Stift und Klemmbrett: So läuft seit Jahrzehnten die Wertstromanalyse ab.

Stift und Klemmbrett: So läuft seit Jahrzehnten die Wertstromanalyse ab. Nun soll sie in digitale Zeitalter überführt werden. (Bild: Rainer Bez, Heike Quosdorf Universität Stuttgart IFF/Fraunhofer IPA)

In Zeiten von Industrie 4.0 und künstlicher Intelligenz wirkt die klassische Wertstromanalyse wie ein Relikt aus längst vergangenen Tagen. Seit über 40 Jahren läuft sie gleich ab und ist bis heute zutiefst analog: Ein externer Dienstleister oder eine interne Planungsingenieurin schreitet mit Klemmbrett und Stoppuhr sämtliche Stationen der Produktion ab, befragt Mitarbeitende und misst, wie lange welcher Arbeitsschritt dauert.

Aus diesen Notizen entsteht dann von Hand eine Gesamtübersicht, die das Zusammenspiel aller Produktionsprozesse auf einem DIN-A3-Blatt darstellt. Denn erst, wenn der Ist-Zustand der Produktion bis ins Detail bekannt ist, offenbart sich, an welchen Stellen die Prozesse optimiert oder automatisiert werden können.

Selten mehr als einmal pro Jahr

"Im Grunde ist die Wertstromanalyse nichts weiter als eine Momentaufnahme und die allermeisten Unternehmen betreiben diesen Aufwand allenfalls einmal jährlich", gibt Markus Böhm von Abteilung Fabrikplanung und Produktionsmanagement am Fraunhofer IPA zu bedenken. Doch das Produktionssystem wandelt sich im Verlauf eines Jahres oft mehrfach: Neue Produkte werden gefertigt, dafür andere Rohstoffe als bisher verarbeitet und vielleicht zusätzliche Maschinen angeschafft. Optimierungspotenziale bleiben also lange unentdeckt.

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Woher kommen die Daten für die Wertstromanalyse?

Das Sammeln der Daten und das Anfertigen der Gesamtübersicht könnte schon bald sehr viel weniger Zeit verschlingen. Denn ein Forschungsteam um Böhm arbeitet zusammen mit der iFAKT GmbH an einer Software, die künftig sämtliche Produktionsdaten automatisiert und nahezu in Echtzeit aus dem Enterprise-Resource-Planning-System (ERP-System) und anderen verfügbaren Datenquellen abfragen und übersichtlich darstellen soll.

Allerdings sind Datenbanken wie das ERP-System in der Praxis oft ungenau oder unvollständig. Deshalb werten die Forschenden zusätzlich auch Maschinendaten aus – soweit diese verfügbar sind. Als dritte Quelle nutzt das Forschungsteam daher beispielsweise Ortungssensoren an Kleinladungsträgern mit und kann dann in Echtzeit mitverfolgen, welche Stationen ein Kundenauftrag in der Montage durchläuft und wie lange er dort bearbeitet wird.

Apps veranschaulichen die gewonnenen Erkenntnisse

Alle Vorkommnisse, die sich während einer Auftragsbearbeitung ereignen, sind in der digitalen Wertstromanalyse als sogenannte Datenpunkte repräsentiert. Aus diesen Datenpunkten berechnen Apps Kennzahlen. Fällt etwa bei einem Prozessschritt eine Maschine aus, so machen diese Apps Angaben über den genauen Zeitpunkt und die Dauer der Störung. Zudem liefern sie auch Informationen darüber, wie häufig die betroffene Maschine ausfällt oder zu welchem prozentualen Anteil der Prozess fehlerfrei abläuft. Diese Angaben veranschaulichen die Apps in Form von Tabellen und Diagrammen.

"Es bleibt aber erstmal Aufgabe eines professionellen Produktionsplaners, die Wertstromanalyse zu interpretieren und geeignete Maßnahmen abzuleiten", sagt Böhm. Die Apps machen bisher keine Vorschläge. Langfristig könnte die Optimierung der Produktionsprozesse aber auch automatisch von einer Software veranlasst werden.

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