Feste Bahnen für freies Denken

Führung in einer lernenden Organisation bedeutet keineswegs, ein kreatives Chaos zu verwalten. Es geht vielmehr darum, die richtigen Entscheidungen zu treffen, um das Potenzial der Mitarbeiter in die richtigen Bahnen zu lenken – und damit Freiraum für neue Ideen zu schaffen. Und auch hier gibt es noch reichlich Luft nach oben, da die alten Denkweisen nach wie vor dominieren: Innovationen generell werden nach Angabe der Unternehmen bereits bei zwei Dritteln der Betriebe systematisch und strukturiert vorangetrieben. Gerade einmal 45 Prozent der Unternehmen geben jedoch an, dass bei ihnen kreative Prozesse strukturiert erfolgen.

Das kreative Potenzial der Mitarbeiter nutzen

Auch gehen die Ansätze nicht weit genug: Eine konstruktive Zusammenarbeit mit Zulieferern, Kunden und anderen externen Partnern bescheinigt sich in der Studie bereits etwa jeder zweite Betrieb. Das kreative Potenzial der eigenen Mitarbeiter bleibt dabei jedoch auf der Strecke. Häufig schon allein deshalb, weil das Tagesgeschäft die gesamte Belegschaft vollständig in Atem hält. Immerhin ein knappes Drittel der Unternehmen hat es bereits geschafft, Zeit für offenen Austausch zwischen Mitarbeitern und Führungskräften frei zu räumen. Ein weiteres Drittel plant das in der näheren Zukunft.

Gerade hierbei können Führungskräfte jedoch mit eigenen Mitteln für mehr Motivation sorgen. Flexible Arbeitsumgebungen gehören heutzutage bei mehr als 75 Prozent der Firmen noch nicht zum Alltag. Und tatsächliche Plattformen zum Querdenken – speziell eingerichtete Arbeitsräume oder Kreativwerkstätten etwa – bietet aktuell sogar nur etwa jedes zehnte Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau seinen Mitarbeitern.

Neue Arbeit sorgt für neue Attraktivität

Das alles klingt nicht nur nach viel Mühe und erheblichen Investitionen in die Belegschaft, sondern ist es auch. Mit dem klaren Bekenntnis zur lernenden Organisation gelingt es aber nicht nur, das Unternehmen strategisch auf ein nachhaltiges Fundament zu stellen. Gleichzeitig ist die Arbeit 4.0, in die all die Bemühungen rund um eine lernende Organisation einzahlen, auch ein wichtiges Pfund im Werben neuer und Sichern qualifizierter Mitarbeiter. Die Bereitschaft, in patriarchalischen Strukturen zu arbeiten, nimmt spürbar ab. Im Maschinen- und Anlagenbau geben zwei von drei Betrieben bereits heute an, große Probleme zu haben, die passenden Mitarbeiter zu finden. In den kommenden Jahren, davon ist auszugehen, wird sich dieses Problem noch verstärken, weil zentrale Kompetenzen von immer mehr Mitbewerbern eingefordert werden.

Mitarbeiter möchten lernen

Die Grafik aus der Staufen-Studie zeigt, inwieweit Lean Management zur Wandlungsfähigkeit beiträgt.
Die Grafik aus der Staufen-Studie zeigt, inwieweit Lean Management zur Wandlungsfähigkeit beiträgt. (Bild: Staufen)

Dabei ist die Lust zum Lernen da: Gerade einmal jedes siebte Unternehmen spürt laut der Staufen-Untersuchung nur ein geringes Interesse seiner Mitarbeiter an der persönlichen Weiterentwicklung. Drei von vier Firmen sind hingegen überzeugt, dass die Belegschaft bereit ist, sich neuen Aufgaben zu stellen. Die Brücke dazwischen muss auf Initiative von Führungskräften gebaut werden: Das Personalmanagement in einer lernenden Organisation wird stärker darauf basieren, dass man im ersten Schritt überhaupt eine genaue Übersicht über die Kompetenzen und Schwächen der eigenen Mitarbeiter hat. Dann können gezielte Weiterbildungen – sei es in Technik, Prozessen oder Arten der Zusammenarbeit – dafür sorgen, dass die erfahrene Belegschaft auch für morgige Herausforderungen fachlich und organisatorisch gerüstet ist.

Das bedeutet heute natürlich erst einmal eine gewisse Investition: Jedes zweite befragte Unternehmen konstatiert, dass zu geringe Ressourcen für Weiterqualifizierungen bereitstehen. Jeder eingesetzte Euro zahlt sich dabei in Zukunft aber doppelt aus: Zum einen bleiben so die bestehenden Mitarbeiter an Bord und können ihre reichhaltigen Erfahrungen mit einbringen. Zum anderen gewinnt ein Unternehmen, in dem ein solches Führungsverständnis selbstverständlich ist, extrem an Attraktivität als Arbeitgebermarke.

Gefährliche Spirale des Abwartens

Noch ist in vielen Firmen die Unsicherheit groß, wie in einer Zeit des stetigen Wandels die Anforderungsprofile von Mitarbeitern überhaupt aussehen. Das bremst die Lust, sich mit dem Thema zu beschäftigen – und führt so zu einer gefährlichen Spirale des Abwartens. Der Mut, heute loszumarschieren, muss noch tiefer im Maschinen- und Anlagenbau ankommen. Ein konkretes Ziel, wie Produkte oder Strukturen in wenigen Jahren aussehen, fehlt – und muss auch fehlen. Gerade deshalb ist es jedoch wichtig, mithilfe des richtigen Führungsverständnisses den Weg hin zu einer lernenden Organisation zu beginnen. Je weiter ein Unternehmen auf diesem Weg kommt, desto weniger Angst muss es vor neuen Mitbewerbern oder globalen Verwerfungen haben. Der neue Normalzustand wird sein, flexibel auf Trends reagieren zu können – weil die wichtigste Ressource jedes Maschinen- und Anlagenbauers, nämlich die Mitarbeiter, den erfolgreichen Wandel leben. aru

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