Die Aufgabe, alle Informationen der Welt zu organisieren und jedermann zur Verfügung zu stellen, hat Google seit der Gründung in 1998 ein paar Dinge gelehrt: 1) Auf den Nutzer und seine (zukünftigen) Bedürfnisse konzentrieren, alles andere ergibt sich daraus. 2) Der Schnellere gewinnt, wenn er sich fokussiert und gründlich genug arbeitet 3) Jeder an jedem Ort benötigt Informationen. Der Erfolg und ein Einkommenswachstum von durchschnittlich über 20 Prozent in den letzten vier Jahren gibt Google Recht.

Die Taschen der Entwicklungsabteilung, die gut 13 Prozent des Umsatzes erhält, sind gut gefüllt, um in neue Märkte zu investieren. Im letzten Jahr allein lag das Budget bei über neun Milliarden Dollar. Insgesamt wurden bisher über 160 Firmen aufgekauft. Nach dem Fokus auf Unterhaltung (YouTube, Musik), Kartendiensten mit lokalisierten Werbeangeboten (Maps/Earth), GPS Navigation (WAZE), Smartphones (Motorola) oder mobilem Payment (Wallet), dehnt der Konzern seinen Wirkungskreis in hochtechnologische Bereiche aus.

Allein in den letzten zwei Jahren wurden sieben Robotic-Firmen (unter anderem Boston Dynamics, Redwood Robotics, Meka Robotics) gekauft. Dazu kamen Home Automation (Nest), künstliche Intelligenz (Deep Mind Technology), neurale Netzwerke (DNNresearch Inc.), Sprach- und Bilderkennung, Internet Sicherheit (Impremium, SlickLogin) sowie unbemannte Flugobjekte (Titan Aerospace), hochauflösende Satellitenbilder (Skybox), Cloud Computing (Stackdriver) und Augmented Reality (Quest Visual).

Auto als rollender Computer

Natürlich passt das Auto als zukünftig rollender Computer in Googles Konzept. Expertise hat man sich auch personell an Bord geholt: Alan Mulally (ehemals CEO Ford) sitzt im Vorstand, Ron Medford (ehemals NHTSA) leitet die Sicherheitsabteilung der SDCs und Larry Burns (ehemals VP R&D von GM) berät. Neben dem Kauf von Firmen investiert Google in Startups mit Potential zur Revolutionierung des Marktes (bisher über 250).

In Redmond scheut man sich aber auch nicht, trotz hoher Beteiligungen mit den Zöglingen in direkte Konkurrenz zu treten, wie das Beispiel des Mitfahrdienstes Uber zeigt, der in 2013 noch 258 Millionen Dollar von Google einsammeln konnte und jetzt deren hausinterne Entwicklung fürchten muss. Der internen Forschungsabteilung Google X werden keine Grenzen gesetzt, wie Google Glass, Project Loon – ein Netzwerk aus Ballonen, die Internetzugang in entlegene Gegenden bringen sollen – oder das eigene Hochleistungsnetzwerk Google Fiber (1Gibt/s) zeigen.

Das Milliardenpotenzial

Die treibende Kraft hinter den Projekten ist die Entwicklung von Softwareplattformen und Datendiensten, denn damit verdient Google sein Geld. Der Markt für Software in selbstfahrenden Autos ist enorm. IHS rechnet mit 60 Dollar pro Fahrzeug zuzüglich einer jährlichen Rate von 15 Dollar für Updates bei Level 3 Fahrzeugen. Für Level 4 und 5 werden doppelt so hohe Werte angenommen. Für Software, Karten und Updates ergibt sich ein Gesamtpotential von etwa 2,2 Milliarden in 2025, das bis 2040 auf über 84 Milliarden anwachsen könnte. Für Google könnten dabei anfänglich etwa dreißig Prozent (630 Millionen) bis hin zu vierzig Prozent und stolze 31 Milliarden in 2040 abfallen.

Der IT-Riese hat bewiesen, dass er in vergleichsweise kurzer Zeit die notwendige Infrastruktur für die Verarbeitung und Bereitstellung riesiger Datenmengen aufbauen kann und das mit nachhaltigen Technologien tut. Daher scheint es fast schon eine spielerische Herausforderung zu sein, die Software und Infrastruktur für saubere Mobilitätsservices zu entwickeln. Ob Google selbst zum Autobauer wird, bleibt abzuwarten. Eher anzunehmen ist, dass sie mit einem großen Partner zusammenarbeiten oder sich diesen einverleiben. Obwohl sie aus der Übernahme von Motorola gelernt haben sollten.

In jedem Fall bietet sich für agile oder angeschlagene Automobilhersteller aber auch führende Systemlieferanten wie zum Beispiel Magna Steyr oder Firmen in der Logistikbranche eine nicht zu unterschätzende Chance. Denkbar wäre auch, dass Tesla einen Lizenzdeal für ein massenmarkttaugliches Auto mit Google eingeht. Eins steht jedenfalls fest: Die Kriegskassen beider IT-Giganten aus Mountain View und Cupertino sind gut gefüllt, alles ist möglich. Dessen müssen sich die Automobilhersteller bewusst sein.

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