter baut einen Roboter (Quelle: Franka Emika)

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