Eingebaute Elektronik,

Im Innovationszentrum AdaptSys werden Methoden entwickelt, die es ermöglichen, dass beliebige Produkte wie Autositze, Werkzeuge oder Textilien nicht wie bislang gefertigt und Elektronik sowie Sensorik nachträglich montiert werden müssen. (Bild: Screenshot, Video Fraunhofer IZM)

Feierliche Eröffnung des AdaptSys,
Von links: Professor Reimund Neugebauer (Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, München), MinR Dr. Stefan Mengel (Referatsleiter Elektroniksysteme; Elektromobilität im Bundesministerium für Bildung und Forschung, Bonn), Cornelia Yzer (Senatorin für Wirtschaft, Technologie und Forschung, Berlin), Professor Klaus-Dieter Lang, (Leiter des Fraunhofer IZM). (Bild: Fruanhofer IZM)

Im Innovationszentrum AdaptSys werden Methoden und Verfahren entwickelt, die es ermöglichen, dass beliebige Produkte wie Autositze, Werkzeuge, Küchengeräte und selbst Textilien nicht wie bislang gefertigt und Elektronik sowie Sensorik nachträglich montiert werden müssen. Stattdessen werden die elektronischen Systeme bereits während des Herstellprozesses integriert, herkömmliche Bestandteile des Endprodukts werden dabei funktional beteiligt.

Hierdurch lassen sich Wertschöpfungsketten enger verzahnen und übergreifende Synergien zwischen teilweise artfremden Branchen erreichen. Das schafft Wettbewerbsvorteile für kooperierende Industrieunternehmen und Arbeitsplätze.

Allein im Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM, in dem das Zentrum entsteht, werden damit in Berlin langfristig über 200 Arbeitsplätze gesichert. Cornelia Yzer, Senatorin für Wirtschaft, Technologie und Forschung: "AdaptSys macht den Forschungsstandort Berlin national und international zur ersten Adresse im Feld der elektronischen Systemintegration. Die hochmodernen Labore auf Weltklasseniveau ermögli-chen Innovationen und Technologieentwicklungen für Industrie-4.0-Anwendungen und das Internet der Dinge. Damit ist AdaptSys ein wichtiger Trumpf in der Digitalisierungsmetropole Berlin."

Wertschöpfungsketten schließen

Beispiel Automobilindustrie: Bis ein elektronisches Modul – etwa ein Radarsensor – seinen Weg ins Fahrzeug findet, durchläuft es unter enormem Kostendruck die Stationen Konzept, Entwicklung, Produktion, Integration und Montage und überwindet dabei mitunter bis zu drei Kontinente. Damit hierbei künftig Innovationen nicht auf der Strecke bleiben, lässt sich der Sensor beispielsweise durch Einbetttechnologien des AdaptSys-Zentrums direkt in die Einbaustelle im Fahrzeug integrieren. Zusätzliche Montageschritte entfallen, Fertigungskosten werden um bis zu einem Drittel reduziert und Hersteller wie Zulieferer können ein höherwertiges und zuverlässigeres Produkt anbieten.

Auf diese Weise trägt das Zentrum dazu bei, innovative Technologieentwicklungen gezielt an den Markt zu bringen. Denn lange Zeit folgten Innovationsprozesse in der Mikroelektronik einem anwendungsneutralen Modell: Halbleiterfirmen stellten, ohne spezifische Bedürfnisse der Endprodukte zu berücksichtigen, Chipstrukturen zur Verfügung, die von Zulieferern in Elektronikmodule verwandelt und schließlich vom Hersteller zum Produkt geführt wurden (Technology Push). Dieses Vorgehen war einzig auf den technologischen Fortschritt in der Halbleiterindustrie abgestellt und nur durch diesen legitimiert. Die Endprodukte hatten den Bedingungen der Elektronikindustrie zu folgen.

Für den Hersteller der Endprodukte hatte diese Vorgehensweise neben langen Innovationszyklen den Nachteil, dass sich nicht selten erst im Laufe einer Technologieentwicklung klärte, welche marktfähigen Produkte sich dadurch überhaupt sinnvoll realisieren ließen.

