Drescher bei der Arbeit,

Es herrscht trübe Stimmung in der Landwirtschaft. Trotzdem geben neueste Entwicklungen einen Anlass für Optimismus, weiß VDMA-Geschäftsführer Bernd Scherer.. (Bild: tanja_riedel; Fotolia)

Die europäische Agrartechnikindustrie befindet sich in einem schwierigen Marktumfeld. VDMA-Geschäftsführer Dr. Bernd Scherer erklärte im Rahmen der Vorpressekonferenz zur Landtechnikmesse Agritechnica am 9. September 2015: „Nach einem mehrjährigen Höhenflug hat sich das Tempo auf den internationalen Landtechnikmärkten deutlich verlangsamt.“

Branchenweit spreche man derzeit von einer Wachstumspause nach klassischem Muster, die in erster Linie auf übliche Sättigungseffekte, aber auch auf die recht schwache Einkommenssituation der Landwirte zurückzuführen sei, führt der Geschäftsführer des Verbandes aus. „In einigen Ländern machen uns außerdem politische Instabilitäten sowie ein dezidierter Mangel an verlässlichen Finanzierungsmöglichkeiten zu schaffen.“

Zweite Wirtschaftsbremse: Handelshemmnisse

Noch deutlichere Bremsspuren hinterließen Handelshemmnisse tarifärer wie nicht-tarifärer Art. Als Beispiel dafür nennt Scherer die aktuelle Situation in Russland. Für 2015 kalkuliert der Branchenverband mit einem Umsatz aus deutscher Produktion von knapp sieben Milliarden Euro, was einem Rückgang um zehn Prozent entspräche. Nach Information des Verbandes berührt dies jedoch kaum die langfristige Nachfrageentwicklung. Schließlich verzeichne die Urproduktion, deren Ertragsstärke aufs engste mit moderner Agrartechnik verbunden sei, dank weltweit steigender Nachfrage nach proteinreicher Nahrung und regenerativer Energie seit Jahren deutliche Wachstumsraten, so Scherer.

„Unter der Annahme konstanter Preise hat sich die globale Getreideproduktion innerhalb der vergangenen drei Jahrzehnte wertmäßig um 56 Prozent, das Schlachtaufkommen sogar um 106 Prozent erhöht“, betonte er. In den nächsten Jahren sei angesichts der Bedarfslage in den Schwellenländern mit weiteren signifikanten Zuwächsen zu rechnen.

Das Stimmungsbild in der Industrie ist nicht allzu optimistisch. Aus dem CEMA-Business-Barometer, einer monatlichen Befragung des Dachverbandes der europäischen Agrartechnikindustrie, lässt sich ablesen, dass die Mehrheit der interviewten Spitzenmanager von einer anhaltenden Rezessionsphase spricht. Allerdings wächst die Zuversicht in jüngster Zeit. Der Tiefpunkt scheint mittlerweile überwunden zu sein.

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Bernhard Scherer erläutert die aktuelle Situation der Landwirtschaft und Landtechnik. (Bild: DLG)

Im August bewertete deutlich mehr als die Hälfte der Befragten die gegenwärtige Geschäftssituation mit der Schulnote „gut“ oder „sehr gut“. Bei den Erwartungen für die kommenden sechs Monate spricht ein Drittel von einer Stabilisierung des Status quo, immerhin 28 Prozent sehen Wachstumspotenziale. Demgegenüber stehen 39 Prozent, die mit einem weiteren Minus rechnen.

„Geographisch betrachtet, hat das derzeitige Konjunkturtief seit dem vergangenen Jahr nahezu die gesamte Weltproduktion von Landmaschinen und Traktoren erfasst. Wir gehen davon aus, dass der Produktionswert 2015 von 100 auf 91 Milliarden Euro absinken wird“, fasst Scherer zusammen. Besonders starke Rückgänge sind in Nord- und Südamerika sichtbar. Am anderen Ende der Skala mit deutlich geringeren Abstrichen in der Produktion liegen die asiatischen Standorte, allen voran China, das sich insgesamt als stabil bis leicht rückläufig erweist.

Im Mittelfeld bewegen sich momentan die europäischen Fertigungsstätten für Landtechnik, die wertmäßig nach wie vor das Schwergewicht der Weltproduktion bilden. Für die Europäische Union lässt sich in diesem Jahr ein Durchschnittswert von minus zehn Prozent voraussehen.

Industrie passt Kapazitäten an

Bernhard Scherer,
„Nach einem mehrjährigen Höhenflug hat sich das Tempo auf den internationalen Landtechnikmärkten deutlich verlangsamt.“ Bernhard Scherer, VDMA. (Bild: VDMA)

In einem globalen Marktumfeld, in dem sich Produktionsrückgänge über einen bestimmten Zeitraum verstetigen, sei eine strikte Kostenorientierung geradezu zwangsläufig erforderlich, argumentiert Scherer auf der Veranstaltung. Entsprechende Kapazitätsanpassungen, auch personeller Art, seien in den vergangenen Monaten vielerorts nicht zu vermeiden gewesen.

Reduziert würden personelle Kapazitäten in erster Linie im Bereich der Zeitarbeit, aus dem sich momentan etwa sieben bis acht Prozent des Personalkörpers in der Landtech-nikindustrie zusammensetzten. „An den Stammbelegschaften halten die Unternehmen in hohem Maße fest, bilden sie doch mit ihrer Expertise die Voraussetzung für Wertschöpfung, Qualität und Innovationserfolg in der nächsten Aufschwungphase“, erklärt der Verband.

Auf den globalen Schlüsselmärkten für Agrartechnik zeigt sich dem VDMA zufolge ein heterogenes Konjunkturbild: Während in den USA ein großes Überangebot an Gebrauchtmaschinen bestehe, das im Verbund mit massiv sinkenden landwirtschaftlichen Einkünften zu einer regelrechten Investitionsbremse geworden sei, operiere China mit nur leichten Einbußen im Vergleich zum Vorjahr.

Als Marktprimus werde die Europäische Union ihren Anteil am internationalen Landtechnikkuchen in diesem Jahr behaupten können, erklärt der Verband. In Deutschland liegen die Investitionsplanungen rund 15 Prozent unter Vorjahr. do

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