Kabel und Steckverbinder für die Lebensmittelindustrie 1
SKINTOP HYGIENIC
Lapp entwickelte sein bestehendes Portfolio für die Lebensmittelindustrie weiter. Das Ergebnis: die Kabelverschraubung Skintop Hygienic. - (Bild: Lapp)

Laut der UN World Food leiden heute 800 Millionen Menschen an Hunger, und in Zukunft wird das noch weiter zunehmen. Denn neben der wachsenden Weltbevölkerung verändert sich auch die allgemeine Nachfrage nach Lebensmitteln. So benötigen immer mehr Singlehaushalte in Deutschland schnelles, unkompliziertes und in kleinen Portionen erhältliches Essen. Weitere Trends sind der immer bewusstere Verzehr von Lebensmitteln, der Wunsch nach Bio-oder regionalen Produkten sowie nach Functional Food, also nach mit Inhaltsstoffen angereichertem Essen. Daraus ergeben sich für die Nahrungsmittelindustrie folgende Innovationsthemen: Gesundheit, Genuss und die Zufriedenheit des Kunden.

Lapp Fach PK 2015 Schaden
Kabel und Steckverbinder müssen in der Lebensmittelindustrie gegen be- sondere Anforderungen wie chemische Reinigungsmittel bestehen. - (Bild: Lapp)

Um mehr Menschen satt zu kriegen, wurden in der Vergangenheit bereits enorme Produktionszuwächse in der Agrarwirtschaft wie auch in der Weiterverarbeitung in der Nahrungs- und Getränkeindustrie erzielt. So konnte man mit optimierten Düngemitteln und Computer- und GPS-gestützten Saat- und Erntemaschinen eine höhere Flächenproduktivität erreichen.

Diese Entwicklungen haben aber auch Einfluss auf die Maschinenbauer, die Abfüll- und Verpackungsanlagen, Dosier- und Portioniermaschinen, Cutter sowie Mischer für diesen Industriebereich herstellen. Damit die Maschinen maximal produzieren können, müssen vor allem ihre Komponenten spezielle Anforderungen erfüllen: sie müssen besonders robust und hygienisch sein. Um diese hohen Standards zu bedienen, müssen Zulieferer nach speziellen Richtlinien ihre Produkte entwickeln.

Spezielle Anforderungen der Branche

Lapp Fach PK 2015 Bastelloesung
Wenn eine gute Verbindungslösung fehlt, wird improvisiert. - (Bild: Lapp)

Das Unternehmen Lapp beliefert viele großen Firmen der Lebensmittel- und Getränkeindustrie wie Danone, Warsteiner oder Coca Cola, und weiß um die speziellen Anforderungen der Branche. Maschinenkomponenten und vor allem Kabel und Steckverbinder müssen teilweise hohen Dauertemperaturen und Feuchtigkeit trotzen sowie besonders beständig gegenüber Chemikalien und Reinigungsmitteln sein. Hierzu entwickelte der Kabelspezialist seine Kabeldurchführung Skintop Hygienic speziell im Hygienic Design. Anders als im klassischen Maschinenbau gelten in der Nahrungs- und Lebensmittelindustrie besondere Designrichtlinien. Muss beispielsweise die Hutmutter einer Kabelverschraubung im Maschinenbau sehr griffig sein, dürfen im Nahrunsmittelbereich keine Lebensmittelreste oder Keime an der Komponente Halt finden.

So ist auch Skintop Hygienic nach diesen strengen Richtlinien konstruiert worden. Für Entwicklungsleiter Guido Ege bestand dabei die Herausforderung, die Funktion zu erhalten: „Die Grundfunktion muss nach wie vor gegeben sein. Das heißt, die Kunst für den Entwickler ist es, mit seinem Wissen das Design so anzupassen, dass nur noch die Kanten da sind, die die Funktion gewährleisten.“ Die ganze Verschraubung hat demnach so wenige Ecken und Kanten wie möglich. Statt eines Sechskants gibt es nur zwei Flächen, an denen ein Schraubenschlüssel greifen kann. Außerdem ist die Oberfläche sehr glatt, damit es Lebensmittel und Keime schwer haben, auf der Kabeldurchführung haften zu bleiben. Der Übergang zum Gehäuse ist mit einer Flachdichtung hermetisch abgedichtet; bilden sich doch Verunreinigungen, können diese einfach mit Wasser oder Dampf entfernt werden.

