Werft
China hat auf die falschen Schiffe gesetzt: Durch die sich abschwächende Weltwirtschaft sanken auch die Frachtraten. Asiatische Werften mussten Milliardenverluste verkraften. (Bild: Thomas Kiefer/keNEXT)

Durch diese Fokussierung auf Hightech verlieren die klassischen Schiffbaustandorte schnell an Bedeutung. Der einst größte deutsche Werftenstandort Hamburg verzeichnete 2014 einen Umsatzeinbruch von 480 auf 260 Millionen Euro. Der Hamburger Anteil am gesamten deutschen Markt liegt bei nur noch vier Prozent. Der Schwerpunkt der Schiffbaubranche liegt jetzt nicht mehr an der Nord- oder Ostsee, sondern in Süddeutschland.

Die Milliardenverluste und Probleme im Welt-Schiffbau haben nicht hauptsächlich individuelle betriebswirtschaftliche Ursachen. Sie zeigen die strukturellen Defizite im Bereich der globalen Handelspolitik. Diese Politik befeuert eine aggressive Expansion und schafft dadurch Spekulationsblasen. „Es sind dieselben Regierungen, die sich seit Jahrzehnten gegen verbindliche internationale Handelsregeln im Schiffbau sperren. Antidumping und Antisubventionsregeln, in anderen Branchen etablierte Grundlage für die Ordnung der Weltmärkte, greifen im Schiffbau bis heute nicht“, klagt Lüken vom VSM. Die USA haben daher ihre Märkte abgeschottet, halten sie an ihrem 100-prozentigen Protektionismus für den Schiffbau fest. Schiffe für den inner-amerikanischen Verkehr müssen per Gesetz in den USA gebaut werden. „Dies ist sicher kein Modell für Deutschland, aber ein wichtiges Thema für die Freihandelsverhandlungen TTIP“, erklärt Lüken.

Konsequente Industriepolitik gefordert

Die weltweiten Entwicklungen erfordern in Deutschland eigene Ansätze für eine vernünftige Industriepolitik. Nicht nur China, sondern auch Japan und Südkorea betreiben eine umfassende staatliche Industriepolitik, gegen die Anbieter aus Deutschland zu kämpfen haben. Doch die Globalisierung schreite mit hoher Geschwindigkeit voran, und besonders der Schiffbau müsse sich diesen neuen Herausforderungen stellen.

Die IG Metall Küste und der VSM haben gemeinsam Vorschläge für eine Neustrukturierung der Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation in Schiffbau und Meerestechnik entwickelt. „Wir haben den Strukturumbruch nach dem Kollaps der Frachtschiffsmärkte weitgehend verdaut und uns erfolgreich bei unterschiedlichen Spezialschiffen positioniert. Jetzt heißt es, die Zukunft im Wachstumsmarkts maritime Industrie zu erschließen. Dazu wollen wir eine Innovationsoffensive auf den Weg bringen und damit auch den Stillstand in der deutschen Politik für Schiffbau und Meerestechnik aufbrechen“, erklärt Lüken.

Auch die Gewerkschaften sehen Bedarf und entwickeln selbst Vorschläge: „Wir setzen auf die Zukunftsfähigkeit der maritimen Wirtschaft. Mit technologischen Spitzenprodukten können die Werften und Zulieferer in Deutschland auch weiterhin auf den Zukunftsmärkten punkten. Voraussetzung dafür ist eine gemeinsame maritime Hightech Strategie für das nächste Jahrzehnt“, erklärt Heino Bade, Bezirkssekretär der IG Metall Küste.

Trends im Schiffbau

Grün auf dem Wasser

Derzeit wird die Technologieentwicklung im Schiffbau von den drei großen E – Emissionen, Effizienz und Energie – vorangetrieben. Die Emissionen von Seeschiffen, vor allem in Häfen, müssen künftig erheblich reduziert werden. Die Vorteile der Energieerzeugung mittels Brennstoffzellen an Bord von Schiffen liegen in der Reduzierung von klima- und gesundheitsschädlichen Schadstoffen und der besseren Effizienz der Anlagen. Das Projekt e4ships hat zum Ziel, die Energieversorgung an Bord großer Schiffe deutlich zu verbessern. Zum Einsatz sollen Hochtemperatur- und PEM-Brennstoffzellen kommen, die die deutliche Reduzierung von Abgasemissionen sowie die Reduzierung des Brennstoffeinsatzes ermöglichen sollen.

