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(Bild: Angelo Giampiccolo - Fotolia.com)

Innovationsstark, exportorientiert und mittelständisch geprägt: Der niederländische Maschinen- und Anlagenbau gehört zu den wichtigsten Branchen des Landes. Er ergänzt die starken Wirtschaftszweige Elektronik, Nahrungsmittelproduktion, Logistik sowie Offshore-Rohstoffförderung.

Mit einem Anteil von 24 Prozent trägt die Industrie zum Bruttosozialprodukt der Niederlande bei. Dieser Wert liegt deutlich über dem Durchschnitt in Europa. Daher sind die Niederlande als Absatzmarkt für den internationalen Maschinenbau attraktiv. Jährlich importiert das Land Maschinen und Anlagen im Wert von mehr als 20 Milliarden Euro. Neben Baumaschinen kaufen die Unternehmen vor allem Fördertechnik, Werkzeugmaschinen sowie Maschinen und Anlagen für die Nahrungsmittelverarbeitung und -verpackung weltweit ein.

Bild: bomboman - Fotolia.com

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Dabei reicht die Palette von Produktionslösungen für die Halbleiter- und Elektronikindustrie über Nahrungsmittelherstellung und Verpackung bis hin zur Marine- und Offshore-Ausrüstung. Immerhin gehören die Niederlande zu den zehn größten Fördernationen für Erdgas. Als Teil einer traditionellen Seefahrernation haben holländische Unternehmen bereits seit den 1970er-Jahren die Offshore-Technologie entscheidend vorangetrieben. Seitdem entwickeln etablierte wie auch neu gegründete Unternehmen immer wieder innovative Lösungen rund um Offshore-Technologien.

Technik für Offshore-Anwendungen

So hat das niederländische Unternehmen Barge Master jetzt eine Lösung für den kostengünstigen Aufbau von Offshore-Plattformen und -Windenergieanlagen gefunden: Eine bewegliche Plattform verbindet Kran und Schiffsrumpf und hält den Kran trotz Wellengang so waagerecht, als ob er festen Boden unter den Füßen hätte. Das ersetzt die bislang notwendige Spezialausrüstung für die Bauarbeiten.

Auch beim Abbau von großen Offshore-Plattformen setzt niederländische Technik neue Maßstäbe. „Das ersetzt die bislang notwendige Spezialausrüstung für die Errichtung von Windparks und senkt die Kosten ganz erheblich“, so Dr. Karl Tragl, Vorstandsvorsitzender von Bosch Rexroth.

Die Allseas Gruppe hat die weltweit größte mobile Hebeeinrichtung für Offshore-Installationen entwickelt – ein weiteres Beispiel für „Extreme Engineering“. Bosch Rexroth hat als Engineeringpartner von Allseas die Antriebs- und Steuerungslösung für diese Hebeeinrichtung projektiert, konstruiert und in Simulationen auf ihre Leistungsfähigkeit getestet. Das mit zahlreichen von Bosch Rexroth gefertigten Schlüsselprodukten und Baugruppen ausgerüstete Topside Lifting System (TLS) kann die Aufbauten von Offshore-Plattformen mit einem Gewicht von bis zu 48.000 Tonnen in einem Stück anheben und transportieren. Damit senkt Allseas die Kosten und Risiken für die Demontage von Offshore-Plattformen deutlich.

„Darüber hinaus ist Bosch Rexroth an zahlreichen Projekten für den Küstenschutz entlang der gesamten Nordsee beteiligt“, hebt der Vorstandsvorsitzende hervor. Die großen Hydraulikzylinder für das Schließen von Sperrwerken wie für Offshore-Anwendungen kommen dabei aus dem niederländischen Boxtel, dem weltweiten Leitwerk von Bosch Rexroth für diese Produkte.

