Die Methode wurde zum Beispiel bei einem innovativen Windenergiekonverter angewendet, um herauszufinden, ob und unter welchen Bedingungen sich diese Idee rentiert. Dabei handelt es sich um ein windgetriebenes Schiff, an dessen Rumpf eine hydrokinetische Turbine montiert ist. Sie wandelt kinetische Energie beim Fahren anteilig in Elektrizität um. Aufgrund der Mobilität des Systems wird die elektrische Energie an Bord des Schiffes gespeichert, beispielsweise chemisch durch Elektrolyse oder in Batterien. Die Mobilität des Systems ist gleichzeitig auch ein Vorteil, weil es beispielsweise widrige Wetterbedingungen einfach umfahren kann.

Um das Potenzial des Windenergiekonverters zu untersuchen, wurde eine techno-ökonomische Analyse durchgeführt. Wie vorhin beschrieben stellten Professor Pelz und Mario Holl von der Technischen Universität Darmstadt dazu das techno-ökonomische Modell des Konverters auf. Dabei sind die Systemkomponenten seriell geschaltet. Eingangsgrößen des Systems sind eine definierte, verfügbare Leistung, salzhaltiger Wassermassenstrom zu Speicherzwecken sowie ein jährlicher Kostenstrom, der an die Existenz des Systems gebunden ist. An sämtlichen energiewandelnden Komponenten treten Verluste auf.

Im techno-ökonomischen Modell sind die Kopplungen der modellierten Flussgrößen zu erkennen. So benötigt der Entsalzer eine anteilige Leistung, um das salzhaltige Wasser in Frischwasser umzuwandeln. Die restliche Leistung wird zur Spaltung von Frischwasser in Wasserstoff sowie zur Verdichtung benötigt. Konsequenterweise liegt keine Leistung als Ausgangsgröße des Systems vor. Eine weitere Kopplung existiert zwischen Kosten- und Materiestrom. Der Verkauf des Wasserstoffs bestimmt den Erlös. Die Differenz aus jährlichen Erlösen und Kosten bestimmt den Gewinn. Die Ausgangsgrößen des Systems sind also der Wasserstoffmassenstrom sowie der jährliche Gewinn.

Energetisch und ökonomisch beschreiben

Im nächsten Schritt der techno-ökonomischen Analyse wird das System energetisch und ökonomisch beschrieben. Durch die Anwendung axiomatischer Erhaltungssätze kann das System energetisch vollständig beschrieben werden. Das Energiesystem liegt dann als White-Box-Modell vor, sodass energetische Ausgangsgrößen bei beliebigen Eingangsgrößen bestimmt werden können.

Zur ökonomischen Beschreibung nutzen die Forscher Modelle der statischen oder dynamischen Investitionsrechnung. Die Unterscheidung der Modelle bezieht sich grundsätzlich auf die Beachtung oder Vernachlässigung des Zeitwertes der Währung. Wie anhand des techno-ökonomischen Modells zu erkennen ist, müssen jährliche Kosten für das System aufgebracht werden. Demgegenüber erzielt der Betreiber Erlöse durch den Verkauf des jährlich erzeugten Wasserstoffs.

Techno-ökonomisches Modell des Windenergiekonverters
Das techno-ökonomische Modell einer innovativen Idee, hier eines Windenergiekonverters.

Je energetisch effizienter das System ist, desto mehr Erlöse werden konsequenterweise erzielt. Es ist zu erkennen, dass sowohl Energie- sowie Materiestrom im ökonomischen Modell konvergieren. Um nicht lediglich eines der möglichen Energiesysteme ökonomisch zu beschreiben, werden Kostenfunktionen genutzt. Dies erfolgt durch die Referenz der Kosten auf charakteristische Parameter, die idealerweise auch Teil des Parameterraums der energetischen Beschreibung sind. Hinsichtlich dieser Parameter ist es möglich den optimalen Trade-off zwischen energetischer Effizienz und ökonomischer Profitabilität zu bestimmen.

Letzter Schritt: den Konverter optimieren

Den abschließenden Schritt der techno-ökonomischen Analyse bildet die Systemoptimierung. Hierzu ist zunächst die Formulierung einer Zielfunktion von Nöten. Die Maximierung der energetischen Systemeffizienz führt zum energetisch optimalen System. Die techno-ökonomische Zielfunktion sind für diesen speziellen Energiekonverter die auf das Ausgangsprodukt bezogenen Kosten.

Diese Wasserstoffgestehungskosten (WGK) sind ein systeminhärentes Maß für die ökonomische Qualität des Systems. Sie geben an, zu welchem Preis der produzierte Wasserstoff verkauft werden muss, um gerade laufende Kosten zu decken. Je energetisch effizienter und kostengünstiger das technische System ist, desto geringer sind die WGK. Diese Zielfunktion betrachtet daher die techno-ökonomische Parameterinteraktion.

Energie sparen nicht um jeden Preis

Wasserstoffgestehungskosten gegen Turbinenfläche gegen Energieeffizienz angetragen.
Lediglich die techno-ökonomische Betrachtung liefert ein eindeutiges Optimum.

Ein exemplarisches Beispiel für den Unterschied des energetisch und techno-ökonomisch optimalen Energiesystems ist durch die optimale Turbinenfläche des dargestellten Windenergiekonverters gegeben: Die Betrachtung der energetischen Systemeffizienz liefert die Aussage, eine größtmögliche Turbine zu verbauen, obwohl die Steigerung der Turbinenfläche ab einem kritischen Wert nur noch marginale Änderungen in der energetischen Effizienz des Systems verursacht. Dass dies ökonomisch nicht sinnvoll ist, zeigen die WGK, bei deren Betrachtung eine optimale Turbinenfläche zu erkennen ist. Nach dieser kritischen Turbinenfläche steigen die WGK wieder an, da der Nachteil der höheren Turbinenkosten den Vorteil der größeren energetischen Effizienz überwiegt.

Dieses Beispiel zeigt, dass die Systemvorauslegung sich immer nach den Kriterien richtet, unter denen das System modelliert und mathematisch beschrieben wurde. Im Kontext nachhaltiger Systemvorauslegung muss sich der Ingenieur von heute also hervorwagen und disziplinübergreifend sein System modellieren, beschreiben und verstehen können.

Eine systematische Methode, die genau dies leisten kann, ist am Institut für Fluidsystemtechnik in Darmstadt entstanden. Bisher führten die Forscher darin energetische und ökonomische Systembetrachtungen zusammen. Die Methode ließe sich jedoch noch erweitern, um beispielsweise ökologische Systembetrachtungen zu integrieren.

Das Verfahren ist noch jung, doch schon im derzeitigen Stand könnten Unternehmen es nutzen, um Produkte sowie Systeme techno-ökonomisch vorauszulegen, also eine Abwägung zwischen energetischer Effizienz und ökonomischen Kriterien zu finden. Beispielsweise könnte so schon in der Entwurfsphase eine Investitions- beziehungsweise Produktionsentscheidung getroffen werden. do

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