Mann am Schreibtisch mit Buch,

Interim Manager sind erfahren im Projektmanagement und in der Umstrukturierung von Unternehmen. (Bild: Pixabay.com)

Was genau verbirgt sich hinter der Bezeichnung Interim Manager?
Eine konkrete Definition ist gar nicht so einfach, da es keine zertifizierte Jobbezeichnung ist. Der Einsatzbereich ist breit gefächert und auch das Verständnis der Kunden von einem Interim Manager ist nicht immer identisch. Wir verstehen unter einen Interim Manager jemanden, der operativ beim Kunden vor Ort innerhalb kürzester Zeit Aufgaben übernimmt. Er wird innerhalb von 48 Stunden im Unternehmen platziert und muss aufgrund eines breiten Erfahrungsschatzes die Dinge vorantreiben.

Was haben Interim Manager bei Ihnen dann für eine Qualifikation?
Wichtig sind Berufs- und Lebenserfahrung. Wir versuchen von den Kompetenzen her ein größtmögliches Match hinzubekommen, und in den meisten Fällen gelingt uns das auch. Aber bei dem einen oder anderen Kernthema kann es eventuell auch mal spannend sein, einen Manager im Haus zu haben, der vielleicht Erkenntnisse aus einer anderen Branche mitbringt. Zum Beispiel beim Thema Qualitätsmanagement. Da sehen wir oft noch große Unterschiede im Bereich Maschinenbau und der Automotive-Branche. Einige Dinge sind im Automotive-Bereich schon teilweise über Jahre, wenn nicht sogar über Jahrzehnte, anders im Unternehmensalltag integriert als wir das vielleicht bei manchen Sondermaschinenbauern sehen. Beispielsweise im Bereich Prozesse und Dokumentationen ist im Maschinenbau oft noch Nachholbedarf. Hier kann es manchmal ganz spannend sein, mal einen Automotive-Experten ins Unternehmen zu holen, weil dieser die Prozesse aus einem anderen Blickwinkel betrachtet. Aufgrund seines abweichenden Hintergrunds, sieht dieser die Prozesse und Dokumentation differenzierter und kann neues Know-how ins Unternehmen einbringen.

Wichtig ist aber die Erfahrung eines jeden Interim Managers. Sie müssen die Aufträge, Tagesgeschäfte und Projekte beim Kunden schon zig Mal durchgeführt haben, um eben auch schnell in dieser Funktion wirken zu können. Das ist mit Sicherheit entscheidend. Wir erwarten deshalb auch starke Führungskompetenzen von unseren Managern, weil sie Verantwortung und meist auch eine Führungsrolle übernehmen müssen. Für den Projekterfolg sind sie darauf angewiesen, dass die Mitarbeiter vor Ort, die festangestellt im Unternehmen tätig sind, auch folgen. Ideal ist es, wenn diese sogar die Veränderungsprozesse aktiv mitgestalten.

Annette Elias,
Annette Elias, Gründerin und Inhaberin der Firma Interim Profis. (Bild: Interim Profis)

Werden Ihre Manager, die Sie vermitteln, auch von Ihnen fortgebildet? In Richtung Motivation oder neues Projektlösungs-Management?
Das tun wir tatsächlich. Wir bieten regelmäßig, zum großen Teil sogar kostenlos, Fortbildungsveranstaltungen für unsere Interim Manager an. Das können manchmal auch Workshops zu Softskill-Themen wie „Wie präsentiere ich mich bei einem Kundentermin?“ sein. Auch harte Fakten können thematisiert werden – so fahren wir zum Beispiel jedes Jahr zur Hannover Messe. Hier sprechen wir gezielt unsere technischen Interim Manager an und machen gemeinsam einen geführten Messetag, wo wir uns Innovationen anschauen. In den letzten Jahren waren wir beispielsweise beim VDMA zum Thema Predictive Maintenance und haben uns ganz neue Entwicklungen im Bereich agile Materialversorgung beim Fraunhofer Institut zeigen lassen, um einfach den Blick zu weiten und zu sehen, welche Dinge zukünftig auf die Branche zukommen.

Wie ist die Resonanz am Markt? In welchen Branchen ist ein enormer Anstieg zu verzeichnen?
Der Bedarf an sich ist auf jeden Fall gestiegen. Unsere internen Branchenstudien zeigen, dass der Markt im letzten Jahr wieder um 15 Prozent gewachsen ist. Demnach befinden wir uns in einem ganz klaren Wachstum. Vor fünf Jahren musste ich zu Beginn den Begriff Interim Management oft erklären, was heute nur noch selten der Fall ist. Die meisten Kunden haben heute eine ungefähre Vorstellung davon, was ein Interim Manager macht. Das heißt aber nicht, dass es gerade im Mittelstand ein Tool ist, was mit völliger Selbstverständlichkeit eingesetzt wird. Das sehen wir noch nicht. Aber zumindest merken wir, dass darüber gesprochen wird und die Einsatzmöglichkeiten klar sind.

