Johanna Schüßler,

„Jeder Standard hat seine Daseinsberechtigung. Auch bei den Ethernet-basierten Systemen gibt es unterschiedliche Derivate, die sich für bestimmte Zwecke besser oder schlechter eignen.“ - Johanna Schüßler, Bihl + Wiedemann (Bild: Bihl + Wiedemann)

Frau Schüßler, in vielen Serienmaschinen überwiegen heute noch Standardfeldbusse. Neuere Maschinen sind jedoch zunehmend mit Ethernet-basierten Feldbussen ausgestattet. Wie gelingt der Spagat und wann werden sich durchgängige Lösungen durchsetzen?

Im Vergleich zu den klassischen Feldbussen liegt der Vorteil von Ethernet-basierten Bussystemen in der höheren Performance oder auch darin, dass man Standard-Ethernet-Telegramme über die gleiche Leitung senden und zusätzliche Informationen abrufen oder austauschen kann. Eine komplette Durchgängigkeit wird es aber meiner Meinung nach nie geben.

Warum nicht?

Jeder Standard hat seine Daseinsberechtigung. Auch bei den Ethernet-basierten Systemen gibt es unterschiedliche Derivate, die sich für bestimmte Zwecke besser oder schlechter eignen. Ein Beispiel hierfür ist die Antriebssteuerung, wo es häufig sehr stark auf die Taktzeit und auf die Synchronisation von verschiedenen Antrieben ankommt. Hier geht es wirklich um Mikrosekunden, und dafür passen Ethernet-basierte Systeme dann optimal. Aber oft gibt es eben auch Fälle, in denen es zum Beispiel darum geht, möglichst viele Daten zur Diagnose zeitunkritisch zu übertragen. Wenn ich nur einfache Sensoren oder einen einzelnen Not-Halt abrufen will, dann ist das mit Kanonen auf Spatzen geschossen, wenn ich dafür eine extra Ethernet-Schnittstelle spendiere. Das heißt natürlich nicht, dass zwischen den verschiedenen Ebenen nicht Daten ausgetauscht werden, aber ein komplett durchgängiges System, das für alles verwendet wird – das glaube ich, wird es nicht geben.

Nun behaupten aber viele Automatisierer genau das: Eben dass die klassischen Standard-Feldbussysteme nach und nach abgelöst werden…

Nun, ich gehe schon davon aus, dass der Trend unter dem Strich im Vergleich zu klassischen Feldbussystemen ganz klar zu Ethernet-basierten Systemen geht. Aber auch da gibt es eben unterschiedliche Derivate.

Wenn nun der Trend zu Ethernet-basierten Lösungen geht: Warum halten noch immer so viele Maschinenbauer komplett an klassischen Feldbussystemen fest und gehen diesen Trend noch nicht mit?

Nehmen wir ein Beispiel: Sie möchten Profibus ersetzen durch Profinet. Das machen ja schon einige und das hat auch seinen Sinn. Warum so viele trotzdem noch ältere Technologien einsetzen, liegt, glaube ich, unter anderem auch daran, dass man an dem Maschinenkonzept, das sich über Jahre bewährt hat, nicht so ohne Not etwas ändern will. Man setzt seit Jahren bewährte Komponenten ein – nicht nur die Steuerung selbst, sondern auch EA-Module und entsprechende Sensorik, die da dranhängt – Komponenten also, die die entsprechenden Schnittstellen integriert haben. Diese zu ersetzen durch andere Komponenten mit einer anderen Feldbusschnittstelle, birgt natürlich immer ein gewisses Risiko. Ich habe schon den Eindruck, dass das bei vielen Unternehmen mit einem sehr großen Aufwand verbunden ist oder zumindest so wahrgenommen wird, wenn man darüber nachdenkt, diese Technologie umzustellen.

Wenn man davon ausgeht, dass man auch in Zukunft beide Systeme miteinander kombinieren wird: Wie behält man hier als Maschinenbauer oder Betreiber bei der zunehmenden Komplexität der Technologien noch den Überblick?

Guter Punkt. Ich glaube, das ist im Moment für die Maschinenbauer ein ganz großes Thema, und genau da liegt die Herausforderung. Hier benötigt man gute Kommunikationsknoten, denn es ist ja nicht so, dass man die Daten, die ganz unten im Feld eingesammelt werden, oben nicht bräuchte. Industrie 4.0 kommt so oder so – und das wiederum heißt, dass die Daten schon durch die einzelnen Ebenen durchgeleitet oder auch über einen direkten Weg an den Ebenen vorbei bis nach oben in die IoT-Welt gebracht werden müssen. Und hier sind die entsprechenden Multiprotokoll-fähigen Kommunikationsknoten und Komponenten gefragt, die in der Lage sind, die verschiedenen Sprachen der Feldbusse zu sprechen und diese entsprechend durchzurouten. Mit Kommunikationsknoten meine ich vor allem Gateways – Gateways von der Aktor-Sensor-Ebene hoch in die Steuerungsebene. Und auch die Steuerungen selbst fungieren häufig als Gateway.

Sie müssen wissen: Die Datenmengen, die übertragen und verarbeitet werden, nehmen im Zuge von Industrie 4.0 massiv zu. Hier wird nicht nur die Performance des Bussystems eine entscheidende Rolle spielen, sondern auch die der einzelnen Komponenten, die an der Kommunikation beteiligt sind. Auch Gateways und Steuerungen müssen schließlich mit diesen Datenmengen klarkommen. Ihre Komponenten entsprechend fit zu machen für diese Datenmengen, ist deshalb auch eine Herausforderung, die vor den Komponentenherstellern liegt. Ich denke, dass hier gerade auch OPC UA ein sehr guter Standard für Industrie-4.0-Anforderungen ist. Ob er der einzige Standard bleiben oder ob es noch andere Standards geben wird, das vermag ich jetzt noch nicht zu beurteilen. Wir haben OPC UA mittlerweile aber auch schon in unseren Geräten eingebaut.

Bihl + Wiedemann auf der Hannover Messe 2018

„Häufig stehen Maschinenbauer in der Praxis vor der Frage: Wie bekomme ich die Daten jetzt eigentlich an die Stelle, wo ich sie brauche?“, sagt Johanna Schüßler. Auf der Hannover Messe 2018 stellt Bihl + Wiedemann deshalb ein neues AS-i-3.0-Ethernet-IP- + -Modbus-TCP- + -OPC-UA-Gateway mit integriertem Sicherheitsmonitor und zwei AS-i-Mastern vor. Schüßler erklärt: „Safe für die nächsten fünf Jahre – das war eine Vorgabe bei der Entwicklung unserer neuen AS-i-Gateway-Plattform mit OPC UA. Deshalb haben die neuen Geräte jetzt nicht nur eine universelle Schnittstelle für den Datendurchgriff über alle Automatisierungs-, IT-, MES- und ERP-Ebenen bis in die Cloud, sondern verfügen im Vergleich zu den Gateways der ersten Generation auch über eine um den Faktor 100 verbesserte Rechenleistung.“

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