Wie sähe denn ein solches konkretes Konzept für das Siegen ohne zu kämpfen beispielsweise aus?

Wir suchen die Stellschrauben bei ganz praktischen Dingen. Beispielsweise ist es uns meistens gelungen, die Dauer von Sitzungen zu reduzieren. Oder dass man sich bei einem Meeting auf das Wesentliche konzentriert und den ganzen kleinen Hickhack weglässt. Oder was ein Meeting oft verkürzt: Dass man sich um aktuelle und zukünftige Dinge kümmert und nicht darüber diskutiert, was man vor fünf Jahren gemacht hat oder hätte besser machen müssen.
Wobei ich hier nicht meine, dass man Fehler, die in der Vergangenheit passiert sind, nicht analysieren soll. Die werden selbstverständlich analysiert, um zu erkennen, was man in Zukunft anders machen sollte. Aber man sollte nicht unnötig Zeit mit Dingen verplempern, die man nicht mehr ändern kann. Bei einem Kritikgespräch mit einem Mitarbeiter kann man viel Energie sparen, wenn man ihm nicht gleich vorwirft, dass man es selbst ganz anders gemacht hätte. Denn daraus ergeben sich meist längere Diskussionen. Besser ist es, wenn man ihn fragt, warum er das so gemacht hat. Oft werden dann Aspekte vorgetragen, die man als Vorgesetzter gar nicht gesehen hat.

Und selbst, wenn man der Meinung ist, dass es falsch war, hat man zumindest die Begründung und kann das Gespräch eventuell von einer halben Stunde auf fünf Minuten reduzieren. Es gibt also eine Vielzahl von Ansatzpunkten, wie man im praktischen Alltag das gleiche Ziel erreichen kann, ohne dass man viel Zeit – und viel Zeit heißt ja in der Regel auch viel Energie – verbraucht.

Es geht also um den Zeitaspekt und darum, sich innerlich nicht so aufzureiben?

Ja. Es ist fast eine sportliche Herausforderung für mich, den Führungskräften mehr Gelassenheit beizubringen. Wenn ein Mitarbeiter etwas falsch gemacht hat, dann rate ich ihm: „Es ist ja schlimm genug, dass ein Fehler passiert ist, der in der Regel sogar Kosten verursacht. Wenn du dich jetzt auch noch darüber aufregst, dann ruinierst du auch noch zusätzlich deine Gesundheit. Also geh´ gelassen an die Sache ran!“ Natürlich muss die Angelegenheit trotzdem im Gespräch mit dem Mitarbeiter geklärt werden. Ein anderes Beispiel: Sie stehen auf der Autobahn im Stau und kommen deswegen zu einem Termin zu spät. Das können Sie nicht verhindern, aber Sie können vermeiden, dass Sie total genervt zu spät kommen. Wenn Sie gelassen zu spät kommen, hinterlassen Sie einen deutlich besseren Eindruck. Gelassenheit ist also ein ganz wichtiger Punkt. Wenn ich gelassen bin, dann habe ich einen anderen Überblick. Das gilt natürlich für alle Mitarbeiter. Je gelassener ich an meine Arbeit rangehe, umso geringer ist auch die Krankenquote. Ein anderer wichtiger Punkt betrifft die mangelnde Entschlossenheit. Oft wird in der Führung ziemlich viel rumgeeiert, nach dem Motto: sollen wir oder sollen wir nicht? Das kostet natürlich oft Zeit und Geld.

Haben Sie den Eindruck, dass in den Maschinen- und Anlagenbau-Unternehmen genügend Aufmerksamkeit auf diese Aspekte gerichtet wird?

Die meisten Unternehmen sind sich dieser Dinge schon bewusst. Was aber in der Regel fehlt, ist, wie man aus diesem Bewusstsein eine konkrete Handlungsanweisung ableitet. Das ist in vielen Fällen meine Aufgabe.

Wie lange dauert es denn, bis eine Führungskraft die Umsetzung trainiert hat?