Bild: Angelo Giampiccolo - Fotolia.com

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Aber auch im anderen Extrem der mikroskopisch kleinen Bewegungen für die Fertigung von Mikrochips stehen niederländische Ausrüster weltweit mit an der Spitze. Bei diesen Anwendungen geht es um Genauigkeiten von wenigen Atomlagen und Produktionsschritten im Vakuum oder aggressiven Atmosphären. Diese Maschinen und Anlagen führen zu einem hohen Exportgeschäft nach Asien, insbesondere Taiwan und Korea.
Ebenfalls sehr stark ist die Branche Nahrungsmittel und Verpackung, da in den Niederlanden der Agrarsektor eine wichtige Rolle spielt. Nach einer Auswertung der Universität Münster nehmen die Niederlande trotz ihrer relativ geringen Fläche auf dem Weltmarkt einen beachtlichen Rang als agrarischer Exporteur ein. 60 Prozent aller Zierpflanzen auf dem Weltmarkt kommen von hier, ebenso wie 60 Prozent aller Blumenzwiebeln. Der niederländische Anteil am Frischgemüsemarkt beträgt 20 Prozent. Exportiert werden vor allem unverarbeitete Pflanzenprodukte, Gemüse, Käse, Fleisch und Milch. Die wichtigsten Abnehmerländer sind Deutschland, Großbritannien und Frankreich.

Trotz einer Rezession seit 2011 gehen Branchenbeobachter für die Zukunft von einem langfristigen und deutlichen Wachstum des niederländischen Maschinenbaus aus. So erwartet die ING Bank eine jährliche Steigerung des Maschinenexports von 4,5 Prozent bis 2020.

Der niederländische Maschinenbau ist stark mittelständisch geprägt. Nach einer Auswertung von ABN Amro gibt es derzeit rund 2600 Maschinenhersteller mit weniger als 50 Mitarbeitern und 320 Maschinenbau-Unternehmen mit über 50 Mitarbeitern. Die Unternehmen sind in der Regel hochspezialisiert und innovationsstark. Sie investieren mit 6,7 Prozent vom Umsatz weltweit gesehen überdurchschnittlich viel in Forschung und Entwicklung. Auch in absoluten Zahlen reiht sich die Branche damit unter die Top fünf der europaweit F&E-stärksten Länder im Maschinen- und Anlagenbau ein. Insgesamt bezifferte sich der Umsatz 2012 auf rund 21 Milliarden Euro. Davon exportierten die niederländischen Maschinenhersteller rund 70 Prozent. Die wichtigsten Absatzmärkte sind Deutschland, die USA und Taiwan.

Partner der niederländischen Industrie

Festo setzt auf Automatisierungstechnik

Holland Partner Country 2014Seit über 45 Jahren ist Festo Partner der niederländischen Industrie und liefert elektrische und pneumatische Automatisierungstechnik. Zu den Kunden gehören unter anderem die Nahrungsmittel- und Verpackungsindustrie, genau wie die Halbleiter- und Transportindustrie für die Landwirtschaft sowie die Wasserindustrie. Geprägt durch hochspezialisierte mittelständische Unternehmen, ist der Maschinen- und Anlagenbau der am schnellsten wachsende Industriezweig der Niederlande. Mit seinen Automatisierungs- und Qualifizierungslösungen hat sich Festo mit über 5000 Kunden in den unterschiedlichsten Branchen hier zum Marktführer entwickelt. Mit der technischen Aus- und Weiterbildung trägt Festo zur Qualifikation seiner Kunden bei und stärkt die Industrie im Land. Das spürt man auch im diesjährigen Partnerland der Hannover Messe: Nach Jahren der Stagnation ist in der niederländischen Wirtschaft eine Kehrtwende zu beobachten. Laut Prognosen soll sich die niederländische Wirtschaft nach einem Rückgang von einem Prozent in 2013 mit +0,5 Prozent wieder erholen. Die Landesgesellschaft mit 137 Mitarbeitern und Sitz in Delft, trage ihren Teil dazu bei, so Festo.

„Gerade weil die Maschinenhersteller immer wieder innovative Konzepte realisieren, haben wir die weltweite Anwendungserfahrung für Elektronikfertigung wie Halbleiter, Solar und Printed Electronics sowie Marine, Offshore und Küstenschutz in den Niederlanden gebündelt“, hebt Dr. Tragl hervor. In enger Zusammenarbeit mit den Maschinenherstellern erarbeitet das Unternehmen Automationslösungen für extreme Anwendungen. Das Spektrum reicht dabei von der Nanometer genauen Positionierung elektronischer Schaltungen bis hin zum Anheben von 48.000 Tonnen schweren Offshore-Plattformen auf hoher See.

