Gruppenbilder der Gewinner des Erfinderpreises,

Das Europäische Patentamt ehrt die Erfinder mit einer Trophäe in Form eines Segels als Symbol für Entdeckertum und menschliche Genialität. (Bild: Europäisches Patentamt)

„Die Erfindungen, die dieses Jahr mit dem Preis ausgezeichnet worden sind, geben Menschen, die an Krankheiten leiden, neue Hoffnung, erhöhen die Effizienz in der medizinischen Diagnostik, schützen die Umwelt und retten tausende Leben im Straßenverkehr“, sagte der Präsident des Europäischen Patentamts (EPA) Benoît Battistelli bei der Verleihung des Preises am Donnerstag, 9. Juni 2016. Rund 600 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft waren zu der Veranstaltung in der MEO Arena in Lissabon erschienen.

Im Vorfeld der Verleihung hatte eine internationale Jury die 15 Finalisten, drei in jeder der fünf Themen-Kategorien, aus 400 Vorschlägen ausgewählt. Zusätzlich gibt es seit 2013 einen Publikumspreis, über den online abgestimmt wird. Um sich für den Preis zu qualifizieren, mussten die Vorschläge festgelegte Kriterien erfüllen. Dazu gehört, dass dem Erfinder vom EPA mindestens ein europäisches Patent für seine Erfindung erteilt worden ist.

Tumor-Diagnostik verbessert

Jürgen Weizenecker, Bernhard Gleich bei der Verleihung des Erfinderpreises,
Jürgen Weizenecker, Bernhard Gleich und ihr Team wurden in der Kategorie Industrie ausgezeichnet. (Bild: Europäisches Patentamt)

Die deutschen Physiker Bernhard Gleich und Jürgen Weizenecker wurden mit ihrem Team für die Erfindung einer neuen Generation der medizinischen Diagnostik ausgezeichnet. Bei Philips Research Hamburg entwickelt liefert die Magnetpartikelbildgebung (Magnetic Particle Imaging, MPI) dreidimensionale Echtzeitbilder von Arteriensystemen und Organen in einer noch nie dagewesenen Präzision und Qualität. Mithilfe der auf Magnetismus basierenden Methode könnten Ärzte Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Tumore künftig frühzeitig erkennen und therapieren.

In der Kategorie Kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) erhielt ein dänisches Forschungsteam den Preis für ihren Durchbruch, Ammoniak in fester Form zur Verringerung der Luftverschmutzung durch Diesel-Motoren und als emissionsfreien Kraftstoff einzusetzen. Im Abgassystem von Diesel-Motoren freigesetzt kann es den Ausstoß von schädlichen Stickoxiden um bis zu 99 Prozent reduzieren.

Preis für den Hirnschrittmacher

Der französische Physiker und Neurochirurg Alim-Louis Benabid erhielt die Auszeichnung für die Entwicklung einer Behandlungsmethode, die bei Parkinson und weiteren neurologischen Erkrankungen zum Einsatz kommt: Benabids hochfrequente Tiefen- Hirnstimulation (THS) basiert auf kontrollierten elektrischen Impulsen, die von einer Sonde im Gehirn an bestimmte Bereiche des Thalamus abgegeben werden. Der „Hirnschrittmacher", wie das Verfahren umgangssprachlich genannt wird, gilt heute weltweit als Standardbehandlung.

Der amerikanische Chemieingenieur Robert Langer erhielt den Preis für die Erfindung von biologisch abbaubaren Kunststoffen, die starke Krebsmedikamente einkapseln und so eine neue Stufe der gezielten Verabreichung ermöglichen. Die Biokunststoffe dieses Erfinders lassen sich zu sogenannten „Wafers" formen, mit Krebs-aushungernden Medikamenten bestücken und direkt neben dem Tumor implantieren, wo der Wirkstoff mit maximaler Effizienz durch natürliche Zersetzungsprozesse freigesetzt wird. Lizenzen für Langers patentierte Erfindungen wurden an über 300 Pharmaunternehmen vergeben. Er leitet ein Team von über 100 Forschern am MIT.

Ingenieur Anton van Zanten,
Ingenieur Anton van Zanten nimmt den Preis entgegen. (Bild: Europäisches Patentamt)

Der Ingenieur Anton van Zanten wurde für seinen wegweisenden Beitrag für Fahrzeug-Sicherheitssysteme geehrt, die tausende Menschenleben gerettet haben und mittlerweile vorgeschriebener Standard in Neufahrzeugen sind. Während seiner über 40 Jahre andauernden Karriere bei der deutschen Firma Robert Bosch im Bereich Fahrzeugtechnik leistete van Zanten Pionierarbeit bei der Entwicklung der elektronischen Stabilitätskontrolle (ESP) und weiteren Lösungen, die verhindern, dass Kraftfahrzeuge bei einer Vollbremsung von der Straße abkommen und Unfälle verursachen.

Schnelle Bluttests

Helen Lee, Forscherin an der Universität Cambridge, erhielt den Publikumspreis von einer überwältigenden Mehrheit der Öffentlichkeit für ihre Erfindung eines Diagnose-Kits für strukturschwache Regionen zugesprochen. Mit ihren schnellen Bluttests lassen sich ansteckende Krankheiten wie HIV, Hepatitis B und Chlamydien kostengünstig und einfach diagnostizieren. Die Tests kamen bereits bei 40.000 Personen zum Einsatz.

Lee erhielt 36.300 Stimmen und damit 64 Prozent der insgesamt 56.700 online abgegebenen Publikumsvoten vor der Preisverleihung (2015: 46 800 Stimmen). Dies ist mit Abstand das höchste Ergebnis, mit dem ein Finalist seit Einführung der Kategorie im Jahr 2013 ausgezeichnet worden ist.

Der Europäische Erfinderpreis wird seit 2006 verliehen. Damit würdigt das Europäische Patentamt Forscher, Wissenschaftler, Techniker und Tüftler, deren Erfindungen vom EPA patentiert worden sind und die einen außerordentlichen Beitrag zum wirtschaftlichen, technischen und gesellschaftlichen Fortschritt geleistet haben. Das Besondere ist, dass jedermann einen Erfinder für den Preis nominieren kann. Die Gewinner des Erfinderpreises erhalten eine Trophäe in Form eines Segels als Symbol für Entdeckertum und menschliche Genialität. Die Trophäe wird jedes Jahr aus einem anderen Material hergestellt. do

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