Montage von Gehäusen,
Klippon Protect heißt ein Gehäuse-Programm von Weidmüller: Das Angebot umfasst sowohl nach Kundenvorgaben assemblierte als auch nicht assemblierte Gehäuse aus elektropoliertem Edelstahl, pulverbeschichtetem Aluminium oder aus glasfaserverstärktem Polyester. (Bild: Weidmüller)

Auch im Schaltschrankbau halten Digitalisierung und Industrie 4.0 Einzug. Generell gewinnen digitale Informationen bei der Produktentstehung an Bedeutung. Das reicht von der Produktauswahl über die Projektierung und Erstellung eines virtuellen Prototyps bis hin zur automatisierten Fertigung und Installation: „Durchgängig verfügbare Datenmodelle sind die Grundpfeiler der digitalen Produktion“, erklärt Horst Kalla von Weidmüller.

Voraussetzung sind standardisierte Schnittstellen zwischen virtuellen Produktdaten und den miteinander vernetzten Engineering-Tools und Product-Lifecycle-Management-Systemen. Ein Beispiel ist der Weidmüller Configurator: Die webbasierte Softwarelösung soll Auswahl, Projektierung und Bestellung von Tragschienenkomponenten beschleunigen und die Effizienz im Engineering-Prozess steigern.

Kalla führt aus: „Die Produktdaten aus der Configurator-Software sind voll integrierbar in alle gängigen Engineering-Systeme wie ePlan P8 oder Zuken E3.“ Die hohe Detailtreue bei der Tragschienenbestückung steigere die Planungsqualität gegenüber ECAD-Systemen. Für den Schaltschrankbau stehen 3D-Modelle zur Verfügung. „Die vollständige Datentransparenz und -verfügbarkeit in allen Prozessschritten sorgt für die Realisierung von Industrie 4.0 im zukünftigen Schaltschrankbau“, fährt er fort.

In den Datenfluss für Industrie 4.0 klinkt sich auch die Schaltschrank-Peripherie ein, wie das Beispiel Pfannenberg zeigt. Nils-Peter Halm berichtet: „Bereits heute könne unsere Kunden unsere neueste Generation Klimageräte mit einer geeigneten Schnittstelle kaufen.“ So lassen sich die Geräte über eine GSM-Verbindung mit einer webbasierten „Cloud“-Anwendung verbinden und dort verschiedene Betriebsparameter des Gerätes beobachten. Das ermöglicht Pfannenberg auch neue Dienstleistungen wie eine vorausschauende Wartung, „bei der ein Ausfall der Klimageräte vorhergesagt, ein Serviceeinsatz vor dem Ausfall organisiert und damit die Verfügbarkeit der Kundenanlagen deutlich erhöht werden kann“.

Branche im Wandel

Christoph Großmann,
„Seit etwa fünf bis sieben Jahren zeigt sich insbesondere im Bereich der Planung und Fertigung viel Bewegung", berichtet Christoph Großmann, Projektleiter Technologieentwicklung bei Phoenix Contact. (Bild: Phoenix Contact)

Auch Phoenix-Mitarbeiter Christoph Großmann sieht die Branche des Schaltschrankbaus einem starken Wandel unterworfen: „In den vergangenen Jahrzehnten hat sich eine Menge im Bereich der Produkte und Produktinnovationen getan, der Prozess der Erstellung und des Aufbaus stagnierte jedoch weitgehend. Aber seit etwa fünf bis sieben Jahren zeigt sich insbesondere im Bereich der Planung und Fertigung viel Bewegung.“ So sei insbesondere der Bereich des Engineerings heutzutage durch Datendurchgängigkeit geprägt. „Die verschiedenen Disziplinen im Bereich des Engineerings wachsen zusammen und die Systeme bieten optimale Vorbereitungen für die nachfolgenden Fertigungsschritte wie Routing, 3D-Daten und dies mittlerweile in offenen Formaten wie AutomationML.“

Möglich mache dies eine zunehmend vollständig digitale Produktbeschreibung, die wiederum die wiederum die Grundlage für eine vollständige digitale Abbildung des Schaltschrankes bildet. Darin „bedarfsgerecht und standardisiert“ enthalten sind die für alle beteiligten Disziplinen notwendigen Informationen.

Diesen Wandel bestätigt auch Uwe Scharf von Rittal: „Kann der Schaltanlagenbauer von der Planung bis hin zum fertigen Produkt auf einen durchgängigen Datenfluss zugreifen, so lassen sich Fehler schon im Vorfeld vermeiden“, sagt er.

Ein Beispiel: Platziert das Engineering einen Frequenzumrichter, so weiß die Fertigungsmaschine automatisch, wo Bohrungen, Gewinde und Verkabelungen im Schaltschrank angebracht werden müssen. Außerdem lassen sich mögliche Fehlerquellen wie Kollisionen oder Hotspots früh erkennen. „Es erfolgt eine Verknüpfung der früher unabhängigen Prozesse Engineering, Produkte und Werkstatt“, erklärt Scharf. Rittal biete mit seiner Tochter Eplan eine Lösung über die komplette Wertschöpfungskette an – kurz: „Steuerungs- und Schaltschrankbau 4.0“.

Vernetzte Produktion im Schaltschrankbau

Ein durchgängig virtuelles Engineering für Industrie 4.0 haben sich Eplan, Rittal und Phoenix Contact auf die Fahnen geschrieben. Auf der letzten Hannover-Messe im April 2016 zeigten die drei Unternehmen an fünf Stationen einen automatisierten Prozess. Am Beispiel eines Schaltschranks wurden Engineering-Daten aus einer ganzheitlichen, virtuellen Produktbeschreibung über standardisierte Datenaustauschformate wie AutomationML in den Herstellungsprozess übertragen. Durch AutomationML lassen sich auch Automationstechnologien wie Werkzeugmaschinen, Bohr- und Fräscenter in die digital gestützten Fertigungsprozesse einer Industrie 4.0 integrieren. Die Smart Wiring Application von Eplan unterstützt zudem die manuellen Prozesse bei der Verdrahtung eines Schaltschranks vollständig durch digitale Daten. Das Data Portal des Anbieters als Backbone und das PLM/PDM als zentrales Strukturelement sorgen für einen komplett digitalisierten Produktentstehungsprozess.

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