Die präventive Diagnose hat bei BMW auch deshalb einen so hohen Stellenwert, da erkannt wurde, dass junge Menschen durch die vermehrte Nutzung von Car-Sharing-Diensten übliche Tätigkeiten wie Tanken, Öl-Check oder Reifenwechseln nicht mehr durchführen.

Um keinen Schaden am Fahrzeug und damit den Unmut des Kunden zu riskieren, sieht sich der Hersteller in die Pflicht genommen, Fahrzeugfunktionen verstärkt zu überwachen. Die Datenanalyse soll zum Grundpfeiler für zukünftige Entwicklungen im Konzern werde. Dazu sollen die Daten allen Abteilungen bereitgestellt werden. In Zukunft werden bei BMW sicherlich vermehrt Datenwissenschaftler gesucht.

Weitere Trends, die zu starkem Datenwachstum beitragen, sind für BMW die Elektromobilität und autonomes Fahren sowie noch stärkere Individualisierung über Mobilitätsdienste. In München ist man sich bewusst, dass dem Kunden gegenüber transparent gemacht werden muss, welche Daten gespeichert und wie sie verwendet werden. Gleichzeitig steht das Angebot an Partnern und Firmen aus der Industrie, die gesammelten Daten – gegen einen entsprechenden Obolus – zur Nutzung zur Verfügung zu stellen.

Die Zusammenarbeit von Bosch und TomTom in Sachen Assistenzsysteme (Video: Bosch Mobility Solutions)

Der Marktführer bei Navigationslösungen TomTom hat ein entscheidendes Ziel bereits erreicht. Viele seiner Nutzer liefern freiwillig Echtzeitdaten über ihren aktuellen Aufenthalt, die Geschwindigkeit und über den Zustand von Straßen. Durch die Kombination von Makrodaten wie Straßen- und Umgebungsinformation mit Mikrodaten der einzelnen Fahrzeuge lässt sich eine höhere Granularität für Navigationsdienstleistungen erhalten.

Seit 2011 sind die erfassten Daten exponentiell gestiegen und bieten TomTom die Möglichkeit, genauere Aussagen über den Verkehrsfluss zu machen und damit auch eine bessere Routenplanung zu liefern. Aktuell erhält TomTom von gut 400 Millionen Fahrern weltweit aus fahrzeugseitig verbauten Infotainment- und nachrüstbaren Navigationssystemen, aber auch Handy-Apps und Flottenlösungen etwa zehn Milliarden Datenpunkte pro Tag. Seit 2007 sind so rund 13 Billionen an Daten aufgelaufen.

Der Schlüssel zum autonomen Fahren

Akkurate Kartendaten sind eine der Schlüsseltechnologien für Assistenzsysteme und autonomes Fahren. Das zeigen besonders zwei große Ereignisse der Branche: Im Juli ging Boschs größter Unternehmensbereich Mobility Solutions mit TomTom eine Kooperation ein, um gemeinsam Lösungen für autonomes Fahren zu entwickeln. Anfang August wurde bestätigt, dass die drei deutschen Premiumhersteller Audi, BMW und Daimler gemeinsam 2,8 Milliarden Euro auf den Tisch legen, um Nokia den Kartendienst Here zu gleichen Teilen abzukaufen.

Die automobile Troika stemmt sich damit Google und dem mit Venture Capital vollgepumpten und umstrittenen Fahrdienstanbieter Uber entgegen. Letzterer hatte ebenfalls massiv Interesse gezeigt. Die Kartendienst-Lösungen sollen nach dem Kauf weiterhin allen Kunden zur Verfügung stehen, heißt es von Heres Geschäftsführer, einem ehemalige TomTom Manager. Die Welt ist klein.

Dass solche Ereignisse Google nicht wirklich erschüttern, zeigt deren Weitblick. Denn wie vor kurzem bekannt wurde, hat der Internet-Gigant bereits 2011 heimlich die Konzerntochter Google Auto gegründet, deren Geschäftsführer der Robotikspezialist und für Googles selbstfahrende Autos verantwortliche Projektleiter Chris Urmson ist.

Offiziell wird immer noch nach Partnern aus der konventionellen Herstellerriege gesucht. Darauf angewiesen will Google jedoch nicht sein. Apple hingegen soll jüngsten Gerüchten zufolge an der Karosserie des BMW i3 interessiert sein und sich in intensiven Kooperationsgesprächen mit München befinden.

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