In Form von Industrie 4.0 hält das Internet der Dinge auch in der Produktion Einzug: In zunehmend vernetzen Systemen, in denen immer mehr Komponenten kommunikationsfähig sind, fallen immer mehr Daten an. Das gilt auch in der Pharma- und Medizintechnik. Dank Big Data wird Produktion immer intelligenter, bis hin zur Smart Factory.

Die Kunst besteht darin, aus den Datenmassen die richtigen Informationen zu ermitteln, zu analysieren und daraus Erkenntnisse zu ziehen. Ziel eines solchen intelligenten Datenmanagements (Smart Data Management) ist es, im Sinne von Site Operational Excellence die Anlage optimal und damit zukunftsfähig zu gestalten.

Dabei hat sich Overall Equipment Effectiveness industrieübergreifend zu einem deutlichen Trend entwickelt, so auch im Bereich Life Science. Dazu tragen vor allem eine optimierte Anlagenauslastung und Produktivität bei. Maßgeblich hierfür sind Manufacturing Execution Systeme (MES) und Enterprise Resource Planning (ERP).

Schnittstelle MES-Interface

Über Schnittstellen wie dem MES-Interface von Mitsubishi Electric lassen sich Daten schnell und einfach in der gesamten Anlage auf Werkebene erfassen und an übergeordnete MES- oder ERP-Systeme der Leitebene zur weiteren Auswertung und Analyse übertragen. Basierend auf den Ergebnissen kann die Gesamtanlageneffektivität gezielt optimiert werden. Ein Gateway-PC zur Übertragung der Daten ist nicht nötig. Das MES-Interface basiert auf der MELSEC System Q SPS von Mitsubishi Electric, ist jedoch kompatibel mit Steuerungsplattformen unterschiedlicher Hersteller. Die Inbetriebnahmezeit des MES-Interface durch einen Anlagentechniker beträgt lediglich 15 Minuten.

Im Zuge der Anlagenoptimierung über OEE ist auch ein effektives Asset Lifecycle Management nötig, um die Lebenszykluskosten der Investitionsgüter zu minimieren. Das umfasst nicht nur die Bereitstellungskosten, sondern auch die Folgekosten über den gesamten Lebenszyklus, zum Beispiel für Betrieb, Instandhaltung, vorausschauende Wartung sowie Umbauten und Entsorgung.

Voraussetzung hierfür ist eine umfassende Transparenz, die sich durch umfangreiche Datenerfassung und -analyse über die durchgehende Vernetzung aller Komponenten erreichen lässt. Strategien zur Kostenkontrolle betrachten außerdem eine kompaktere Bauweise, kürzere Produktionszyklen und deutlich minimierten Ausschuss. Automatisierungstechnologien unterstützen diese Ansätze maßgeblich. Vor allem Robotertechnik findet wird in diesem Zusammenhang zunehmend genutzt.

Robotik auf dem Vormarsch

Roboter bringen Flexibilität und Effektivität in die Produktion. In der Pharma- und Medizintechnik übernehmen sie deswegen immer häufiger Handling-Aufgaben. Mitsubishi-Electric-Roboter beispielsweise kommen vor allem im Assembling von Komponenten und im sogenannten Secondary Packaging zum Einsatz, also dem Verpacken von unter höchsten Reinraumbedingungen vorverpackten Produkten, wie etwa befüllte Spritzen und Pillen- oder Tabletten-Blister, die in Folie oder Kartonage eingesetzt werden.

Oxygenatoren von Maquet Cardiopulmonary,
Der deutsche Medizintechnikhersteller Maquet Cardiopulmonary nutzt SCARA- und Knickarmroboter von Mitsubishi Electric beim Assembling von Oxygenatoren. (Bild: Maquet Cardiopulmonary)

Der deutsche Medizintechnikhersteller Maquet Cardiopulmonary nutzt beispielsweise SCARA- und Knickarmroboter von Mitsubishi Electric beim Assembling von Oxygenatoren. Die Hauptkomponente von Herz-Lungen-Maschinen übernimmt den Gasaustausch der Lunge bei der maschinellen Atmung. Als Einmalprodukte konzipiert, spielen Produktionskosten eine wichtige Rolle.

Die roboterunterstützte Fertigung ermöglicht eine entsprechende Kosteneffizienz. Auswahlkriterien waren eine hohe Flexibilität, eine einfache Handhabung und die Möglichkeit zur kurzfristigen Programmanpassungen zwecks Optimierung der Arbeitsabläufe. Außerdem findet die Produktion unter Reinraumbedingungen der ISO-Klasse 7 bis 8 statt. Die MELFA Roboter erfüllen alle Anforderungen.

Roboter entlasten den Menschen, der sich dadurch wertschöpfenden Aufgaben zuwenden kann. Zum Beispiel übernehmen Mitsubishi Electric Roboter das Handling von Stammzellen, eine für den Mitarbeiter monotone und körperlich anstrenge Tätigkeit am Mikroskop-Arbeitsplatz. Dabei arbeiten sie mit größer Vorsicht und Präzision mindestens genauso effizient wie der Mensch und erfüllen die nötige Reinraumklasse. Auch in der Qualitätskontrolle sind vermehrt Roboter zu finden. Über ein Visionsystem am Roboterarm lässt sich unter anderem die Unversehrtheit der Verpackung prüfen.

Robotergestützte Handling-Lösungen

Insbesondere im Reinraum ist der verfügbare Platz ein teures Gut. Herstellung und Unterhaltung dieser hygienisch extrem hochwertigen Anlagen ist sehr kostspielig. Umso wichtiger sind kompakte Komponenten, denn entsprechend platzsparend ist letztlich die Maschine.

