Dr. Georg Wünsch - Machineering
Dr. Georg Wünsch von Machineering, einem Spezialisten für Simulationssoftware, vor einem virtuellen Robo-Modell – simuliert mit der Software Industrial Physics. (Bild: ke NEXT)

Auch Dr. Georg Wünsch von Machineering, einem Spezialisten für Simulationssoftware, sieht zwar durchaus, „dass sich vor allem die großen Player intensiv mit VR- und AR-Technologien beschäftigen. Viele aber suchen noch immer nach der richtigen Anwendung“, so der Experte.

Dirk Schart, AR-Experte des Software-Spezialisten Reflekt, erklärt, worauf es dabei ankommt: „Sie benötigen zum einen eine klare Vorstellung eines Szenarios, davon also, wo AR und VR ein bisheriges Tool oder bisherige Prozesse ersetzen und verbessern können. Zum anderen leben beide Technologien natürlich von Inhalten. In der Industrie sind das nicht nur Konstruktions- und Sensordaten, sondern eben alles, was operativ angezeigt werden soll.“ Eine der größten Herausforderung sei folglich die Integration sämtlicher relevanter Unternehmens- und Prozessdaten, betont Wünsch – angefangen vom E-Mail-Programm über das CAD-Modell bis hin zur technischen Betriebsanleitung.

Mit seiner Simulationssoftware Industrial-Physics hat Machineering deshalb auf der SPS IPC Drives 2016 ein Tool vorgestellt, das ein ganzheitliches Engineering vom CAD-Modell über die SPS-Simulation bis hin zur Maschinensimulation ermöglichen soll. Wünsch erklärt: „Mit dem Einsatz einer VR-Brille beispielsweise kann der Anwender tief in die Industrial-Physics-Modelle eintauchen und Abläufe untersuchen, während die Simulation läuft. Auch die Anbindung an reale Steuerungen sowie Handhabungsuntersuchungen sind möglich. Im Gegensatz zu VR besteht bei der AR-Brille die Möglichkeit, die simulierten Modelle in der realen Umgebung einzublenden. Zusätzlich sind Was-wäre-wenn-Untersuchungen in der Planung und Entwicklung mit bewegten Objekten und Maschinen – auch mit realen Steuerungen – möglich. So können Live-Informationen aus der Steuerung direkt in das Modell eingeblendet werden.“

Blick durch die HTC Vive - Machineering
Blick durch die VR-Brille HTC Vive. (Bild: Machineering)

Instandhalten…

Die computergestützte Erweiterung der Realität durch projizierte virtuelle Informationen in den realen Raum hinein habe jedoch auch ihre Stärken in der Wartung und Instandhaltung, betont Christoph Runde: „Es wird also eine Videokonferenz gefahren, und der Maschinenspezialist aus der Zentrale sieht über die Kamera dasselbe wie der Servicetechniker vor Ort. Auf diese Weise kann der Spezialist ortsrichtig in oder auch an der Maschine einblenden, was der Techniker zu tun hat und ihm zeigen, wo der Fehler liegt. Im Prinzip teilen Sie den Blick.“ Und Dirk Schart fügt hinzu: „Eigentlich wären die nötigen Informationen ja vorhanden. Die Frage ist nur wo, und der Mitarbeiter verbringt einfach unglaublich viel Zeit damit, sie verfügbar zu machen. Mit Augmented Reality hat er die richtige Information am richtigen Platz zur richtigen Zeit auf dem richtigen Device.“

Augmented Reality - Instandhaltung
Sehen, wo der Schuh drückt – mit Augmented Reality wird Instandhaltung nicht nur transparenter, sondern gleich viel sexyer. (Bild: Reflekt)

 

Um dabei mit der Simulation immer auf dem aktuellen Stand der Maschine zu sein, kommt Tracking zum Einsatz. Vor allem die dynamische Kantendetektierung mit sogenannten Slam-Algorithmen sei aktuell stark im Kommen, so Runde und erklärt: „Die Frage ist natürlich was passiert, wenn ich mit meinem AR-Device meinen bisherigen Bereich verlasse. Dynamische Kantenerkennung ist mittlerweile in der Lage, die bekannte Welt fortzuschreiben.“

Ein zweiter wichtiger Punkt für die Umgebungserkennung in der Augmented Reality sei die dynamische Okklusion, die dafür sorgt, dass störende reale Gegenstände vom Betrachter wahrgenommen werden: „Was passiert, wenn ein Gegenstand zwischen meine AR-Brille und meine virtuelle Simulation gerät? Dummerweise sehe ich dann immer noch die virtuelle Simulation im Vordergrund, obwohl das weder logisch ist, noch meiner natürlichen Wahrnehmung entspricht. Dynamische Okklusion könnte das mittelfristig lösen.“

Trainieren…

Comos Walkinside - Siemens
Wie ein Computerspiel kommt die Siemens-VR-Software Comos Walkinside mit 3D-Brille daher. (Bild: ke NEXT)

Dass sich VR und AR auch zu Schulungs- und Trainingszwecken anbieten, liegt schon in der Natur der Technologien begründet. Auf der SPS IPC Drives 2016 stellte Siemens einmal mehr seine Virtual-Reality-Visualisierungssoftware Comos Walkinside vor. Damit lassen sich nicht nur 3D-Virtual-Reality-Modelle einfach erstellen und visualisieren, sondern auch immersive Operator Trainings realisieren.

Auch Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten können so effektiv geplant werden. Manuel Keldenich, Experte für Comos bei Siemens, erklärt: „Die Software ermöglicht dem Anwender das Training von Standard Operating Procedures näher, simuliert aber auch Notfallszenarien für den Worst Case, dass zum Beispiel ein Feuer ausbricht. So lässt sich die Inbetriebnahmezeit von Maschinen und Anlagen deutlich verkürzen. Gleichzeitig kann ich mir zum Beispiel – bei einer Verbindung mit dem Leitsystem – den aktuellen Druck oder den Durchfluss an einem Ventil anzeigen lassen. Das vereinfacht wiederum die Wartung im laufenden Betrieb: Denn der Anwender agiert bei Abweichungen vom Sollwert, anstatt erst zu reagieren, wenn es bereits zu einem Ausfall gekommen ist.“

Zum Thema: Visualisierungs-Software VR & AR. Quelle: ke NEXT TV

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