Das ist von Fall zu Fall sehr, sehr unterschiedlich. Im kürzesten Fall arbeite ich mit der Führungskraft nur einen halben Tag. Im längsten Fall sind es zwei Tage. Diese finden aber in der Regel nicht hintereinander statt, sondern mit einer Zwischenpause, für die es Hausaufgaben gibt. Nach ein paar Wochen oder Monaten, je nachdem um was es geht, treffen wir uns wieder. Und hier kann man zwei Dinge ganz klar herausstellen: Die Führungskräfte arbeiten wunderbar mit, wenn entweder der Leidensdruck schon groß genug ist, oder wenn sie wie ein Sportler ein anspruchsvolles Ziel vor Augen haben, beispielsweise einen Etappensieg, für den man mit neuen Methoden trainieren muss oder sonst nicht weiterkommt.

Und gewisse Erfolge kann man schon nach wenigen Wochen verbuchen. Wichtig ist, dass man den Zug zum Fahren bringt. Manchmal ist es am Anfang ein bisschen mühsam, wie bei einer Lokomotive. Wenn aber das Ganze mal am Laufen ist, dann läuft es auch richtig. Ich bemühe mich immer, den Leuten möglichst schnell Erfolge zu zeigen, auch wenn das nur relativ kleine Erfolge sind, denn dann kommt die Lokomotive in Schwung. Und das muss in den ersten Tagen passieren.

Welche Erfolge zeigen Sie den Leuten?

Ich verdeutliche beispielsweise diesen Zusammenhang: Wo dein Geist ist, wird dir dein Körper folgen. Mit sogenannten kinesiologischen Tests kann man sofort zeigen, dass zu negative Gedanken die Energien rauben. Umdenken kann ich notfalls von einer Sekunde auf die andere. Zwar nicht grundsätzlich, aber was den einzelnen Gedanken betrifft. Oder ich zeige demjenigen, dass er schneller zu qualitativ richtigeren Entscheidungen kommt, wenn er an eine Entscheidung nicht primär mit der Angst vor einer Falschentscheidung rangeht.

„Entscheidungen, die mit Angst besetzt sind, führen zu maximal zweitklassigen Ergebnissen. Oft resultieren diese Ängeste jedoch aus dem Privatleben und haben mit dem Beruf nichts zu tun.“  

Gerhard Conzelmann, Cortus International

Welches ist denn der wichtigste Aspekt bei Ihrer Arbeit?

Mein erster Ansatz ist immer, die Leute erkennen zu lassen, dass sie an ihrem Bewusstsein arbeiten müssen, wenn sie etwas ändern wollen. Für viele Fälle gilt: Wer wirklich erfolgreich sein will, der muss beim Bewusstsein beginnen. Dabei kann ich mich schön auf Einstein beziehen, der einmal gesagt hat: „Das Bewusstsein ist das stärkste Energiefeld, das dem Menschen zur Verfügung steht“. Wenn das jemand verstanden hat, wird es vergleichsweise einfach.

Könnten Sie das bitte anhand eines Beispiels erläutern?

Dazu möchte ich ein Beispiel aus dem Sport aufgreifen: Beim Fußball schätzt man das Elfmeterschießen generell als Glückssache ein. Aber wenn ich mit diesem Bewusstsein an die Sache rangehe, dann läuft der Elfmeterschuss genau so. Bei meiner Arbeit mit Sportlern zeige ich deshalb auf, dass das Elfmeterschießen nichts mit Glück zu tun hat, sondern dass es um das Können geht.

Sobald dies im Bewusstsein verankert ist, kann man nachweisen, dass die Betreffenden eine ganz andere Erfolgsquote haben. Der Hintergrund dafür ist folgender: Beim Elfmeterschießen geht es um ein energetisches Problem. Der Schütze hat immer Angst vor der Blamage, wenn er nicht trifft. Hätte er keine Angst und würde er nicht unter Druck stehen, würde er den Ball ganz gelassen zum Tor schießen. Natürlich immer mit dem Siegeswillen und immer mit dem Willen, dass der Ball drin ist. Dann wäre die Trefferquote deutlich höher. Dieses Beispiel aus dem Elfmeterschießen lässt sich wunderbar auf viele andere Lebens- und auch Führungssituationen übertragen.

