Rechtsanwalt Gregor Lintl gehört zum Vorstand der Münchner Kanzlei Ihr Anwalt 24, die sich auf

Rechtsanwalt Gregor Lintl gehört zum Vorstand der Münchner Kanzlei Ihr Anwalt 24, die sich auf Markenrecht und Gewerblichen Rechtsschutz spezialisiert hat. (Bild: Ihr Anwalt 24)

Herr Lintl, folgender Fall: Einige Ingenieure haben eine neue Produktidee besprochen, ein Kollege hat mitgehört und die Idee beim Arbeitgeber als seine Erfindung angemeldet. Die Ingenieure möchten gerne wissen: Was können sie tun?

Das wird schwierig. Schutz- und patentfähig wird die Idee erst dann, wenn es schon Pläne für eine konkrete technische Umsetzung gibt. Wenn sich der Kollege dazu selbst Gedanken gemacht hat, ist letztlich er der Erfinder. Deshalb würde ich mit solchen Ideen immer hinter dem Berg halten, bis ich sie umgesetzt habe.

Das heißt, sofern ich noch nichts geschützt habe, sollte ich immer schweigen?

Ja, außerhalb des Entwicklungsteams schon. Denn es gibt noch ein weiteres Problem: Eine Erfindung muss neu sein. Sobald sie offenbart ist, kann ich sie nicht mehr schützen. Gerade in diesem technischen Bereich muss man also immer die Klappe halten. Es sei denn, ich möchte, dass niemand die Idee schützen kann.

Was meinen Sie damit genau?

Es gibt Firmen, denen die ständigen Patentanmeldungen für Kleinigkeiten zu teuer sind. Deshalb veröffentlichen sie diese in irgendeinem Magazin, das keiner liest. Oder manche haben eine Tafel im Hof stehen, auf der die Erfindung drei Tage ausgehängt wird, sodass man sie sehen könnte, wenn man außen vorbeigeht.

Und das funktioniert?

Ja, denn wenn die Firma die Erfindung nicht mehr patentrechtlich schützen lassen kann, weil sie offenbart ist, kann das niemand mehr – und zwar weltweit nicht!

Gregor Lintl wirkte mehrere Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht bei Prof. Dr. Olaf Sosnitza (zugleich Richter am OLG Nürnberg) an der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg.

Rechtsanwalt Gregor Lintl gehört zum Vorstand der Münchner Kanzlei Ihr Anwalt 24, die sich auf Markenrecht und Gewerblichen Rechtsschutz spezialisiert hat. Bild: Ihr Anwalt 24

Rechtsanwalt Gregor Lintl gehört zum Vorstand der Münchner Kanzlei Ihr Anwalt 24, die sich auf Markenrecht und Gewerblichen Rechtsschutz spezialisiert hat.

Aber die Offenbarung muss man beweisen können …

Deshalb bestätigt in diesen Fällen ein Notar den Aushang.

Ein interessanter Trick, wenn sich ein Unternehmen die Kosten sparen und trotzdem die Konkurrenz ausschalten will.

Man muss natürlich aufpassen, dass man das nicht so macht, dass die Konkurrenz sofort Wind davon bekommt. Es soll ja ein Geschäftsgeheimnis bleiben, nur eben nicht mehr patentierbar sein. Andere Firmen nehmen die Erfindung in einem internen Kompendium auf, in das sich jeder Einsicht verschaffen kann. Nur gibt es für die etwa 5000 Seiten kein Inhaltsverzeichnis.

Aber auch mit Patenten schaltet man die Konkurrenz aus?

Ja, grundsätzlich würde ich mir als Unternehmen meine Innovationen als Patent schützen lassen. Hier verhalten sich viele in der Branche extrem stiefmütterlich. Was ich nicht patentrechlich schützen lasse, kann jeder nachbauen. Viele, die das nicht tun, ärgern sich später und kommen zu uns in die Kanzlei. Dann kann ich nur noch über das Wettbewerbsrecht kommen, über die sklavische Nachahmung oder über sowas wie Rufausbeutung. Aber da muss dann immer in dem Produkt selbst ein Hinweis enthalten sein, dass ich unbedingt an den Hersteller denke. Das ist oft fast nicht nachzuweisen. Und ich brauche eine wettbewerbliche Eigenart von dem Produkt. Die Umsetzung darf nicht technisch bedingt sein und so weiter. Es ist im Regelfall richtig schwierig, da vorzugehen.

Kommen wir noch mal auf unsere Ingenieursgruppe zurück. Angenommen, sie hat schon eine technische Umsetzung der Idee erarbeitet. Was gilt denn dann?

Dann könnte sie dem Arbeitgeber gegenüber argumentieren, dass sie zusammen mit dem Kollegen Miterfinder ist. Nur, wenn der Kollege nachweisbar keine Eigenarbeit geleistet hat, kann man ihn raus kegeln. Ein Erfinder muss schließlich einen erfinderischen Schritt gemacht haben.

Für den Arbeitgeber wird es dann problematisch, wenn die Konkurrenz die Idee stiehlt, beispielsweise weil sich die Kollegen im Flugzeug unterhalten haben.

Das ist ein schwerer Fehler, der nicht passieren darf. Ich quatsche nicht in der Öffentlichkeit über meine Interna. Was ich selbst schon erlebt habe: Dass jemand interne Papiere auf dem Flugzeugsitz vergessen hat. Das ist extrem fahrlässig. Wenn die Konkurrenz hingegen eine vorher schon öffentliche Erfindung gestohlen hat, dann kann ich das Patent angreifen. Denn dann gilt die Erfindung als Stand der Technik, weil sie schon offenbart ist.

Und wenn die Konkurrenz heimlich fremde Aufzeichnungen fotografiert und zum Patent angemeldet hat? Man müsste doch beweisen, dass sie die gestohlen hat, oder?

Ja, logisch. Das einzige, was ich machen kann, wenn sie mir das Patent entgegenhalten, weil ich es nutze, ist, dass ich sage: Ich habe interne Papiere gehabt, wir haben das entwickelt und vorher schon benutzt. Dann habe ich zumindest ein Benutzungsrecht gegenüber dem Patent. Auch das ist nicht ganz einfach nachzuweisen. Nochmal: Nie in der Öffentlichkeit über interne Dinge reden, Dokumente nicht per Mail und am besten verschlüsselt übergeben!

 

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