T-Bane.

Oslos Lebensader – die T-Bane. (Bild: Getty Images)

Nächster Halt Holmenkollen, Gråkammen oder Tveita. Mit 268.000 Passagieren pro Tag ist sie das am zweithäufigsten benutzte Verkehrsmittel Oslos: die T-Bane, die U-Bahn der norwegischen Hauptstadt. Die Abkürzung T-Bane – T steht für Tunnel – ist längst im norwegischen Wortschatz verankert. Die T-Bane fährt auf sechs Linien mit insgesamt 101 Stationen, 86 Kilometer lang ist das Netz.

Die Metro in Oslo gilt als eine der modernsten der Welt. Sie verbraucht besonders wenig Energie, trotz eisiger Temperaturen von minus 25 °C im Winter und hohem Wärmebedarf, die Wagen lassen sich am Ende ihrer Lebensdauer fast vollständig recyceln.

Nicht nur beim rollenden Inventar ist der Betreiber anspruchsvoll, auch die Infrastruktur muss hier im Norden einiges aushalten. Das gilt unter anderem für die Verkabelung der Gleichrichter-Stationen, die den Wechselstrom aus dem Netz in Gleichstrom für die Antriebe der Züge wandeln. Diese Kabel sind zweifach isoliert und feuerfest. „Bei einem Zwischenfall ist es lebenswichtig, dass man die Bahnen erst einmal aus dem Tunnel herausbekommt“, sagt Lars Nilsen, Produktmanager bei Lapp Norwegen. „Eine absolut zuverlässige Lösung war das Hauptanliegen des Kunden – und damit auch unseres.“

Kabel mit Extra-Brandschutz

Heraus kam ein Kabel mit einem aufwendigen Aufbau, das zahlreiche positive Eigenschaften vereint. Der Kupferleiter hat einen Querschnitt von 400 mm2, hier können je nach Verschaltung bis zu 1270 Ampere fließen. Der Leiter ist mit zwei Lagen Micatape als Brandschutz umhüllt. Die Isolierung des Leiters besteht aus zwei Schichten, beide sind vernetzt, wodurch sie sich für einen größeren Temperaturbereich eignen. Damit keine elektromagnetischen Impulse nach draußen dringen, liegt über der Isolierung eine Abschirmung mit einem Querschnitt von 30 mm2. Darüber kommt ein ebenfalls vernetzter Mantel aus EVA-Spezialpolymer. Das Kabel ist rund 44 mm dick und wiegt pro Kilometer 4730 Kilogramm, ist also ein echtes Schwergewicht.

speziell entwickelte Kabel,
Das speziell entwickelte Kabel hält auch den norwegischen Minustemperaturen stand. (Bild: Sporveien Oslo)

Einem Feuer muss das Kabel standhalten können. So ist gewährleistet, dass die Metro-Wagen weiterhin mit Strom versorgt werden und aus dem Tunnel fahren können. Das Kabel ist halogenfrei und hemmt die Rauchentwicklung, es gibt nach den Tests NES 02-713 und NFC 20-454 keine giftigen Gase ab. Dies ist wichtig wenn die Strecke blockiert ist und der Zug den Tunnel nicht verlassen kann. In diesem Fall müssten die Fahrgäste aus dem Tunnel evakuiert werden, ohne dabei Rauch oder reizende Dämpfe einatmen zu müssen.

Dafür musste nicht nur das Kabel neu gedacht werden, sondern auch die Verbindungselemente. Mit einer Technologie aus dem Offshore-Bereich wurde extra dafür eine ebenfalls feuerfeste Kabelverbindung entwickelt. Das bedeutet, dass sowohl Kabel als auch Kabelverbindung einem Feuer standhalten können und die Bahnen mit Strom versorgen.

Lapp-Kabel: Flexibel auch bei Minustemperaturen

Alle diese Eigenschaften sind schon nicht einfach zu erzielen. Schwierig wird es zusätzlich, weil das Kabel auch noch besonders flexibel sein soll. Denn die norwegische Kälte lässt nicht nur Wasser und Finger gefrieren, sondern macht auch Kunststoffe steif und spröde. „Wenn man ein sehr steifes Kabel in der Kälte von der Rolle nimmt, muss man diese vorwärmen – das erschwert die Installation“, erläutert Lars Nilsen. Gefordert war also ein Kabel, das sich auch unter frostigen Bedingungen biegen lässt. Bei dem Kabel ist das bei unter minus 20 °C gewährleistet, mit einem engen Biegeradius vom nur Sechsfachen des Kabelaußendurchmesser, ohne dass am Mantel auf der Außenseite der Biegung feine Querrisse entstehen. Ausgelegt ist das Kabel im Betrieb für einen Temperaturbereich von -40 bis +90 °C.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Kabel oft durch alte Rohre gezogen werden, in denen Schotter und Kies liegen können. Diese zusätzliche Reibung am Mantel würde das Durchziehen des Kabels erschweren. Das Kabel für die T-Bane ist deshalb besonders glatt und reibungsarm ausgelegt, um den Kraftaufwand beim Einziehen so gering wie möglich zu halten.

Kabelmantel mit Nagetierschutz

Liegt das Kabel erstmal an Ort und Stelle, ist es keineswegs gegen weitere Schäden gefeit. Denn in den Rohren hausen Ratten. Diese finden den Kunststoffmantel von Kabeln besonders lecker, weshalb der Mantel einen Nagetierschutz enthalten muss. Das geschieht durch ein Glasfasertape unter dem Mantel, welches das Nagetier von einem weiteren Zubeißen abhält.

Alle Linien der T-Bane fahren durch den Innenstadttunnel Fellestunnelen. Von den 101 Stationen der T-Bane befinden sich aber nur 17 in einem Tunnel, die anderen Stationen sind oberirdisch. Liegt das Kabel im Freien, ist es UV-Licht ausgesetzt. Auch davon lässt sich der Mantelkunststoff nicht beeindrucken, außerdem ist er beständig gegen Ozon. Das Qualitätsbewusstsein von Lapp Norwegen kommt auch beim Kunden gut an. Kürzlich wurde mit Sporveien Oslo der zweite Rahmenvertrag geschlossen. Für Lars Nilsen ist das Bestätigung und Ansporn zugleich: „Wir müssen unseren Job verdammt gut machen.“ Dazu gehöre auch die Lieferfähigkeit. Das Kabel hat Lapp in Drammen immer am Lager. „Denn die T-Bane ist die Lebensader der Menschen hier. Es ist unsere Pflicht, sie am Laufen zu halten.“ wk

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