Projektmanagement,

Wie dynamisch muss das Projektmanagement heutzutage sein? (Bild: Pixabay - Geralt)

Vielen Unternehmen sowie Projekt- und Changemanagern ist unklar, wann bei Projekten ein agiles Vorgehen angesagt ist oder wann die bewährten Projektmanagementmethoden zu bevorzugen sind. Eine Orientierungshilfe beim Beantworten dieser Frage ist die von dem Professor für Management an der Hertfordshire Business School in Großbritannien Ralph Douglas Stacey entwickelte Stacey-Matrix. Ihr liegt die Annahme zugrunde, dass bei einem Projekt sowohl die Ziele, die zu erreichen sind, als auch der bestmögliche Weg dorthin mehr oder weniger klar oder unklar sein können. Abhängig davon gilt es, vier Entscheidungssituationen zu unterscheiden.

Einfach, kompliziert, komplex oder gar chaotisch?

Eine Managemententscheidung ist der Stacey-Matrix zufolge einfach, wenn außer dem Ziel (und den Lösungsanforderungen) auch der Weg dorthin klar ist – zum Beispiel, weil das Unternehmen schon Routine im Lösen entsprechender Aufgaben hat. Dann ist folgendes Handeln angesagt: Anschauen, einordnen, ableiten, reagieren.

Sind jedoch das Was oder das Wie teilweise unklar, dann wird es kompliziert. Dann empfiehlt sich folgendes Vorgehen: anschauen, analysieren, reagieren.

Was ist, wenn neben den Zielen (und Lösungsanforderungen) auch der Weg dorthin unklar ist – zum Beispiel, weil die Herausforderung neu ist? Dann ist die Entscheidungsfindung komplex. Es empfiehlt sich folgendes Vorgehen: probieren, anschauen, reagieren, erneut probieren, anschauen, reagieren und so weiter – also in iterativen Schleifen arbeiten, um sich dem Ziel allmählich zu nähern.

Chaotisch wird die Entscheidungsfindung, wenn neben den Zielen und Anforderungen auch der Weg völlig unklar ist. Das kann sein, wenn das Unternehmen zum Beispiel zwar weiß, „wir müssen uns für die Zukunft wappnen“, jedoch nur über folgende Faktoren spekulieren kann: Wie entwickelt sich in den kommenden zehn Jahren unser Markt? Welche Problemlösungen sind dann möglich? Welche Anforderungen stellen dann unsere Kunden?

Dann ist vorübergehend nur ein scheinbares Sich-durchwursteln und Starten von Versuchsballons, also agieren und reagieren, möglich – bis man eine gewisse Klarheit gewonnen hat und aus der chaotischen Entscheidungssituation zunächst eine komplexe und dann eventuell eine komplizierte wurde.

Die Stacey-Matrix ist ein wirkungsvolles Instrument, um zu einer ersten Einschätzung eines Projekts oder Vorhabens zu gelangen; außerdem zu einer Entscheidung darüber, welches Vorgehen mit hoher Wahrscheinlichkeit zielführend ist. Ist die Entscheidungssituation „einfach“ oder „kompliziert“, dann kommt man in der Regel mit Standardprozessen und Lean-Ansätzen weiter. Ist sie hingegen „komplex“ oder gar „chaotisch“, sollte man sich agiler Methoden bedienen.

Die Zukunft ist nicht vorhersehbar, jedoch gestaltbar

Grafik 3, Kraus Partner
(Bild: Dr. Kraus & Partner, Bruchsal)

Ausgearbeitet wird dieser (Projekt-)Managementansatz in dem von Saras D. Sarasvathy, Professor an der University of Virginia (USA), entwickelten Effectuation-Ansatz. Er wurde für Situationen und Konstellationen entwickelt, in denen Entscheidungen nicht auf Basis einer kausalen Logik, die auf begründeten Vorhersagen beruhen, getroffen werden können. Der Ansatz geht davon aus, dass die Zukunft nur bedingt vorhersehbar ist. Sie kann jedoch durch Vereinbarungen zwischen autonomen Akteuren aktiv gestaltet werden. Das gilt zum Beispiel, wenn ein Unternehmen entscheidet: Wir setzen bei unserer Produktentwicklung auf die Trends Vernetzung oder Miniaturisierung. Dann reduziert sich die Unklarheit, weil gewisse Basisentscheidungen über das Ziel und die Anforderungen, die die Problemlösungen erfüllen müssen, getroffen wurden.

Ebenso verhält es sich, wenn noch keine belastbaren Zukunftsaussagen möglich sind und das Projektmanagement zum Beispiel entscheidet: Wir investieren versuchsweise den Betrag X in die Entwicklung der Technologie A und den Betrag Y in die Entwicklung der Technologie B, weil wir noch nicht wissen, welche Technologie sich durchsetzt, wir aber auf keinen Fall den technologischen Anschluss verlieren möchten. Dann plant das Unternehmen sozusagen ausgehend von den Ressourcen die Zukunft. Die zentrale Frage lautet: Was ist der maximale Betrag, den wir verschwenden können, sollten unsere Versuche nicht von Erfolg gekrönt sein? Auch das reduziert die Unklarheit.

Vier Entscheidungs- und Handlungsprinzipien

grafik 4, Kraus Partner
(Bild: Dr. Kraus & Partner, Bruchsal)

Saras D. Sarasvathya formulierte folgende vier Prinzipien zur Entscheidungsfindung in Situationen der Ungewissheit:

Das Prinzip der Mittelorientierung besagt, dass die verfügbaren Mittel und Ressourcen bestimmen, welche (veränderlichen) Ziele angestrebt werden – und nicht umgekehrt.

Das Prinzip des leistbaren Verlusts besagt, dass nicht der erwartete Ertrag bestimmt, welche Gelegenheiten wahrgenommen und welche Schritte unternommen werden, sondern der Verlust oder der Einsatz, den das Unternehmen verschmerzen kann, ohne zum Beispiel seine Existenz zu gefährden.

Das Prinzip der Umstände und Zufälle besagt, dass unerwartete Ereignisse, Geschehnisse sowie Umstände als Hebel zur Veränderung genutzt und in Innovationen und unternehmerische Gelegenheiten transformiert werden.

Das Prinzip der Vereinbarung und Partnerschaft besagt, dass Partnerschaften mit Personen oder Organisationen eingegangen werden, die bereit sind, trotz der bestehenden Ungewissheit verbindliche Vereinbarungen zu treffen und eigene Mittel in die Kreation von Gelegenheiten zu investieren, sodass die Erfolgsaussichten steigen und die Erfolgsrisiken für die einzelnen Partner sinken.

Stacey Matrix,
Quelle: Dr. Kraus & Partner, Bruchsal (nach Faschingbauer, Michael; Effectuation: Wie erfolgreiche Unternehmer denken, entscheiden und handeln, 2013) (Bild: Dr. Kraus & Partner)

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