Das kennt man ja noch aus der Schulzeit und dem Studium. Wenn man vor lauter Prüfungsangst die Klausur tatsächlich verpatzt hat.

Genau. Und das ist ja das Schöne: Dass die Beispiele, mit denen ich arbeite, aus Erfahrung bekannt sind. Wie damals mit der Prüfungsangst ist es auch heute, wenn eine Führungkraft mit Angst an eine Umorganisation herangeht, dann ist sie genauso blockiert. Oft sage ich: Im Prinzip wissen wir das alles. Es ist uns nur nicht richtig bewusst. Und dieses Bewusstmachen ist meine Aufgabe.

Ist Angst auch ein Grund, weshalb Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau zu Ihnen kommen und Unterstützung bei Change-Management-Prozessen brauchen?

Ja. Angst und Unsicherheit spielen schwerpunktmäßig eine Rolle, wenn es um Veränderungsprozesse geht. Selbst, wenn Veränderungskonzepte vorliegen, die vollständig und widerspruchsfrei sind, bei denen es also eigentlich keinen Grund gäbe, an der erfolgreichen Umsetzung zu zweifeln. Wir stellen dabei immer wieder fest, dass die Ursache darin liegt, dass die Menschen nur sehr ungern loslassen und lieber an dem Bekannten festhalten. Dahinter stecken Ängste und Unsicherheiten über das, was nach der Veränderung konkret passieren wird.

Was raten Sie den Unternehmen dann konkret? Wie können sie mit der Angst der Mitarbeiter umgehen?

Zunächst muss man sich fragen, woher die Angst kommt. Es gibt also bei diesem Thema leider kein Patentrezept, weil die Ursache bei jedem woanders liegen kann. Aber ich stelle in ganz vielen Fällen fest, dass gewisse Ängste im Beruf gar nicht vom Beruf kommen, sondern dass die Ursache im Privatbereich liegt. Diese Ängste übertragen sich dann auf andere Bereiche.

Inwieweit blockiert das den Change-Management-Prozess?

Das blockiert in der Weise, dass die Leute eventuell unsicher agieren und Entscheidungen rauszögern. Oder die Entscheidungen kommen nicht aus dem Herzen, sondern sind mit Angst besetzt. Eine Entscheidung, die mit Angst besetzt ist, wird aber zu einem maximal zweitklassigen Ergebnis. 

Wie lässt sich denn die Angst der breiten Mannschaft auflösen?

Wir veranstalten für die breite Mannschaft oft einen Kick-off-Tag zu dem Thema. Diese Formulierung hört sich ein bisschen eleganter an, denn eine Einladung zu einer Angst-Veranstaltung klänge nicht sehr motivierend. Wenn es dann um die künftigen Veränderungsprozesse geht, wird das Thema eingebaut und der größeren Mitarbeitergruppe quasi als eine Art Impuls-Workshop bewusst gemacht, damit sich die Mitarbeiter mit dem Thema beschäftigen. Die individuelle Einzellösung ist natürlich bei mehreren hundert Mitarbeitern nicht praktikabel.

Es gibt ja einen  naturwissenschaftlichen Hintergrund von Angst. Könnten Sie diesen bitte kurz erklären?

Man kann heute genau zeigen, was bei Angst im Gehirn passiert und welche Gehirnregionen betroffen sind. Und die wirken sich auf bestimmte Körperregionen aus. Beispielsweise gibt es den Spruch „Sich vor Angst fast in die Hosen  machen“. Die Angst wirkt sich dann im Nieren-, Blasenbereich aus. Das ist wie bei einer Maschine: Es gibt eine Software, mit der die Maschine gesteuert wird. Und wenn in der Software ein Fehler steckt oder sie ausfällt, dann bleibt die Maschine stehen oder läuft nicht richtig. Letzten Endes gilt also wieder: Wo dein Geist ist, dahin wird dir dein Körper folgen.

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