"Du musst siegen ohne zu kämpfen"

Ob Firmenstrategie, Change-Management-Prozess oder Mitarbeiterführung: Nicht nur fachliche Faktoren spielen für den Erfolg eine wesentliche Rolle, sondern auch energetische Aspekte. Begeisterung und Gelassenheit lauten die Schlagworte. ke NEXT hat darüber mit dem Experten für Strategie, Bewusstsein und Leadership Gerhard Conzelmann gesprochen.

Gerhard Conzelmann von Cortus International. -
Gerhard Conzelmann von Cortus International. - (Bild: Cortus)

Herr Conzelmann, eine Frage, die Unternehmen Ihnen häufig stellen, lautet: Wie bekommen wir heraus, welche Firmenstrategie für uns die richtige ist? Wie findet man das denn heraus?

Wenn es um darum geht, eine geplante Firmenstrategie zu überprüfen, untersuchen wir bei der Unternehmensberatung zwei Apekte. Auf der einen Seite fragen wir nach den fachlichen Fakten, also nach Zahlen, Daten, Prognosen oder sonstigen Erfahrungswerten, beispielsweise wenn das jeweilige Unternehmen im chinesischen Markt tätig werden möchte. Hierbei hake ich immer nach: „Wie seid ihr eigentlich zu diesen Zahlen gekommen? Wie kommt ihr darauf, dass genau dieser Umsatz, den ihr hier als Planwert habt, stimmt?“ Oft stellt sich dann heraus, dass es sich um gewisse Erfahrungswerte oder um Werte des Wettbewerbs handelt. Das sind natürlich auch Sollwerte im Sinne von Wunschwerten. Ebenfalls wichtig zu beachten: Die Risikoeinschätzung unterliegt einer subjektiven Beurteilung. Für den einen ist das Glas halb voll, für den anderen halb leer. Mithilfe dieses Hinterfragens wird manchmal schon die eine oder andere Strategie in Frage gestellt.

Und was ist die zweite Sache, die Sie untersuchen?

Man muss eine Firmenstrategie auch noch von einer ganz anderen Seite betrachten als nur nach den Zahlen. Deshalb schauen wir, welche Energie in dem Projekt steckt. Energie heißt in vielen Fällen auch: Begeisterung. Denn wenn beispielsweise eine Abteilung im Unternehmen den Auftrag bekommt, den chinesischen Markt zu erarbeiten und die Reaktion lautet: „Muss das jetzt auch noch sein?“, dann klingt aus dieser Formulierung wenig Begeisterung. Und wenn diese Abteilung ohne Begeisterung an die Sache geht, dann wird das Ergebnis genauso mittelmäßig.

Aber alle Mitarbeiter lassen sich doch sowieso nicht begeistern, oder?

Natürlich passiert es öfter, dass nicht alle begeistert sind. Denn die Ideen der Geschäftsleitung entstehen ja nicht in einem demokratischen Prozess. Aber wenn ich als Unternehmer meine Strategie durchsetzen möchte, muss ich das auch mit solchen Mitarbeitern schaffen, die nicht total begeistert sind. Die Begeisterten sind für den Erfolg meist zu wenige. Und dann stellt sich die Frage: Wie überzeugen wir die anderen so, dass sie mitmachen und das Vorhaben auch noch als Herausforderung annehmen, im Sinne von: Wir wollen mal zeigen, wie gut wir sind!

Und wie bekommt man die Mitarbeiter solchermaßen ins Boot?

Wir wollen den Betreffenden den Eindruck vermitteln, dass sie wie bei einer Fußballmannschaft ein wesentlicher Bestandteil sind und nicht auf der Bank sitzen, sondern sich mitten im Spiel befinden, selbst, wenn sie nicht allzu oft angespielt werden. Sie sollen sich nicht nur als ein Rad im Getriebe fühlen. Natürlich muss darauf die Führung abgestimmt sein, müssen die Aufgabenverteilung und Freiräume stimmen. Denn wenn die Mitarbeiter feststellen, dass sie im Grunde nur Befehlsempfänger sind und von ihnen erwartet wird, dass sie plötzlich begeisterte Befehlsempfänger sein sollen, wird das auch nicht funktionieren.

