Hörakustikmeister Maximilian Bauer
Hörakustikmeister Maximilian Bauer. (Bild: ke NEXT/jv)

ke NEXT hat mit jemandem gesprochen, der sich beruflich darum kümmert, dass Menschen die Ruhe bekommen, die sie brauchen: mit dem Hörakustikmeister Maximilian Bauer. Er betreibt neben seinem Geschäft “Neues Hören” einen Online-Shop und beliefert seine Kunden mit Ohr­stöpseln, Otoplastiken, Bügel- und Kapselgehörschutz.

Herr Bauer, welche Gehörschutzmöglichkeiten für das Arbeiten im Großraumbüro gibt es?

Bereits einfache Schaumstoffohrstöpsel bringen einen Dämmwert von ungefähr 30 bis 35 Dezibel. Das ist fast so gut wie ein großer Kapselgehörschutz. Sie sind aber ein bisschen umständlich, wenn man sie schnell rein und raustun möchte.

Reden wir mal über Lautstärke. Wie viel Dezibel produzieren die Kollegen im Großraumbüro.

Da gibt es verschiedene Messungen. Ins Telefon spricht man meistens mit 70 Dezibel, weil es sonst zu leise für den Gesprächspartner auf der anderen Seite ist. Außerdem will man ja auch seinen gegenüber sitzenden telefonierenden Kollegen übertönen. Und wenn man zwei gleich laute Schallquellen addiert, hat man schon drei Dezibel mehr, also 73. Bei vier Telefonierenden kommt man auf 76 Dezibel, wobei die anderen ja wieder weiter entfernt sitzen. Dann muss man den Nachhall im Raum berücksichtigen und so weiter. Ich würde schätzen, dass der ständige Lärmpegel gemittelt von 75 bis 78 Dezibel beträgt. Das ist aber noch nicht gehörschädigend.

Aber auch auf die Dauer nicht gut, oder?

Der Schaden für die Seele und für die anderen Körperfunktionen darf nicht unberücksichtigt bleiben. Es gibt Forschungen, die von erhöhtem Herzinfarktrisiko, Tinnitus und Stresskrankheiten ausgehen. Bereits ein ständiges Computerrauschen nervt jeden so sehr, dass er Stressschäden davon trägt. Die Konzentration leidet total unter Lärm. Und das Kurzzeitgedächtnis wird schlechter, je lauter es im Büro zugeht.

Und welche Gehörschutzlösungen empfehlen Sie?

Wenn man ständig telefoniert, gibt es abgeschirmte Headsets. Aus Bequemlichkeitsgründen würde ich ansonsten Kapselgehörschutz empfehlen. Der lässt sich schnell auf- und absetzen und hat einen hohen Dämmwert. Wobei die Frage ist, ob man über acht Stunden mit dem Anpassdruck zurechtkommt. Viele empfinden das als unangenehm.

Wie laut sind denn die 40 Dezibel, die wir nach der Dämmung mit Gehörschutz im Großraumbüro noch haben?

Wie ein lauteres Flüstern. 30 Dezibel simulieren eine leichte Schwerhörigkeit, die allerdings noch nicht behandlungsbedürftig wäre. Wenn man zwei bis drei Stunden am Computer arbeitet und die Schaumstoffgehörschutzstöpsel sitzen angenehm, dann ist alles gut. Aber wenn man einen engen oder abgewinkelten Gehörgang hat, fällt es einem ja schon schwer, die Stöpsel einzuführen. Da ist dann der Kapselgehörschutz die Lösung. Man kann auch eine Otoplastik, also ein Maßohrstück, nach einem Abdruck vom Ohr anfertigen lassen. Diese kann das ganze Ohr ausfüllen oder eine Stöpselform besitzen, hart oder weich sein, mit oder ohne Filter.

Was hilft einem Konstrukteur oder Ingenieur, der mit Kollegen in einem Büro arbeitet, und der seine Ruhe haben und dennoch das Telefon hören möchte?

Dass man das Telefon hört, aber die Kollegen nicht und es trotzdem ganz still sein soll, mit dieser Herausforderung werden wir fast immer konfrontiert. Es ist schwierig, ein Produkt zu empfehlen, das dies kann. Es sollte ja auch noch angenehm zu tragen sein. Ich würde für den Fall eine Maßanfertigung empfehlen, da man das Problem ja über Monate hat. Der dämmt sehr gut, ist hygienisch und schnell einsetzen.

Wie viel Dezibel kann ich damit dämmen?

Nicht mehr als bei den Schaumstoffgehörschutzstöpseln, wenn diese hundertprozentig eingesetzt wurden. Wir kommen auf einen Maximalwert von etwa 32 Dezibel. Die Vorteile sind mehr der Tragekomfort und die Langlebigkeit.

Das heißt, ich würde noch etwas hören, aber alles gedämpft wie durch Watte?

Genau. Die vollkommene Abgeschiedenheit können wir nicht herstellen. Denn Luftschall überträgt sich auf den Körper und wird zu Körperschall. Die Vibrationen werden über die Knochen weiter ans Ohr weitergetragen. Es gibt einige Firmen, die werben beispielsweise damit, dass mit ihrem Produkt der Wecker hörbar bleibt, das Schnarchen aber unterdrückt wird. Das klingt so toll, als könnten die Produkte das speziell. Dabei handelt es sich um lediglich einen mittleren Dämmwert von etwa 23 Dezibel, der nicht zu stark und nicht zu schwach ist.

Und was kann jemand tun, der zum Konstruieren richtigt Ruhe braucht? Die 30 Dezibel im Mittel reichen ihm dann nicht aus.

Ich würde dann zum Kapselgehörschutz raten. Das hat auch eine gewisse Signalwirkung, wenn man sich den aufsetzt. Wer noch mehr Ruhe benötigt, kann auch unter dem Kopfhörer zusätzlich Ohrstöpsel tragen.

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