Dr. Bruno Lindl ist Geschäftsführer Forschung und Entwicklung der Ebm-Papst Gruppe.

Dr. Bruno Lindl ist Geschäftsführer Forschung und Entwicklung der Ebm-Papst Gruppe. ebm-papst (Bild: ebm-papst)

Ventilatoren, Energieeffizienz und Industrie 4.0 – über die Entwicklungen der Zukunft sprach Dr. Bruno Lindl, Geschäftsführer Forschung und Entwicklung der Ebm-Papst Gruppe.

 

1. Herr Dr. Lindl, auf welchen Gebieten sehen Sie in Zukunft wichtige Entwicklungen in der Ventilatorentechnik? Was wird dort passieren?

Unser Ziel ist es, die Erhöhung der Leistungsdichte bei den Motoren weiter voranzutreiben und dabei die hohen Wirkungsgrade von bis zu 90 Prozent zu erhalten. Damit werden wir in jedem Fall unserem Entwicklungsgrundsatz GreenTech gerecht. Schon Gerhard Sturm hat bei unserer Unternehmensgründung 1963 das bis heute gültige Prinzip geprägt: „Jedes Produkt, das wir neu entwickeln, muss seinen Vorgänger ökonomisch und ökologisch übertreffen.” Auch wenn die Wirkungsgrade der Motoren heute schon sehr hoch sind, werden sich in den kommenden Jahren insbesondere bei der Aerodynamik durch neue Geometrien und Werkstoffe weitere Verbesserungen erreichen lassen.

2. Welche Potentiale gibt es speziell auf dem Gebiet der Aeroakustik und Aerodynamik?

Hierbei gilt es vor allem die Einbausituation in unterschiedlichen Kundengeräten zu berücksichtigen. Nur ein grundlegendes Verständnis der Wirkweise von Ventilatoren im eingebauten Zustand führt zu optimalen Ergebnissen. Was Geräuschentwicklung und Wirkungsgrad betrifft, gibt es in der Laufradentwicklung die größten Potentiale.

3. Stichwort Industrie 4.0: ebm-papst stellt Industrie-4.0-fähige Produkte her. Wie können hiervon die Kunden profitieren?

Die treibende Komponente der Gebäudetechnik sind nun mal Ventilatoren. Die Gebäudeleittechnik verknüpft Heizung, Klima- und Lüftungstechnik miteinander. Dazu müssen alle Komponenten miteinander kommunizieren und einen vernetzten Informationsaustausch ermöglichen. Konkret heißt das, dass in der Schnittstelle nicht nur Informationen empfangen, sondern z. B. Betriebsstatus, Laufzeit, Störungs- und Notlaufmeldungen aktiv an andere Komponenten im System gesendet werden und eine Reaktion auslösen. Dadurch können die Kosten für Betrieb und Wartung deutlich gesenkt werden, was bares Geld für unsere Kunden bedeutet. Auch in unserer eigenen Produktion setzen wir Industrie 4.0-Prozesse ein und optimieren so den Produktionsablauf und die Logistik. So gelten wir bereits seit 2009 als Vorzeigeunternehmen für SAP ME, einem Softwarebaustein, der die Maschinen- und Anlagenproduktivität steuert und hilft, Durchlaufzeiten zu verkürzen.

4. Mit rund 6 Prozent des Gruppenumsatzes liegt die Investitionsquote in Forschung und Entwicklung weiterhin deutlich über dem im Branchenvergleich üblichen Durchschnitt. Was sind die herausragenden Investitionen?

Unsere strategische Ausrichtung ist Technologieführerschaft. Neben sehr gut ausgebildeten Naturwissenschaftlern und Ingenieuren investieren wir intensiv in Simulationswerkzeuge und Mess- und Testlabore. Der Ausbau unserer F&E-Standorte in China und USA wurde ebenfalls intensiv vorangetrieben – mit entsprechenden finanziellen Aufwendungen. Aktuell planen wir die Gründung eines Forschungsinstituts für elektrische Antriebe am Campus Künzelsau der Hochschule Heilbronn.

