Rechtsanwalt Gregor Lintl gehört zum Vorstand der Münchner Kanzlei Ihr Anwalt 24, die sich auf

Rechtsanwalt Gregor Lintl gehört zum Vorstand der Münchner Kanzlei Ihr Anwalt 24, die sich auf Markenrecht und Gewerblichen Rechtsschutz spezialisiert hat.

Wenn sich ein Patent oder Gebrauchsmuster noch nicht anmelden lässt, weil sich das Produkt noch im Entwicklungsstadium befindet, man jedoch mit Geschäftspartnern über die Entwicklung sprechen muss, bietet sich ein Geheimhaltungsvertrag an. Über die Vor- und Nachteile sprach ke NEXT mit dem Münchner Rechtsanwalt Gregor Lintl.

Herr Lintl, für welche Fälle sind Geheimhaltungsvereinbarungen wichtig?

Es gibt mehrere Punkte, wo Geheimhaltungsvereinbarungen wichtig werden. Einmal dort, wo ich noch kein Schutzrecht besitze, aber auf einen Investor, Geschäftspartner oder Mitentwickler zugehen möchte und ihm deshalb vertrauliche Informationen offenlegen muss. Dann benötige ich einen gewissen Schutz, dass der andere die Informationen nicht selbst verwertet oder an Dritte weitergibt. Oft wird auch eine Geheimhaltungsvereinbarung geschlossen, wenn Schutzrechte für die Sache nicht möglich sind. Der andere könnte das Geheimnis ja mangels Schutzrecht sonst frei verwerten.

Welche Regeln gelten denn für eine Geheimhaltungsvereinbarung?

Eine Geheimhaltungsvereinbarung unterliegt der auch sonst im Zivilrecht üblichen Vertragsfreiheit. Das heißt, ich kann individuell ausmachen, dass der andere das, was er sonst frei dürfte, nicht mehr machen darf. Dazu ist eine Geheimhaltungsvereinbarung regelmäßig strafbewehrt. Denn ohne Vertragsstrafe würde die Vereinbarung nichts
bringen.

Wie hoch sollte die Vertragsstrafe bemessen sein?

Wenn die Vereinbarungen vorformuliert sind, gilt unter Umständen das AGB-Recht, also das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wobei es zwischen Unternehmern eigentlich sonst nicht gilt. Aber wenn eine ganz klare Überforderung oder überraschende Klausel oder bestimmte Klauselverbote enthalten sind, gilt es nach der Rechtsprechung letztlich doch wieder. Deshalb muss man eine Waage finden zwischen „Jetzt wird es ernst, das tut weh, wenn ich den Vertrag verletzte“ und einer sittenwidrigen Überforderung des Gegners. Wenn ich die Vertragsstrafe zu hoch ansetze, kann es passieren, dass die Klausel komplett ungültig ist. Wobei man das unter Umständen mit einer salvatorischen Klausel verhindern kann, also einer Klausel, die regelt, was im Falle einer teilweisen Unwirksamkeit gelten soll.

Angenommen, der Vertragspartner hat geschwätzt. Wie gehe ich dann weiter vor?

Dann habe ich ein großes Problem. Denn gerade die Durchsetzung kann sich als relativ kompliziert gestalten. Wenn ich meine Idee bei einem Dritten wiederfinde, sogar noch in Abwandlung, dann wird es sehr schwierig. In der Regel wird man die Vertragsstrafe einklagen müssen, und dazu muss man die Sachlage beweisen können. Das ist ein Problem von den Geheimhaltungsvereinbarungen, aber man hat eben nichts Besseres zur Verhinderung.

Das heißt, es ist kein Verhinderungsinstrument, sondern lediglich ein Einschüchterungsinstrument?

Der andere hat natürlich ein Risiko, das er in Anspruch genommen wird. Aber es sind nicht einfach durchzusetzbare Instrumente. Wichtig ist, dass man gerade bei größeren Projekten in den Geheimhaltungsvereinbarungen regelt, wer mit den Geheimnissen in Berührung kommen darf. Dass also bestimmte Informationen nur an bestimmte Personen des anderen Unternehmens weitergetragen werden dürfen.

Sie meinen, man muss bei einer Firmenkooperation regeln, wer die Geheimnisträger der anderen Firma sind?

Ja. Die andere Frage ist aber auch, was macht man mit der Information, wenn die Kooperation platzt? Wie schaut man, dass das Wissen wieder gelöscht wird? Die Vereinbarung muss dann noch nachwirken. Papier kann leicht geschreddert werden, aber Daten, die auf dem Server liegen, sind problematisch.

Es gibt ja inzwischen Zugangssperren und Verschlüsselungstechnologien, die allerdings noch relativ selten genutzt werden.

So etwas wäre schon gut. Gerade auch, dass man verschiedene Wissenslevel einbaut und bestimmt, wer ein Passwort bekommt und was sich die einzelne Person anschauen darf.

Das heißt, die physische Zugangssperre plus Geheimhaltungsvertrag wäre eine gute Kombination.

Ja, absolut.

Was kostet denn eigentlich so ein Geheimhaltungsvertrag?

Das kommt darauf an, was geregelt werden soll. Es gibt unglaublich viele Vorlagen im Internet, die man aber nicht nehmen sollte, weil es darum geht, die Vereinbarung an das entsprechende Projekt anzupassen. Ein reiner Geheimhaltungsvertrag ist nicht teuer. Bei einer Forschungs- und Entwicklungsvereinbarung ist das aber nur ein Punkt von vielen und da sind die Preise nach oben offen.

Was macht man als kleines Unternehmen, das sich keine individuell angepassten Verträge leisten kann?

Dann sollte man sich zumindest von dem Anwalt seines Vertrauens eine Vorlage fertigen lassen, weil Klauseln aus vorformulierten Internet-Verträgen ja auch nichtig sein können.

Gibt es noch eine andere Chance, gegen Verletzer vorzugehen als aus dem Geheimhaltungsvertrag?

Wenn es beispielsweise um ein nachgemachtes Design geht, dann hat man ganz am Ende noch das Wettbewerbsrecht, das einem vielleicht hilft. Bei dem vorvertraglichen Vertrauensverhältnis oder anderen zivilrechtlichen Ansprüchen müsste ich nachweisen, dass ich einen tatsächlich entstandenen Schaden habe, was schwierig ist. Bei einer Vertragsstrafe geht es hingegen um einen pauschalierten Schadensersatz, der schon vorher ausgemacht ist.

Wie wichtig ist es, Vertrauen zu seinen Vertragspartnern zu haben?

Das ist sehr wichtig. Gerade bei ausländischen Partnern, denn selbst wenn ich einen deutschen Gerichtsstand vereinbare, habe ich Mühe, die Vertragsstrafe beispielsweise in China zu vollstrecken.

Das heißt von der Reihenfolge also: Erst das Vertrauen, dann technische Maßnahmen wie Kopierschutz und drittens eine Geheimhaltungsvereinbarung?

Solange ich keine entsprechenden Schutzrechte habe: ja.              

 

Das Interview führte Angela Unger, Redaktion

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