Geht es dem Maschinen- und Anlagenbau gut, floriert auch das Geschäft der Gehäuse- und Schaltschränkehersteller. Denn wenn es dort brummt, werden eine Menge einzuhäusender Elektrik und Elektronik gebraucht. Trotz zunehmender Verlagerung der Intelligenz in „smarte“ Komponenten ist der Bedarf an schützenden Hüllen ungebrochen.

Unangefochtene Nummer 1 der Branche ist die Rittal mit etwa 10.000 Mitarbeitern. Der Schaltschränke-Spezialist aus Herborn vermeldet zuletzt zwar starke Schwankungen in der Branche, vor allem beim Auftragseingang; allerdings „ist die wirtschaftliche Entwicklung im Maschinen und Anlagenbau von Branche zu Branche sehr unterschiedlich“, sagt Uwe Scharf. Vergleichsweise „recht ordentlich“ laufe es konjunkturell in Deutschland, stellt der Geschäftsbereichsleiter Produktmanagement fest.

Unterschiedlichste Einflussfaktoren

Horst Kalla,
„Durchgängig verfügbare Datenmodelle sind die Grundpfeiler der digitalen Produktion“, so Horst Kalla, Fachpressereferent bei Weidmüller. (Bild: Weidmüller)

Generell sollte man sich jedoch nicht zu sehr auf die konjunkturellen Befindlichkeiten einzelner Branchen kaprizieren. Wichtiger sei, was der Kunde erwartet und welche technologischen Veränderungen und Herausforderungen es gibt, „die wir selbst mit Produkten und Leistungen beeinflussen können.“

Eher regionale als branchenspezifische Unterschiede sieht Horst Kalla, Fachpressereferent bei Weidmüller Interface aus Detmold. „Wirtschaftlich ist Weidmüller auch im Jahr 2016 auf einem guten Weg – obwohl die Entwicklung in Asien und Südamerika derzeit nicht positiv zum Umsatz beiträgt“, so sein Statement.

Fest steht: Allenthalben wächst der Druck auf die Gesamtkosten im Umfeld der produzierenden Industrie. Der Schaltschrankbau sei dafür ein besonders prägnantes Beispiel, wie Christian Großmann, Projektleiter in der Technologieentwicklung bei der Phoenix Contact beschreibt. Der Prozesskosten-Anteil sei besonders hoch: Bislang prägten eine werkstattorientierte Fertigung, hoher Personaleinsatz, geringe Automation und wenig Lean-Methoden, eine unzureichende IT-Integration, fehlender „Fluss“ in der Produktion sowie nicht vorhandene Skaleneffekte den Schaltschrankbau. „Hier lässt sich ansetzen, um die Wirtschaftlichkeit zu verbessern“, ist Großmann überzeugt.

Phoenix Contact hat deshalb das Konzept ClipX entwickelt, das die Themen IT-Einbindung, Lean Design, Lean Manufacturing und Process Automation fokussiert. „Neben optimaler Produkte und Lieferzeiten ist jeder Prozess individuell zu bewerten und es müssen Lösungen für das optimale Zusammenspiel dieser Themen gefunden werden“, empfiehlt Großmann.

Einzigartige Gehäuse bevorzugt

Nils-Peter Halm,
Via Cloud-Anbindung bietet Pfannenberg eine vorausschauende Wartung, „bei der ein Ausfall der Klimageräte vorhergesagt, ein Serviceeinsatz vor dem Ausfall organisiert und damit die Verfügbarkeit der Kundenanlagen deutlich erhöht werden kann", sagt Nils-Peter Halm, technischer Geschäftsführer. (Bild: Pfannenberg)

Individualität ist in der Brache heute gefragt. Komplettlösungen und der dazugehörige Service sind das Erfolgsrezept bei Pfannenberg, Hamburg, einem Anbieter für Kühlungen von Schaltschränken. „Damit sind wir auch weiterhin in Deutschland konkurrenzfähig, auch gegen einen wachsenden Wettbewerb aus dem Ausland“, erklärt Nils-Peter Halm, Technischer Geschäftsführer der Pfannenberg Group Holding. „Das Anbieten solcher Lösungen, die praktisch in sich immer eine kundenspezifische Lösung darstellen, sind für uns eine große Chance.“

Am radikalsten geht jedoch die Mentec aus München die Individualisierung an. Statt zumindest standardisierter Basis gibt es ausschließlich kundenindividuelle Gehäuse. Und die Nachfrage boomt, wie Mentec-Gründer und -Chef Christoph Menzel erklärt. Aktuell sieht er „die wirtschaftliche Entwicklung als sehr positiv an“.

Möglich macht diese strikt kundenspezifische Fertigung das von Mentec verwendete K-Box-Verfahren, einer Kombination aus CNC-Frästechnologie und Biegetechnik aus Kunststoffplatten ohne Werkzeuge und damit verbundene Kosten. Dabei werden auch Bohrungen, Ausbrüche, Taschenfräsungen und Lüftungsschlitze direkt eingebracht, was bei kleinen bis mittleren Stückzahlen enorme Werkzeugkosten spart. Die Montage erfolgt über eine spezielle Nut-Feder-Verbindung, zum Schluss werden die Teile mit einem speziellen Lösungsmittel kaltverschweißt. Aber auch Edelstahl und Aluminium lassen sich integrieren.

Dabei spielt das Design eine nicht unerhebliche Rolle, wie Menzel weiß. „Wir hören von Kunden, dass ihre Produkte von Konkurrenten kopiert werden, indem diese die gleichen Standardschränke bestimmter Hersteller verwenden; sie wollen sich durch weniger leicht nachzuahmende Standardgehäuse differenzieren.“

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