Bei vielen schwingt auch immer noch direkt das Thema Sanierung oder Insolvenznähe im Kopf mit. Das ist ein typisches Thema in Deutschland, weil das Thema Interim Management tatsächlich stark zum Ende der 1990er Jahre nach Deutschland kam; und dann sehr stark auch in den Unternehmen in den neuen Bundesländern zum Einsatz kam, wo eben über die KFW Veränderungsprozesse in den ehemaligen staatlichen Unternehmen durchgeführt wurden. Deshalb verbinden das noch sehr viele Unternehmen in Deutschland mit Sanierung und Insolvenz. Aber das ist nur in knapp 15 Prozent der Fälle so.

Bei den anderen Unternehmen sind es eher generelle Change-Prozesse, wie Marktanpassungen oder die Veränderung durch Gesellschafterwechsel, die aufgrund einer M&A-Transaktion entstehen. Beispielsweise bei einem Unternehmen, das als Nachfolgelösung an einen strategischen oder an einen Finanzinvestor geht. Hier entsteht dann ein gewisser Druck, dass Prozesse verändert werden müssen, gerade wenn zum Beispiel internationale Investoren ins Spiel kommen. Aber auch eine rote Zahl kann der ausschlaggebende Punkt sein, warum Prozesse verändert werden sollen oder modernisiert werden müssen.

Haben Sie auch die Erfahrung gemacht, dass Unternehmen kritisch gegenüber solchen Managern sind? Aufgrund von Firmengeheimnissen, die dieser Interim Manager dann erfährt?
Das sehen wir relativ selten. Es gibt zwar in dem einen oder anderen Kernthema einen gewissen Vorbehalt, allerdings darf man nie vergessen, dass die Manager deutlich sagen: „Ich bin Interim Manager aus Überzeugung.“ Natürlich werden Stillschweige-Vereinbarungen unterschrieben, dass ein Interim Manager Informationen aus dem Unternehmen nicht mit nach außen nimmt. Aber das könnte sich ein Manager auch gar nicht leisten, da diese sich ja doch relativ stark innerhalb einzelner Branchen bewegen. Das kann keiner aufgrund seines Rufs auch nur im Ansatz riskieren.

Ich glaube in diesem Punkt ist die Gefahr bei Festangestellten viel größer, denn wenn sie jetzt nicht gerade im Bereich Forschung und Entwicklung arbeiten, lasse ich ja nicht üblicherweise meine Angestellten eine entsprechende Verschwiegenheitsvereinbarung unterschreiben. Da sitzen ja auch Know-how-Träger, die abgeworben werden können. Da sind die Unternehmen viel leichtsinniger als bei einem Interim Manager. Aber entsprechende Vereinbarungen sind nicht ungewöhnlich. Teilweise sind sie auch schon Bestandteil unserer Dienstleistungsverträge, die wir mit den Kunden haben.

Wenn jetzt ein Unternehmen bei Ihnen einen Interim Manager anfragt, wie läuft dieser Prozess ab?
Ein gutes Briefing ist hier sehr wichtig. Dazu gehört, dass geklärt werden muss, welche Kompetenzen und Erfahrungen der Interim Manager mitbringen muss. Zusätzlich müssen natürlich auch die Rahmenbedingungen festgelegt sein, wie beispielsweise wann der Interim Manager spätestens vor Ort sein muss, ob es überhaupt ein Vollzeitthema ist und ob eventuell Homeoffice möglich wäre. Denn oft reicht es je nach Projekt vielleicht auch aus, wenn der Manager nur drei oder vier Tage in der Woche im Kundenunternehmen tätig ist. Das ist vor allem vor dem Kostenhintergrund manchmal eine gute Überlegung, die Unternehmen einfach treffen müssen. Lieber sollten diese einen erfahrenen Manager für nur vier Tage pro Woche unter Vertrag nehmen, als aufgrund des Preises einen günstigeren Manager einzukaufen und deshalb auf eine kommunikationsstarke Persönlichkeit, dessen Kompetenzen und Know-how zu verzichten.

Außerdem müssen wir verstehen, welcher Typ Manager in diesem Unternehmen funktioniert. Also welche Persönlichkeit stellt sich das Unternehmen für die Position vor. Das alles geht nur, wenn wir die Aufgabe verstanden haben. Wir fragen zum Beispiel ganz gezielt nach, warum jetzt Druck auf dem Thema ist, was mit dem vorherigen Stelleninhaber passiert ist oder wie lange diese Funktion im Unternehmen vielleicht schon nicht besetzt ist. Wir müssen die Rahmenbedingungen genau kennen, um auch zu verstehen, welcher Manager der Richtige sein könnte. Denn nur wenn die richtige Persönlichkeit vor Ort ist, kann diese die Mitarbeiter richtig einbinden, abholen und dauerhaft mitnehmen.

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