Komponenten wie SCARA-, Doppelarm-SCARA- und Knickarmroboter oder Controller und Servoantriebe zeichnen sich durch eine besonders raumsparende Bauart aus und bieten flexible Einsatzmöglichkeiten auch auf engstem Raum. Eine einfache Handhabung ermöglicht die schnelle Integration, Inbetriebnahme und Anpassung.

MRT-Zellen mit berkopf-Knickarmroboter von Mitsubishi Electric,
Die Lösung zum Zuführen und Verpacken befüllter Vials besteht aus zwei MRT-Zellen mit je einem kompakten Überkopf-Knickarmroboter von Mitsubishi Electric und einer Förderlinie mit acht Positionierschnecken, angetrieben von Mitsubishi Electric Servomotoren. (Bild: Robotronic)

Ein Beispiel für eine hochkompakte Handling-Lösung stammt vom Unternehmen Robotronic. Deren Kunde, ein Lohnverpacker eines internationalen Pharmakonzerns, suchte nach einer Secondary-Packaging-Möglichkeit zum Zuführen und Verpacken von befüllten Vials in unterschiedlichen Größen. Die Lösung sollte in eine bereits bestehende Anlage integriert werden, der zur Verfügung stehende Platz war also sehr begrenzt.

Mit dem Baukastenprinzip der modularen Robotertechnik (MRT) von Robotronic ist eine besonders flexible Bauweise realisierbar. Dabei misst das Basismodul der MRT-Zelle eine Grundfläche von gerade einmal einen mal 1,30 Metern und ist etwa 2,20 Meter hoch. Damit lassen sich auch minimale Platzanforderungen erfüllen. Die Lösung nach Reinraumklasse gemäß GMP Norm Level D besteht aus zwei MRT-Zellen mit je einem kompakten Überkopf-Knickarmroboter von Mitsubishi Electric und einer Förderlinie mit acht Positionierschnecken, angetrieben von Mitsubishi Electric Servomotoren. Per Vakuumgreifer setzen die Roboter die Vials mit einer Verarbeitungsgeschwindigkeit von 300 Stück pro Minute in bereitstehende Blister.

Roboter mit Vakuumgreifer,
Per Vakuumgreifer setzen die Roboter die Vials mit einer Verarbeitungsgeschwindigkeit von 300 Stück pro Minute in bereitstehende Blister. (Bild: Robotronic)

Ein Vorteil einer robotergestützten Fertigung ist eine hohe Taktung bei hoher Präzision. So lässt sich die Effizienz der Linie steigern. Ein weiteres Anwendungsbeispiel von Robotronic: Für einen internationalen Pharmakonzern mit Sitz in Deutschland hat der Maschinenbauer ein Handling-Modul für die Zuführung von Fertigspritzen in die Endverpackungsanlage realisiert.

Die Lösung ermöglicht das einfache Umrüsten zwischen verschiedenen Spritzenträgern und -formaten. Sie basiert ebenfalls auf einer MRT-Zelle mit zwei Mitsubishi Electric Überkopf-Knickarmrobotern. Wettbewerbsprodukte benötigen im Vergleich zur kompakten MRT-Zelle drei- bis viermal so viel Platz. 400 Spritzen pro Minute kann die Maschine in die Entleerungsschiene eintakten. Maximal lassen sich mit dieser Lösung bis zu 600 Stück pro Minute verarbeiten. Dabei erfüllt sie Reinraumanforderungen nach GMP Norm Level D.

Hygiene in Reinraumsystemen

Mit zunehmendem Einsatz von Automatisierungstechnologien, allem voran Roboter, in der Pharma- und Medizintechnik steigt die Nachfrage nach Systemen, die die hohen Reinraumanforderungen erfüllen. Dabei ist es genauso wichtig, dass sich die Anlage bei Produktionswechsel ohne Aufwand reinigen lässt. Das bedeutet auch, dass es möglich sein muss, die Komponenten am Platz im Reinraum ohne Demontage zu säubern. Das heißt sie müssen CIP-fähig sein (englisch Cleaning in Place, kurz CIP). Dabei werden entsprechend aggressive Chemikalien verwendet, in der Regel Wasserstoffperoxid (H2O2), zuzüglich anschließender Sterilisierung.

Mitsubishi Electric bietet seinen Kunden deshalb Modelle der neuen Robotergeneration der F-Serie auch in einer Multi-Resistant-Ausführung an, die für eine regelmäßige CIP-Reinigung mit H2O2 in der Anlage freigegeben sind. Je nach Typ erfüllen MELFA Roboter bei Bedarf sogar Reinraumklasse ISO 3 beziehungsweise ISO 5 und sind IP54 bis IP67 staub- und spritzwassergeschützt.

MRT-Zelle,
400 Spritzen pro Minute kann die Lösung in die Entleerungsschiene eintakten. Marktübliche Produkte benötigen im Vergleich zur kompakten MRT-Zelle drei- bis viermal so viel Platz. (Bild: Robotronic)

Fazit

Mit Automatisierung lassen sich Anlagen zukunftsfähig gestalten, auch im Bereich Life Science. Insbesondere Robotertechnik ermöglicht eine flexible und effiziente Fertigung auf kleinstem Raum – unter Beachtung der erforderlichen Reinraumklasse.

Ziel eines jeden Produzenten ist es, die Gesamtanlageneffektivität zu optimieren. Dazu bietet die zunehmend vernetzte Fertigung viele Wege. Mit der einhergehenden Effizienzsteigerung lässt sich nicht zuletzt der ROI verbessern.

hei

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