Nur saubere Meere und Destinationen führen zu einem gelungenen Kreuzfahrterlebnis. Deshalb investiert die Kreuzfahrtbranche seit Jahren erheblich, um jede neue Schiffsgeneration noch grüner zu machen. Aber auch in den Häfen spielt der Umweltschutz zunehmend eine wichtige Rolle. Bei der diesjährigen Seatrade Europe steht das Thema „Green Cruising“ im Mittelpunkt. Die europäische Leitmesse für die Kreuzfahrtindustrie findet vom 9. bis 11. September 2015 auf dem Gelände der Hamburg Messe statt. fa

Zentrale Forschungsstelle gefordert

Alexander Nürnberg, MacGregor Hatlapa, regt bei der Vorstellung der gemeinsamen Initiative die Gründung einer zentralen Forschungseinrichtung der maritimen Wirtschaft an. Aus verschiedenen Töpfen erhält die Branche pro Jahr insgesamt rund 74 Millionen Euro, sagt Lüken. Die Vorschläge laufen darauf hinaus, die Forschungsförderung für maritime Technologien der nächsten Generation von 32 auf 64 Millionen Euro zu verdoppeln, die Innovationsförderung für die Werften von 30 auf 45 Millionen Euro aufzustocken.

„Der Weltmarkt hat sich seit 2008 enorm entwickelt, aber die deutsche Politik für Schiffbau und Meerestechnik steht still“, klagt Lüken. Die maritime Industrie werde in Berlin und in den südlichen Bundesländern nicht richtig wahrgenommen als innovative Hightech-Branche mit großem Zukunftspotenzial. Dabei ist ein Großteil der maritimen Zulieferindustrie in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen ansässig. So seien auch die vergleichsweise geringen Förderbeträge für die Branche zu erklären. Zum Vergleich: Die Luft- und Raumfahrtindustrie wird vom Staat mit rund 1,4 Milliarden Euro jährlich gefördert.

Bernard Meyer
„Wir bauen unsere Forschung weiter aus.“ Bernhard Meyer, Meyerwerft (Bild: Meyer Werft)

„Die maritime Industrie ist eine Zukunftsindustrie mit 100.000 Beschäftigten“, verdeutlicht Gewerkschaftsvertreter Bade. Sie produziere jedoch – anders als die Automobil- oder Flugzeugindustrie – keine Serienmodelle, sondern Einzellösungen und Unikate. Jedes Schiff sei wieder ein neues Projekt. Die deutschen Reeder unterstützen die Vorschläge der Schiffbauer und machen dazu Vorschläge: „Um innovative Technologien wie das saubere Flüssiggas LNG an Bord zum Durchbruch zu bringen, brauchen die Reedereien ein wirksames Förderprogramm, solange der Markt die hohen Mehrkosten nicht honoriert“, betont Ralf Nagel aus dem Präsidium des Verbands Deutscher Reeder (VDR).

Die zentrale Bündelung der Kräfte einerseits und viele unterschiedliche Initiativen andererseits sollen den deutschen Schiffbau weiter zukunftsfähig machen. Der VSM startete im Juni 2014 mit der KFW-Ipex-Bank die German Maretime Export Initiative (GeMaX). Damit soll insbesondere das maritime Zulieferpotenzial der deutschen Industrie gegenüber den weltweiten Bestellern vermarket werden. GeMAX unterstützt nicht nur die Exportfinanzierung, sondern bietet auch flankierende Langfristfinanzierungen. Zur besseren Vermarktung gibt es jetzt ein Online-Angebot, das kontinuierlich ausgebaut werden soll. Durch diese Bündelung der Informationen sollen die ausländischen Schiffbauer besser und schneller über das Potenzial der deutschen Schiffbau-Zulieferer informiert werden. Das Portal zeigt: die Schiffbau-Zulieferer liefern nicht nur Standardprodukte aus dem Verkaufsregal. Ihre Stärke liegt darin, im Verbund zukunftsfähige Systemlösungen anzubieten. fa

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