5. Simulationswerkzeuge sind in der modernen Entwicklungsarbeit nicht wegzudenken. Welche Simulationswerkzeuge kommen bei Ebm-Papst zum Einsatz?

In den Bereichen Aerodynamik, Motortechnik und Elektronik setzen wir unterschiedliche Simulationswerkzeuge ein. Zum einen um die Entwicklungszeit zu verkürzen und zum anderen zeigen diese Methoden technologische Potentiale auf, die sonst verborgen blieben. Beispiele sind: Die Finite-Elemente-Simulation, die mechanische Festigkeit, statisch und dynamisch, von Gehäuse und Motor berechnet. Die CFD-Simulation (computational fluid dynamics) – damit werden aerodynamische Eigenschaften von Laufrädern errechnet. Der RadiCal, ein Radialventilator für viele Anwendungen in der Luft- und Klimatechnik, beispielsweise bei der Schaltschrankkühlung, in Kanal- und Rohrventilatoren, in Wohnungslüftungsgeräten oder in Wärmepumpen war unser erstes synthetisch entwickeltes Produkt, das heißt es wurde ohne konventionelle Prototypenoptimierung realisiert. Konzepte für Steuerungs- und Regelelektronik werden über funktionale und thermische Simulation entwickelt. Die Motorauslegung erfolgt mit Simulationswerkzeugen für statischen und dynamischen Elektromagnetismus.

6. Rund 40 Prozent des Umsatzes erzielt Ebm-Papst mit Produkten, die jünger als vier Jahre sind. Wie geht Ebm-Papst mit dem immer größer werdenden Innovationsdruck um?

Wir erhöhen unsere Innovationsgeschwindigkeit: Zum einen durch die obengenannten Simulationswerkzeuge, zum anderen setzen wir stark auf die Zusammenarbeit mit Universitäten und Hochschulen. Beide Ansätze ermöglichen es, in kürzeren Zeiträumen mehrere Ansätze zu bearbeiten, die neue Produkte und Innovationen generieren. Forschungsergebnisse werden so schneller in reale Produkte umgesetzt. Gleichzeitig können zukünftige Mitarbeiter für den Bereich Forschung und Entwicklung gewonnen werden. Über Schutzrechtsbarrieren für bestehende Produkte werden zudem Fast Follower Strategien von Wettbewerbern effizient ausgebremst, aber eben leider nicht gänzlich verhindert. Zusammenfassend: Die Flucht nach vorne mit der berühmten Nasenspitze voran, das ist das ideale Rezept.

7. Ebm-Papst setzt auf gemeinsame Entwicklungen mit Kunden. Wie können diese hiervon profitieren?

Für mittelfristige Planungen muss man den Markt, das heißt die künftigen Anforderungen seiner Kunden kennen, um gemeinsam innovative Branchenlösungen zu entwickeln, also wettbewerbsfähig und gleichzeitig zukunftsfähig sein. Wir arbeiten bei Produktneuentwicklungen daher eng mit unseren Kunden zusammen um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen.

8. Wettbewerbsfähigkeit und Zukunftsfähigkeit: Was bedeutet das?

Wettbewerbsfähigkeit bedeutet, in den kommenden Jahren durch technische und ökonomische Alleinstellungsmerkmale der entwickelten Produkte hohe profitable Marktakzeptanz zu erreichen. Dazu ist es notwendig, Entwicklungs- und Produktionsprozesse nach stringenten Abläufen auszurichten. Zukunftsfähigkeit hingegen ist längerfristig angelegt, sie erfordert Kreativität und Zugang zu neuesten Forschungserkenntnissen. Man muss allerdings jetzt wettbewerbsfähig sein, um sich Zukunftsfähigkeit und damit Forschung leisten zu können. Kurzum: Zukunftsfähigkeit bedeutet nachhaltig unternehmerisch tätig zu sein.

 

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