So bewegt das Linear Motion System berührungslos Träger für Halbleiterbauteile durch Vakuumkammern. Dadurch entfallen kritische Dichtungen, die gesamte Technik ist außerhalb der Kammer leicht zugänglich angebracht. Bei diesen Anwendungen geht es um Genauigkeiten von wenigen Atomlagen und Produktionsschritten im Vakuum oder aggressiven Atmosphären. Auch im Bereich von Zukunftsmärkten wie Printed Electronics spielt Bosch Rexroth eine entscheidende Rolle in der Automatisierung von neuen Maschinenkonzepten. In Zusammenarbeit mit dem Maschinenbauer VDL Flow wird im Solliance Projekt eine Anlage entwickelt, um organische Photovoltaik auf flexiblen Folien zu drucken.

Dr. Karl Tragl„Bosch Rexroth ist an zahlreichen Projekten für den Küstenschutz entlang der gesamten Nordsee beteiligt.“
Dr. Karl Tragl, Vorstandsvorsitzender Bosch Rexroth

Einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit im Flugverkehr leisten Simulatoren zur Pilotenausbildung. Hier lernen Piloten, kritische Situationen ohne Gefahr für Flugzeuge und Menschen zu beherrschen. Dazu müssen sich die bis zu 14 Tonnen schweren Simulationskapseln schnell und komplex bewegen. Dank des Kompetenzzentrums für Simulationstechnik in den Niederlanden habe sich Bosch Rexroth seit über 25 Jahren als ein weltweit führender Hersteller für diese Bewegungssysteme etabliert, so das Unternehmen.

Partnerland 2014 der Hannover Messe

„Global Challenges, Smart Solutions“ lautet das Motto der Partnerland-Beteiligung auf der Hannover Messe 2014. „Deutschland steht für Qualität – mit einer soliden und leistungsfähigen Industrie. Die Niederlande stehen für Innovation – mit intelligenten Lösungen für technische Herausforderungen“, sagt Lilianne Ploumen, niederländische Ministerin für Außenhandel. „Auf der Hannover Messe bündeln wir unsere Stärken, um global noch wettbewerbsfähiger zu werden.“

Bei der offiziellen Unterzeichnung des Partnerlandvertrags

Bei der offiziellen Unterzeichnung des Partnerlandvertrags in Den Haag (von li. nach re.): Monique van Daalen, niederländische Botschafterin in Deutschland, Franz Josef Kremp, deutscher Botschafter im Königreich der Niederlande, Ineke Dezentjé Hamming-Bluemink, Vorsitzende des niederländischen Technologieverbandes FME-CWM, Dr. Jochen Köckler, Vorstand Deutsche Messe, Liliane Ploumen, niederländische Ministerin für Außenhandel und Entwicklungszusammenarbeit, Marc Siemering, Geschäftsbereichsleiter der Hannover Messe, Bas Pulles, Kommissar für ausländische Investitionen Agency NL.

„Wir erleben einen wahren Run der niederländischen Unternehmen auf die Messe 2014“, stellt Dr. Jochen Köckler fest, Mitglied des Vorstands der Deutschen Messe. „Insgesamt rechnen wir mit einer Verdopplung ihrer Ausstellungsfläche und einer signifikanten Steigerung der Ausstellerzahl.“ Bei der vergleichbaren Messeveranstaltung 2012 hatten 80 niederländische Unternehmen ausgestellt. Köckler: „Der Maschinenbausektor in den Niederlanden wächst konstant und ist durch hochspezialisierte kleine und mittelständische Firmen geprägt. Zudem ist eine leistungsfähige Zulieferindustrie entstanden, die Kunden aus aller Welt beliefert. Auf der Messe bieten sich den Ausstellern und Besuchern gute Chancen zur Kooperation mit niederländischen Akteuren.“ Neben dem niederländischen Zentralstand in Halle 3 wird das Partnerland seine Kompetenzen auf weiteren Gemeinschaftsständen unter Beweis stellen und vier Themenfelder der Messe abdecken: Industrieautomation und IT, Energie- und Umwelttechnologien, Industrielle Zulieferung sowie Forschung und Entwicklung.

Von Ingrid Fackler
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Ingrid FacklerIngrid Fackler
Redaktion, ke NEXT

Ingrid Fackler berichtet für die ke NEXT über die unterschiedlichsten Branchen und macht die Leser schlau, in welchen Ländern diese noch Chancen haben. Nur die beiden Kontinente Afrika und Australien fehlen noch in ihrer Reiseliste. Privat ist sie aber eher häuslich, kocht und isst gerne asiatisch und italienisch und schmökert vornehmlich in Krimis.

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