Sängerin,
Allein mit dem Verstand geht es nicht. Das zeigt sich deutlich bei Gesangsübungen. Hier müssen Verstand und Kreativität eng zusammenarbeiten. (Bild: © milanmarkovic78 - Fotolia)

Unseren Verstand in seiner ganzen überragenden Dominanz zu erleben, gelingt mit Gesangs-Übungen sehr schnell. Bereits in den ersten zwei Stunden erlebt der Lernende, dass sein 'Oberkontrolletti' ganz genau weiß, wie ein Ton in einer noch nie gesungenen Tonhöhe zu klingen hat. Da die Erwartungen selten erfüllt werden, spielt sich der Weg zum hohen Ton häufig wie folgt ab:

Der Gesangs-Coach führt den Coachee über Bilder und geeignete Übungen in die stimmliche Höhe. Dann sieht man förmlich, was geschieht: Ton über Ohr an Gehirn und die vernichtende  Bewertung. Sekundenschnell geht das Theater innerlich los, der Verstand prügelt auf das, was da einen Ton erzeugt hat, ein. Der innere Dialog verläuft dann in etwa so: "Hör auf! Du bist so schlecht!" und mit etwas Phantasie sieht man den Verstand auf die Stimmchen eindreschen. Was geschieht? Entweder Resignation, Verweigerung oder Wut oder man mogelt sich, ohne es selbst zu bemerken, eine Oktave runter. Oder nichts geht mehr, eine totale Blockade.

Wenn die Stimme jetzt noch nicht streikt, geht es weiter. Motiviert durch den Coach wendet sich das Stimmchen freundlich an den Verstand: "Darf ich noch mal?". OK, der Verstand genehmigt. Doch der zweite Versuch gelingt ebenfalls nicht. Wieder ein inakzeptabler hoher Ton, quittiert mit vernichtender innerer Kritik. (Anmerkung: ein Gesangsstudium dauert 4-6 Jahre mit Begabung und Vorausbildung) Die Stimme macht dann eventuell noch einige Male mit, bis es schließlich zum Verstand sagt: "Gut, wenn du meinst, dass du einen Ton machen kannst, dann singe doch allein!" und sie zieht sich zurück und nichts geht mehr.

Der Verstand gewinnt Einsicht

Wenn diese Person jetzt das Singen-Lernen nicht sofort aufgibt, ist der Verstand durchaus lernfähig. Im weiteren Verlauf folgt die Erkenntnis: "Ich kann den Ton nicht allein erzeugen". Der Verstand lernt, dass man die Stimme freundlich zulassen muss, und dass spezielle Übungen und Bilder die gesangstechnische Einstellung bewirken. Und er lernt auch, sich auf seinen Job zu konzentrieren: die Übungsabfolge zu liefern, anstatt zu kritisieren. Ab diesem Zeitpunkt wird eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen dem Verstand und der Stimme möglich. Diesen Prozess nehme ich persönlich so wahr, dass der Verstand einen Schritt zurück tritt, um das Andere zuzulassen. Mit der Zeit entsteht ein Sich-Angleichen der Kräfte zwischen Intellekt und Gefühl/Kreativität.

Fazit

Die Kreativität in der Arbeitswelt wird fruchtbar, wenn der Verstand eine Zusammenarbeit zulässt. Nachdem er sich damit abgefunden hat, dass er nicht alles kontrollieren kann, sind Flexibilität, Offenheit, Geduld und Vertrauen wichtig, damit die Kreativität fließen kann. Dann sind Ergebnisse und Wege möglich, die vorher so nie gedacht wurden.

Ein solcher Weg ist der in die digitale Transformation, denn es wird so sein, wie wir es heute noch nicht denken können, aber es entwickelt sich auf dem Weg. Das braucht neben Mut auch eine gute Kommunikation und eine gute Fehler-Kultur im Unternehmen. hei

Über die Autorin

Amanda Pur.
Business-Coach Amanda Pur. (Bild: Pur)

Amanda Pur ist Sängerin, Schauspielerin, Regisseurin und Autorin. Vor ihrer Ausbildung an der Berliner Hochschule für Musik und der Ausbildung mit klassischen Sängern, war sie als Managerin und IT-Spezialisitn in der freien Wirtschaft in großen Konzernen tätig. Jetzt bringt sie Kunst und Wirtschaft zusammen und gibt Trainings, Coachings und hält Vorträge zum Thema bessere Selbstdarstellung, Verbesserung der Ausstrahlung und Burnout-Vorbeugung.

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