Wenn Sie Ihre Kunden aus dem Maschinen- und Anlagenbau betrachten: In welchem Verhältnis stehen diejenigen Unternehmer, die sich nur auf die Daten und Fakten konzentrieren zu denjenigen, die auch den energetischen Aspekt mit einbeziehen?

Ich würde sagen, großzügig gerechnet, dass etwa 75 Prozent der Unternehmer nur Daten, Zahlen und Fakten einbeziehen und 25 Prozent auch den energetischen Aspekt berücksichtigen. Wobei die meisten inzwischen erkennen, dass diese energetischen Faktoren in Zukunft eine größere Rolle spielen werden. Es geht nach meiner Einschätzung also tendenziell in die Richtung, dass in den nächsten Jahren etwa die Hälfte der Unternehmer den energetischen Aspekt mit einbeziehen werden.

„Wer erfolgreich sein will, muss beim Bewusstsein beginnen. Einstein hat gesagt: Das Bewusstsein ist das stärkste Energiefeld, das dem Menschen zur Verfügung steht.“

Gerhard Conzelmann, Cortus International 

Denken Sie, dass heutzutage Energie und Begeisterung noch viel zu wenig berücksichtigt werden?

Ja, beide Seiten werden noch zu wenig berücksichtigt: Auf der einen Seite der energetische Aspekt, also die Begeisterung, die Freude, die Motivation, auf der anderen Seite die Blockade durch Druck, Angst und Unzufriedenheit.

Inwieweit spielen diese Faktoren für den Firmenerfolg denn eine Rolle?

Man kann schon sagen, dass man dank emotionaler Kundenbindungsmaßnahmen zufriedenere Kunden hat, und diese gerne mit einem zusammenarbeiten. Natürlich ist die konkrete Messbarkeit schwierig: Wie viel des Umsatzes geht auf die Zufriedenheit zurück und wie viel nicht? Eine exakte Kosten-Leistungsrechnung gibt es dafür bislang nicht.

Inwiefern spielen energetische Aspekte auch bei der Gesundheit der Führungskräfte eine Rolle?

Zunächst ist klar: Jede Führungskraft, die eine Woche ausfällt, kostet das Unternehmen viel Geld. Und gerade beim betrieblichen Gesundheitsmanagement denkt man heute viel weiter als bei der früher üblichen Fixierung auf Fitness, gesunde Ernährung, und den Verzicht auf Nikotin und übermäßigen Alkoholkonsum. Wir betrachten auch den energetischen Bereich. Denn einer Führungskraft kann es schlecht gehen, obwohl es ihr nach den klassischen körperlichen Kriterien eigentlich gut gehen müsste, weil sie auf ihre Gesundheit achtet, also zum Beispiel ausgewogen isst. Aber was zu wenig berücksichtigt wird, ist, dass der Körper sehr stark von anderen Dingen beeinflusst wird. Dabei spielen meist mentale oder emotionale Blockaden eine Rolle.

Merken Sie das häufig bei den Unternehmen, dass es bei dieser energetischen Betrachtung Defizite gibt?

Ja. Bei diesem Aspekt sind die Führungskräfte in der Regel offen und ehrlich. Eine Führungskraft, die ihre volle Leistung erbringt, weiß, wie geschafft sie abends nach Hause kommt oder dass sie am Wochenende keine große Lust mehr hat, etwas mit der Familie zu unternehmen. Einfach, weil die Woche zu viel Energie gekostet hat. Wir raten der Führungskraft dann, dass sie ihre Woche nach dem Motto „Du musst siegen ohne zu kämpfen“ überstehen soll. Das heißt jetzt nicht, dass sie durch Nichtstun siegen soll, sondern dass sie sich die Arbeit so einteilen soll, dass sie weniger Energie verbraucht. Dass sie also am Abend und Wochenende noch so viel Energie hat, dass sie mit der Familie etwas Vernünftiges anfangen kann. Bei den meisten rennen wir damit offene Türen ein. Das konkrete Konzept dazu wird dann von Fall zu Fall individuell erarbeitet.

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