Acatech-Präsident Henning Kagermann und Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, übergeben auf der CeBIT den Bericht des Fachforums Autonome Systeme an Bundeskanzlerin Angela Merkel, Premierminister Shinzo Abe und Bundesforschungsministerin Johanna Wanka,

Acatech-Präsident Henning Kagermann und Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, übergeben auf der Cebit den Bericht des Fachforums Autonome Systeme an Bundeskanzlerin Angela Merkel, Premierminister Shinzo Abe und Bundesforschungsministerin Johanna Wanka. (Bild: Fraunhofer)

Seit Januar 2017 ist Dieter Kempf Präsident des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI). In seinem ersten Tagesthemen-Interview mit Caren Miosga sprach er sich deutlich dafür aus, dass die Wirtschaft besser erklärt werden müsse. Und das tat er zu Beginn der Computermesse Cebit 2017 in seiner Keynote zur Eröffnung der Messe. Kempf erklärte, dass für Deutschland trotz aller Weiterentwicklungen noch einige Punkte auf der Agenda stehen.

Laut Kempf hinke Deutschland beispielsweise trotz der verstärkten Bemühungen um den Ausbau der digitalen Infrastruktur in den vergangenen Jahren in Europa bei der Internetgeschwindigkeit mit durchschnittlich 14 Megabit pro Sekunde hinterher. „Das Ziel der Bundesregierung, zum kommenden Jahr eine deutschlandweite Versorgung mit 50 Megabit pro Sekunde zu erreichen, kann nur ein Etappenziel sein“, sagte Kempf. „Politik und Wirtschaft müssen die Investitionen deutlich erhöhen, um bis 2025 flächendeckend Gigabit-Infrastrukturen im Fest- und Mobilnetz verfügbar zu machen.“

Autonome Systeme nicht ohne Digitalisierung

Neben der Digitalisierung werden auf der Cebit 2017 autonome Systeme im Mittelpunkt der Schau stehen. Von autonomen Systemen ist die Rede, wenn diese ohne menschliche Steuerung oder detaillierte Programmierung ein vorgegebenes Ziel selbstständig und an die Situation angepasst erreichen können. Dazu müssen mehrere technische Herausforderungen gemeistert werden. Um Aktionen sicher und zielführend durchzuführen, muss das System seine Umwelt zunächst durch Sensoren präzise analysieren. Aus den gewonnenen Sensordaten gilt es selbstständig eine passende Handlung abzuleiten. In einem weiteren Schritt wird dieser Plan koordiniert an die Aktoren des Systems weitergegeben.

Damit spricht die Cebit einen Trend an, der auch schon auf den Industriemessen in den letzten Jahren deutlich zu erkennen ist. Die Roboter brechen aus ihren Käfigen aus. Die sogenannten Cobots sollen mit ihren menschlichen Kollegen kooperieren. Dazu müssen Sie aber noch immer programmiert werden. Das geht mittlerweile immerhin auch über Teachfunktion, bei der der Mensch den Roboter einmal führt, sodass dieser die eingeübte Bewegung anschließend selbstständig wiederholen kann

Und während derzeit viel über autonom fahrenden Autos diskutiert wird, erfährt das autonome System im Maschinen- und Anlagenbau bisher wenig Aufmerksamkeit. Dabei geht es darum Chancen wie auch Risiken autonomer Systeme für Gesellschaft und Wirtschaft einzuschätzen. Dass diese Gespräche geführt werden müssen machen die Wissenschaftler der deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) deutlich, die anlässlich der Eröffnung der Cebit einen Bericht zu den Chancen und Risiken autonomer Systeme an Bundeskanzlerin Merkel, ihren Amtskollegen aus Japan Abe und Bundeswissenschaftsministerin Wanka übergaben.

Ministerin Wanka unterstrich anlässlich der Übergabe des Berichts: „Wir haben in Deutschland bei autonomen Systemen eine exzellente Basis in der Forschung, aber auch in der Wirtschaft. Wir müssen jetzt alles daran setzen, dies auch in marktfähige Produkte zu übersetzen. Dazu wird sich das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Empfehlungen des Fachforums genau ansehen und die Arbeit an diesem Themenfeld gezielt und mit Hochdruck mit einer Plattform weiter voranbringen. Wir werden in Kürze hierzu ein Zukunftsprojekt aufsetzen.“

Chancen und Risiken autonomer Systeme

Durch den Einsatz autonomer Systeme ergeben sich viele Chancen für die Produktion in der Industrie. Zum einen werden die Bemühungen ressourceneffizienter zu arbeiten durch die weitere Automatisierung der Produktionsanlagen unterstützt. Außerdem können autonome Systeme durch ihre intelligente und schnelle Verarbeitung von neuen Impulsen auf Veränderungen bei den Anforderungen an ihr Aufgabenfeld reagieren. So wird es möglich die Industriefertigung in Zeiten der propagierten Losgröße 1 entsprechend flexibel zu gestalten, denn aufwendige Anpassungen an den Fertigungsanlagen entfahlen. So können kleine Mengen, schnell und individuell nach Kundenwunsch gefertigt werden. Daraus ergeben sich neue Möglichkeiten auch über die Produktion selbst hinaus, denn diese Art der industriellen Produktion macht neue Geschäftsmodelle möglich.

Dem steht gegenüber, dass noch immer fraglich ist, inwiefern autonome Systeme von den Menschen akzeptiert werden. Denn es wird darauf ankommen, ob der menschliche Kollege das autonome System als "Kollegen" akzeptiert. Mit dem Konzept der Cobots sind allerdings erste Schritte der Mensch-Maschine-Kooperation mittlerweile gemacht. Doch auch dort wird deutlich wie wichtig es ist, dass der Mensch keine Verletzungen in der Zusammenarbeit mit der Maschine fürchten muss.

Die Herausforderungen, darin sind sich die Forscher der acatech einig, sind vielfältig. Als Grundlage dafür gilt eine durchgängige Digitalisierung und Vernetzung. Und hier wird klar, wie stark die Zukunft der Industrie in einer smarten Fabrik vom Ausbau der digitalen Infrastruktur abhängig ist. Darüber hinaus wird es notwendig bei der Konstruktion autonomer Systeme über bisherige Disziplinen hinaus zu denken und kooperativ mit verschiedenen Spezialisten und Experten zu kooperien. Dann kann auch die Modernisierung der bestehenden Produktionsanlagen hin zu smarten Fabriken mit integrierten autonomen Systemen gelingen.

Die CeBIT - Zahlen, Daten, Fakten

Die Cebit in Hannover ist die weltweit wichtigste Veranstaltung für die Digitalisierung in Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft. Jedes Jahr treffen auf der Cebit gut 3.000 Unternehmen auf 200.000 Teilnehmer. Im Fokus stehen dabei neueste Technologien wie Artificial Intelligence, autonome Systeme, Virtual & Augmented Reality, humanoide Roboter und Drohnen. Die Digitalisierung lässt sich auf der Cebit in Anwendungsszenarien erleben.

Mit dem Topthema der Cebit 2017 „d!conomy – no limits“ rückt die CeBIT die chancenorientierten Möglichkeiten der digitalen Transformation in den Mittelpunkt. Durch ihre Kombination aus Ausstellung, Konferenz und Networking ist die Cebit Pflichttermin für die gesamte digitale Wirtschaft. Die Cebit bietet auch der Startup-Szene eine Heimat: Bei SCALE 11 präsentieren sich mehr als 400 Startups. Die Cebit 2017 wird vom 20. bis 24. März 2017 ausgerichtet. Partnerland ist Japan. hei

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