Naturspeicher in Gaildorf im Frühjahr 2017,

Der gesamte Turm beim Pilotprojekt in Gaildorf steht in einem Passivbecken, derzeit allerdings noch im Bau. Um daraus im Pumpspeicherkraftwerk Strom zu gewinnen, wird leistungsfähige Antriebstechnik gebraucht (Bild: Naturspeicher)

Für Unterstützer der Energiewende ist es der wahr gewordene Traum, wenn Energie aus Erneuerbaren in großen Mengen speicherbar wird. Für die Ingenieure beim Pilotprojekt Naturspeicher in Gaildorf war es die Vision Windkraft so zu speichern, dass man schnell auf den Bedarf an Strom reagieren kann. Seit 2016 wird an dieser Vision gebaut, 2018 soll daraus Realität werden. Das Konzept der Entwickler ist dabei so einfach wie bestechend. Der Strom wird durch die Windenergieanlagen auf einer Anhöhe gewonnen und direkt vor Ort gespeichert.

Um das zu erreichen müssen die Windkraftanlagen mit Pumpspeichertechnologie kombiniert werden. Dafür nutzen die Ingenieure die Turmfundamente der Anlagen zugleich als Wasserspeicher und verbinden diese mit einem Unterbecken im Tal. Die Becken in den Turmfundamente haben auch einen positiven Nebeneffekt für die Energieausbeute: Durch den Bau der Wasserspeicher am Fundament erhöht sich die Lage der Nabenhöhe um bis zu 40 Meter.

Schlaue Kombinationen sind gefragt

Um intelligente Lösungen zu erhalten bedarf es manchmal nur der richtigen Kombination bestehender Bauteile. elektronische Akkutechnologie ist schon lange bekannt, das Fahrrad noch viel älter. Was die Kombination der beiden Technologien auslöst, können selbst technikunbegeisterte Mitmenschen jeden Tag auf den Straßen im Land erfahren.

Das gleiche gilt für die Entwickler des Pilotprojekts. Denn durch die kluge Kombination bekannter Bauteile aus verschiedenen Branchen und Anwendungen entstehen so neue Chancen und bessere Ingenieurslösungen. Im Fall des Projekts heißt das, dass die Verantwortlichen eine Kooperation mit GE für die Installationen der Windturbinen eingingen. Doch ebenso nutzen die Ingenieure die Erfahrungen aus dem Tunnelbau für die Umsetzung des Pilotprojekts. Auf dieses Know-How kann Naturspeicher deshalb zurückgreifen, weil es als Beteiligung der Max Bögl Unternehmensgruppe auf deren Erfahrungen im Tiefbau setzen kann.

Die Firmengruppe Max Bögl verbaut folglich in Gaildorf die Turmbauteile im Fundament der Windkraftanlagen. In anderer Form kamen solche Bauteile schon erfolgreich im Tunnelbau zum Einsatz. Die Verfahrensweise beim Einbau der sogenannten Tübbings hat man dort so weiterentwickelt, dass nun auch Windenergieanlagen mit Tübbings errichtet werden können.

Aber bei der Umsetzung der von Naturspeicher als Flexibilitätskraftwerk bezeichneten Anlage geht man nun noch einen Schritt weiter. Denn im zugehörigen Pumpspeicherkraftwerk kommt Technologie und Know-How des Automatisierungsunternehmens ABB zum Einsatz. Die Schweizer liefern für das Pilotprojekt drei Mittelspannungs-Windturbinenumrichter PCS 6000 und drei Hochspannungs-Asynchronmotoren AMI 800, die Transformatoren sowie die Schaltanlage.

Wind- und Wasserkraft werden eins

Mit Hilfe der ABB-Technologie wird der weltweit erste Naturstromspeicher in Gaildorf stufenlos regelbar und kann damit sehr effizient Regelenergie zur Verfügung stellen. „Die Windumrichter erfüllen im Vergleich zu konventionellen Umrichtern die Grid-Code Anforderungen der Netzbetreiber und eignen sich somit optimal für diese Art der Anwendung“, ist sich Stefan Bögl, der Geschäftsführer von Naturspeicher, sicher. „Damit erhält ein Serienprodukt aus der Windkraft erstmals Einzug in die Wasserkraft, die sonst ausschließlich mit individuell ausgelegten Produkten arbeitet.“

Denn um den Strom in Form von Wasserkraft zu speichern wird in Gaildorf, bei einer Fallhöhe von 200 Metern ein Pumpspeicherkraftwerk mit 16 Megawatt-Leistung realisiert. Zukünftig sollen für ähnliche Projekte auch Kraftwerke mit 24 und 32 Megawatt zur Verfügung stehen. Der ABB-Windturbinenumrichter PCS6000 bietet für die drei Leistungsklassen des Naturstromspeichers alle Bauteile, um die Kraftwerke dann mit effizienter Antriebstechnik auszurüsten. Das Kraftwerk selbst wird dabei vollelektronisch gesteuert.

Dr. Sami Atiya, Leiter der globalen Division Robotik und Antriebe bei ABB, erklärt: „Als innovatives und zukunftsorientiertes Unternehmen sind wir stolz, an einem solch richtungsweisenden Pilotprojekt beteiligt zu sein, das Wind- und Wasserkraft auf einzigartige Weise verbindet. Hohe Leistungen am Antriebsstrang, sowohl für den motorischen als auch generatorischen Betrieb, sind eine Kernkompetenz von ABB.“

Zahlen, Daten, Fakten zum Pilotprojekt in Gailsdorf

Windenergieanlagen

  • Vier Windenergieanlagen mit je 3,4 Megawatt
  • Rotordurchmesser: 137 Meter
  • 42 Gigawattstunden Jahresstromerzeuggung aus Wind
  • 155 Meter bis 175 Meter Nabenhöhen über Grund

Pumpspeicherkraftwerk

  • 16 Megawatt Leistung des Pumpspeicherkraftwerkes
  • 70 Gigawattstunden elektrische Speicherkapazität
  • 200 Meter Fallhöhe
  • 160.000 Kubikmeter eingesetztes Wasser

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