Anwender und Produkt stehen im Mittelpunkt

Mit der immer stärkeren Orientierung auf die spezifischen Anwendungsanforderungen sind nun andere Innovationspfade möglich. Im AdaptSys-Zentrum wird dieser Prozess umgekehrt und der Anwender und sein Produkt in den Mittelpunkt gestellt. Professor Klaus-Dieter Lang, Leiter des Zentrums und Institutsleiter des Fraunhofer IZM: „Hersteller und Produktentwickler können vorgeben, welche Eigenschaften die Elektronikstrukturen besitzen müssen. Unsere Experten entwickeln daraufhin gemeinsam mit diesen und den Halbleiterunternehmen Technologien, mit denen Elektronik zum Beispiel dehn-, wasch- und bügelbar wird oder bei extremen Temperaturwechseln von zum Teil 400 °C zuverlässig funktioniert oder auf Korngröße schrumpft. So entstehen Technologien und Produkte, deren Wettbewerbsfähigkeit schon während der Entwicklung klar definiert ist. Zudem verfügen unsere Fraunhofer-Forscher dank der engen Verzahnung von Forschung, Entwicklung  und Anwendung über ein permanent wachsendes Produkt-Knowhow und können damit ganze Branchentrends mitgestalten.“

Inhaltlich wird sich das Zentrum AdaptSys auf Entwicklungen für die Medizin-, Energie- und Sicherheitstechnik sowie die Sensorik für die Industrieelektronik konzentrieren, die gerade in Berlin von großer Bedeutung sind. So sollen beispielsweise dehnbare Sensorbandagen zur Verkürzung der Wundheilung oder 3D-Solarzellen für beliebige Formen möglich sein.

Integrierte Elektronik in Stoffen,
Dank integierter Elektronik in Stoffen sind viele Informationen schnell griffbereit. (Bild: Screenshot, Video Fraunhofer IZM)

Technologische Trends

Grundsätzlich werden dabei drei wegweisende technologische Trends ausgebaut:

1. Produkte können durch die Vereinigung von Prozessor, Speicher und Sensorik extrem miniaturisiert und so mit einem hohen Maß an Funktionalität versehen werden.

2. Durch alternative Technologien ist es möglich, dass sich Mikroelektronik die Eigenschaften ihrer nichtelektronischen Umgebung aneignet beziehungsweise imitiert, also zum Beispiel dehn- oder biegbar wird und somit bis zur Unkenntlichkeit mit ihr verschmilzt.

3. Neue Aufbautechniken führen dazu, dass Mikroelektronik auch in extremen Umgebungen, beispielsweise bei Temperaturen über 400 °C oder intensiver chemischer Belastung eingesetzt werden kann.

Bislang wurden diese Trends jeweils separat verfolgt. Wer von sämtlichen Eigenschaften profitieren wollte, musste diverse aufwändige Technologien miteinander kombinieren, ähnlich einer Stereoanlage, deren Einzelkomponenten mit jeweils einer eigenen Fernbedienung gesteuert werden. Das Zentrum AdaptSys wird Technologievorteile bündeln. Mögliche Forschungspartner steuern ihre Technologieentwicklung dann lediglich durch eine „Fernbedienung“.

Zahlen und Fakten

Das Zentrum AdaptSys wird mit insgesamt 39,95 Millionen Euro finanziert. Die Hälfte übernimmt der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Die andere Hälfte kommt zu gleichen Teilen vom Land Berlin sowie über die Fraunhofer-Gesellschaft vom Bundesforschungsministerium. Mit der Investition in Berlin wird der Wissenschaftsstandort im Bereich der hochwertigen Systemintegration weiter ausgebaut, was ein riesiger Vorteil für ansässige Unternehmen ist. Im Bereich der Mikrosystemtechnik besteht hier mit etablierten Firmen wie der Bundesdruckerei, der momentan stark wachsenden First Sensor AG, aber auch zahlreichen kleinen und mittelständischen Mikroelektronikunternehmen eine enge Zusammenarbeit.

Dank der Förderung können nun innovative und zukunftsträchtige Prozesse der Aufbau- und Verbindungstechnik für elektronische Systeme weiterentwickelt werden. Zudem eröffnet sich den Forschern die Welt der Systemintegration im Nanometermaßstab, was zukünftig noch kleinere Elektronikanwendungen ermöglicht. Deren Zuverlässigkeit kann mit neuen Test- und Qualifikationsverfahren tiefgreifend evaluiert werden.

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