Roboter-Software in Gießzellen 1

Der ABB-Industrieroboter erledigt in der Druckgießzelle für Drosselgehäuse seine Aufgabe: Er entnimmt Aluminiumteile aus der Druckgießmaschine, fährt mit diesen über eine Teilekontrolle, um sie auf Vollständigkeit zu überprüfen, und taucht sie dann ins Kühlbecken. Die nächsten beiden Stopps sind eine Ausblasstation, bei der das Wasser aus den Bohrungen geblasen wird, sowie eine Abbrechvorrichtung zum groben Entfernen der Grate. Anschließend legt der IRB 4400 die Teile in die Stanzmaschine, die die restlichen Grate entfernt. Registriert der Roboter Ausschussteile, schleust er sie aus der Zelle.

Die Roboterzelle steht bei der Pressmetall GDC Group im Werk Gunzenhausen und produziert überwiegend Teile für die Automobilindustrie. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht sichtbar ist, hat sich an ihr im Februar 2015 Entscheidendes geändert. Das Unternehmen setzt nun auf Robotware Machine Tending, eine flexible Softwareoption für die IRC5-Steuerung zur Inbetriebnahme und Bedienung der Roboter. Mit ihr können spezifische Produktionsabläufe schneller programmiert und die Maschine einfacher bedient werden. Generell ist der Automatisierungsgrad des Werkes sehr hoch: Rund 40 Roboter vom kleinen IRB 140 bis zum großen IRB 6600 erledigen hier verschiedenste Handhabungsaufgaben.

Inbetriebnehmer und Instandhalter können während der Programmabarbeitung des Roboters vordefinierte Positionen anpassen und sie im Raum verschieben, etwa bei Entnahmeprozessen in der Druckgießmaschine oder bei den Beladungspositionen an den einzelnen Stationen. Ziel ist eine höchstmögliche Verfügbarkeit der Anlage, indem Störsituationen so kurz wie möglich gehalten werden und Änderungen im Automatikbetrieb ohne einen Stillstand möglich sind.

ABB Machine Tendering

Im Gunzenhausener Werk von Pressmetall sind rund 40 ABB-Roboter an über 30 Gießanlagen im Einsatz. Mit der Software Robotware Machine Tending von ABB lassen sich an einer Gießzelle Parameter am Handling-Roboter während des Automatikbetriebs ändern, ohne ihn stoppen zu müssen. Das Handbediengerät Flexpendant bietet eine anpassbare grafische Benutzeroberfläche und eine hohe Flexibilität. Eine Dreiviertel Stunde reicht, um es zu beherrschen.

Roboterarbeit ist nicht immer eintönig

In der Offline-Simulations- und Programmiersoftware Robotstudio wurden in einem virtuellen Robotersystem alle Komponenten für die Anwendungen erstellt, die den Roboter umgebenden Maschinen und Vorrichtungen definiert und die Abläufe simuliert.
Rafael Heider, Prozesstechnologe in der Gießerei, erklärt: „Wir haben mit Robotware Machine Tending während des Automatikbetriebs Zugriff auf diverse Programmschritte des Roboters. Diese können wir ohne den Roboter anzuhalten, ändern. Stellen wir beispielsweise fest, dass das Gussteil länger abkühlen muss oder ein einmaliges Ausblasen über dem Ausblasrahmen nicht ausreicht, können wir Änderungen im laufenden Betrieb einfach durchführen.“ Auch ein Nachteachen von Positionen der Abbrechvorrichtung und der Stanze könne damit vermieden werden. „Ein- bis dreimal die Woche wird die Form in der Gießmaschine gewechselt. Das setzt eine hohe Flexibilität voraus“, betont er.

In die Software sind bereits wichtige Grundfunktionen für die Produktion wie das Starten und Stoppen, die Anforderung für den Halt nach Zyklusende sowie die kollisionsfreie Rückkehr in die Grundstellung im Fehlerfall, das so genannte HomePos-Running, integriert. Gab es in Vergangenheit während der Teileentnahme aus der Druckgießmaschine eine Störung, musste der Bediener den Roboter manuell aus der Maschine fahren. Um weder die Maschine noch die Werkstückform zu beschädigen, benötigte er viel Erfahrung. Trotzdem trat meist ein längerer Stillstand ein, bis die ursprüngliche Situation wiederhergestellt war. Dank der HomePos-Funktion kann der Roboter heute bei einer Störung per Tastendruck einfach aus der Zelle in seine Ausgangstellung gefahren werden – kollisionsfrei und ohne den Roboter händisch mit dem Joystick heraus manövrieren zu müssen.

Als Handbediengerät steht dem Bediener an der Roboterzelle das Flexpendant zur Verfügung. Die anpassbare grafische Benutzeroberfläche bietet Flexibilität bei den zahlreichen Anwendungen der Maschinenbeschickung und vereinfacht das Bedienen. Die einzelnen Stationen der Zelle die Roboterpositionen und Zustände der Materialhandhabungsprozesse zeigt sie mit leicht verständlichen Symbolen an.

Zusätzlich gibt sie frei definierbare Informationen wie Zykluszeiten, Bauteileinformationen oder Zykluszähler aus. Programmmeldungen erscheinen in der Titelzeile, auf Tastendruck auch um Detailinformationen ergänzt. Verschiedene Programmzyklen lassen sich definieren und auswählen.

Der Anlagenbediener muss kein Programmierexperte sein. Er erhält durch die Software einen intuitiven Zugang, um den Roboter zu bedienen. Rafael Heider bestätigt, dass ihm selbst als Laie in Sachen ABB-Roboter eine Dreiviertelstunde gereicht hat, um die Maske der Benutzeroberfläche zu verstehen.

Autor: Tobias Krieg, ABB

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