Auf Hygiene wird in dieser Branche sehr viel Wert gelegt. Allein in den USA erkranken jährlich knapp 76 Millionen Personen an durch Lebensmittel übertragenen Krankheiten, 5000 von ihnen sterben an den Folgen. Welche hygienischen Anforderungen ein Bauteil erfüllen muss, hängt davon ab, wie nah das Bauteil dem Lebensmittel kommt. Man unterscheidet in drei Hygienezonen:

  • Produktzone: Diese kommt regelmäßig mit Lebensmittel in Berührung. Beispiel: Rührer, Messer oder Schneidevorrichtungen.
  • Spritzzone: Das sind Bereiche und Maschinen, die mit dem Lebensmittel in Berührung kommen können, etwa durch Verspritzen. Ob das Lebensmittel allerdings zurück in die Produktzone gelangen kann, wird in der Regel von einem Gutachter oder vom Hersteller in einer Risikoanalyse bewertet.
  • Nicht-Produktzone: Das sind alle Bereiche und Einrichtungen in einer Fabrik, die nicht direkt mit dem Lebensmittel in Berührung kommen. Jedoch werden auch diese oftmals zusammen mit den sensiblen Bereichen gereinigt, was wiederum eine hohe chemische und mechanische Beanspruchung bedeuten kann.

Produkt- und Spritzzone werden am häufigsten gereinigt, denn hier gelten die strengsten Anforderungen an die Hygiene. Diese regelmäßigen Reinigungen der Anlagen sind laut Lapp sehr kritisch. Denn wegen der Dampfstrahler und sauren oder basischen Reinigungsmitteln sind die Anlagen und Komponenten hohen Belastungen ausgesetzt. Das müssen Kunststoffe und andere Materialien, die häufig für Kabel oder Dichtungen eingesetzt werden, aushalten können. Kabel versucht man deswegen in der Produktzone zu vermeiden. Wo doch eine Verkabelung notwendig ist, etwa für einen Temperatur- oder Füllstandssensor, verlegt man die Kabel möglichst in Edelstahlrohren, die das Kabel schützen. Diese können jedoch undicht werden und sind extrem teuer. Der Trend geht hier deshalb dazu, zuminest in der Spritzzone und der Nicht-Produktzone, Kabel offen oder in Schutzschläuchen zu verlegen. Diese müssen dann aber besonders robust gegen saure und basische Reinungsmittel sowie heißen Dampf sein.

Robuste Materialien

Für diese Robustheit forschte Lapp Engineering in der Schweiz in den vergangenen Jahren intensiv an neuen und robusten Materialien für Kabel in der Lebensmittelindustrie. Es wurden verschiedene Rezepturen getestet, Prototypen entwickelt und Prüfverfahren durchgeführt. Dabei war es den Entwicklern besonders wichtig, dass die Materialien möglichst alle Faktoren der Branche erfüllen: gute Reinigbarkeit, hohe Temperaturbeständigkeit, Hydrolysebeständigkeit und Resistenz gegen Öle und Fette.

Bislang werden häufig Mantelmaterialien aus Polyurethan (PUR) eingesetzt. Dieses Material ist enorm widerstandsfähig gegen Abrieb. Dadurch ist etwa eine Verlegung auf dem Boden kein Problem. Allerdings neigt PUR zur Hydrolyse, nimmt also Wasser auf. Das führt langfristig zu Kurzschlüssen. Deshalb sollten PUR-Kabel nur in trockenen Räumen verlegt werden. Zwar gibt es auch bei diesen Kabeln Stellschrauben bei der Materialzusammensetzung, allerdings ist ein vollständiger wasserresistenter Mantel nicht möglich.

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