Frisch aus der Uni oder beim Wechsel des Arbeitsplatzes: Spätestens jetzt stellt sich die Frage, wo man in Zukunft arbeiten will. Lieber beim familiären Arbeitgeber von nebenan oder bei einem weltweit agierenden Großkonzern mit Niederlassungen auf allen Kontinenten? Auch Ingenieure haben die Qual der Wahl bei der Suche nach dem richtigen Arbeitgeber.

Vor allem muss die Stelle zu einem passen, müssen die Aufgaben beim neuen potenziellen Arbeitgeber attraktiv sein. Denn nach einer Umfrage der Personaldienstleisterfirma Hays binden sich Wissensarbeiter nicht an ihren Arbeitgeber, sondern eher an ihre Tätigkeit. Welche Tätigkeit zu wem passt, sollte also gründlich überlegt werden. Als klassische erste Wahl fassen viele Arbeitssuchende die großen Unternehmen ins Auge. Bei Ingenieuren wären das beispielsweise Unternehmen wie Bosch Rexroth, Continental oder SKF.

Stichwort Internationalität

Wenn man die Personalleiter der Großkonzerne fragt, fällt öfters das gleiche Stichwort: „Internationalität“. Wer gerne global tätig sein will, ist hier richtig, denn „Karriereperspektiven im In- und Ausland“, wie Frank Hirschmann, Personalleiter bei SKF, oder die „Arbeit in internationalen Teams“, wie es Dr. Konstantin Drozhdin von Continental ausdrückt, liegen hier an der Tagesordnung und sind eine tragende Säule.

Aber nicht nur das Arbeiten auf internationaler Ebene oder mit internationalen Kollegen bieten Großkonzerne. Auch die Vielfalt der Tätigkeitsfelder haben sie gemein. So finden Ingenieure bei großen Unternehmen zahlreiche Felder, in denen sie im Team oder als Führungkraft aktiv werden können. Bei SKF ist das zum Beispiel im Bereich Sustainabilty möglich, da dieser Sektor das ganze Unternehmen prägt. Denn die umweltverträglichen und ressourcenschonenden Technologien spielen beim Konzern sowohl im Bereich Automotive als auch in der Industrie eine zentrale Rolle.

Dafür wird in den verschiedenen Unternehmen auch viel in Forschung und Entwicklung investiert. Und die Chance an der Zukunft mitzuwirken, wollte sich Ingenieur Norbert Balbierer, tätig bei Continental, nicht nehmen lassen: „Continental bietet als internationaler Automobilzulieferer, Reifenhersteller und Industriepartner die Möglichkeit, an der Zukunft des Automobils und der Mobilität von morgen zu arbeiten. Mich spricht das an, weil mein berufliches Interesse der Forschung und Entwicklung gilt.“

Weil die Vorteile bei einem Großkonzern – von internationaler Tätigkeit, spannenden globalen Projekten und technologieübergreifende Arbeiten – so groß sind, sind die Bewerbungskriterien auch sehr hoch: „Ingenieure sollten Eigeninitiative, fachliche, soziale und interkulturelle Kompetenz an den Tag legen. Wir brauchen aufgeschlossene und mutige Persönlichkeiten, die Entscheidungen kritisch hinterfragen und Konflikten konstruktiv begegnen“, erklärt SKF-Personalchef Hirschmann. Weiterhin sollten Bewerber eine gute Abschlussnote, einen Auslandsaufenthalt, außeruniversitäre Aktivitäten und kommunikative Kompetenzen mitbringen. Auch bei Continental wird darauf geachtet, dass die neuen Mitarbeiter „Lust haben in internationalen Teams zu arbeiten, bereit sind Verantwortung zu übernehmen und Dinge kritisch zu hinterfragen.“ Deswegen müssen Bewerber auch meist ein mehrstufiges Vorstellungsgespräch erdulden, von mehreren Telefoninterviews bis hin zu Assessment-Centern. „Ein erstes Kennenlernen erfolgt im Rahmen eines Telefoninterviews.“

Bei der Bewerbung auf eine konkrete Position als Professional oder Hochschulabsolvent gibt es nach dem Telefoninterview ebenfalls ein bis zwei persönliche Gespräche“, erklärt Dr. Ingo Rendenbach, Leiter der Personalabteilung von Bosch Rexroth.

Trotzdem würde sich Balbierer wieder für den Großkonzern entscheiden, obwohl die Konzernstrukturen komplex sind: „Großkonzern-Strukturen, die man erst nach und nach durchschaut, vielschichtige Zusammenhänge im Unternehmen – das in der Gesamtheit zu überblicken benötigt etwas Zeit. Selbst nach fünf Jahren im Unternehmen lernt man immer wieder etwas Neues kennen, was für mich ein wichtiger und wertvoller Teil meiner Arbeit ist.“

Doch nicht nur nur der klassiche Großkonzern bietet Ingenieuren gute Karriere- und Aufstiegschancen. Auch das mittelständische Familienunternehmen bietet viele Perspektiven.

Flache Hierarchien

Der Spezialist für Sicherheitstechnik Euchner in Leinfelden-Echterdingen wird in dritter Generation von Diplom-Ingenieur Stefan Euchner geführt. Für ihn ist ein gewisser Pragmatismus wichtig, die Zuversicht, dass man sein Umfeld aktiv gestalten kann. Neben Kreativität demonstriert der Geschäftsführer auch eine Unternehmensphilosophie der offenen Tür. Mitarbeiter können auch ohne Termin gerne mit ihm sprechen, Kritik äußern oder Verbesserungsvorschläge vorbringen. Geschäftsführer Euchner: „Das Besondere an einem mittelständischen Unternehmen ist natürlich, dass es nicht so groß ist und dank der flachen Hierarchien die Entscheidungswege für alle Mitarbeiter transparent erscheinen, sodass sie die Ursache und Wirkung bei vielen Prozessen nachvollziehen können.“

Was das Aufgabengebiet angeht, haben Mitarbeiter bei einem Familienbetrieb einen Vorteil zu ihren Kollegen aus dem Großkonzern: Ein Konstrukteur oder Ingenieur spielt über die Produkte zum einen in der internationalen Liga mit und soll gleichzeitig Aufgaben jenseits seines fest umrissenen Gebiets übernehmen.

Bei der Bewerbung müssen potenzielle Mitarbeiter keine Assesment-Center bestehen, denn bei Euchner zählt die praktische Bewährung: „Bei uns kann man relativ früh Verantwortung bekommen. Nach einem Jahr kann das durchaus sein“, erkärt der Geschäftsführer. Hautpcharakterzüge eines Euchner-Ingenieurs: „Er sollte pragmatisch, offen, flexibel, optimistisch und teamfähig sein“, betont Andreas Weissbeck, Leiter Personal. Es handle sich einfach um ein „gegenseitiges Austarieren, ob es für beide Seiten passt“, präzisiert Euchner.

Welcher Typ bin ich?

Ob nun Großkonzern oder Familienunternehmen – wo man arbeiten will, muss jeder selbst entscheiden. Für Balbierer war Arbeitgeber Continental genau richtig, denn für ihn gibt es keinen wesentlichen Unterschied zwischen Großkonzern und Familienunternehmen. Breche man die Organisationseinheiten herunter, stelle jedes ein eigenes Ökosystem dar. „Die Frage ist, ob man sich in seinem jeweiligen Ökosystem wohl fühlt“, sagt Balbierer.

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