Projektmanagement. -

Heute arbeiten mehrere Prozessorkerne an den Aufgaben, weshalb aus einem schnellen Hin-und-Her-Wechseln zwischen Aufgaben, echte parallele Arbeit wurde. - (Bild: mast3r/ Fotolia.com)

Mal ehrlich: Wie viele Projekte liegen bei Ihnen auf dem Schreibtisch, parallel? Oder auf den Schreibtischen Ihrer Mitarbeiter? Und wie viele davon kommen wirklich gut voran? Wo Projekte parallel laufen, sollten aus Projektmanagement-Sicht alle Alarmglocken klingeln, denn wirklich parallel arbeiten können wir nicht. Wir können nicht zwei Telefonate gleichzeitig führen, oder zwei Konzepte gleichzeitig entwerfen. In Wahrheit bedeutet parallel, dass wir in kurzen Intervallen wechselnd an verschiedenen Vorhaben arbeiten. „Zeitscheibenverfahren“ nennen das die Informatiker, was beim Computer Multitasking möglich gemacht hat. Heute arbeiten mehrere Prozessorkerne an den Aufgaben, weshalb aus einem schnellen Hin-und-Her-Wechseln zwischen Aufgaben, echte parallele Arbeit wurde.

Interessanterweise wird an Projekten oft parallel gearbeitet, da wir damit meinen, die Projekte schneller abschließen zu können. Das Gegenteil ist der Fall! Wer versucht, gleichzeitig an verschiedenen Themen zu arbeiten, verzögert den Abschluss aller Vorhaben. Wenn man nun bedenkt, dass Projekte meist erst dann einen Nutzen liefern, wenn sie abgeschlossen sind, ist das ein bedenklicher Effekt. Die scheinbar gemütliche Variante kann deshalb durchaus die schnellere sein: Ein Projekt nach dem anderen vorantreiben. Denn: Wer nicht parallel arbeitet, schließt Projekte schneller ab.

Sinnvoll: eine Liste aller anstehenden Projekte anfertigen

„Ja, aber …“, sagen Sie? Selbstverständlich haben Sie recht, wenn Sie jetzt anführen, dass Sie nicht alleine an einem Vorhaben arbeiten. Die praktische Umsetzung der schnelleren Variante sagt schlicht, dass Sie so lange an Projekt A arbeiten sollen, wie sie Arbeit an Projekt A haben. Erst wenn im Projekt A, also in dem Projekt mit dem höchsten Rang, keine Arbeit mehr zu tun ist, widmen Sie sich Projekt B. Gibt es wieder Arbeit an Projekt A, ist wieder dieses Projekt dran. Damit hat es die höchste Geschwindigkeit.

Dies könnte dazu führen, dass Projekt B zu spät fertig wird. Dann bleibt für einen Projekt-Auftraggeber nur eine Lösung: Er muss andere Personen auf dieses Projekt anzusetzen, um es zu beschleunigen. Würde der Auftraggeber dahingegen schlicht auffordern, die Projekte Projekte A und B bitte parallel umzusetzen, würde dadurch Projekt B nicht schneller fertig und obendrein noch riskiert, dass Projekt A zusätzlich ebenfalls zu spät abgeschlossen wird.

Falls Sie diesen Effekt, der als schädliches Multitasking bezeichnet wird, kleiner machen wollen, fertigen Sie einfach eine Liste aller bei Ihnen anstehenden Projekte an. Sortieren Sie anschließend diese Projekte in der Rangfolge, wie Sie die Vorhaben mit Energie versorgen wollen. Ganz oben steht das Projekt mit dem höchsten Rang. Das bekommt zuerst Ihre Aufmerksamkeit. Sobald Sie daran nichts mehr zu tun haben, etwa weil Sie auf Rückmeldung warten müssen, nehmen Sie sich das Projekt mit dem zweiten Rang vor. Und so weiter. Damit stellen Sie sicher, dass zumindest aus Ihrer Perspektive die Projekte so gut wie möglich voran kommen.

Sollten Sie Projekt-Auftraggeber sein und viele Projekte in Auftrag gegeben haben, dann macht es Sinn, diese Vielzahl der Projekte über die Projektteams hinweg abzustimmen. Idealerweise wird dann die Rangfolge so abgestimmt, dass Ihre „Engpassressource“ die optimale Geschwindigkeit liefert. Die fungiert dann als Taktgeber für die Projekte. Diese werden so gestartet, dass Sie den Engpass so gut wie möglich nutzen.

Über Holger Zimmermann

Holger Zimmermann.
Holger Zimmermann. (Bild: Daniela Wörner)

Der Diplom-Wirtschaftsingenieur (FH) Holger Zimmermann arbeitet als Projektleiter und -coach sowie als Trainer und lehrt als Dozent für Projektmanagement an verschiedenen Hochschulen. 1997 hat er in Horb am Neckar das Unternehmen Projektmensch gegründet, das Zeit- und Projektmanagementtraining anbietet. Weil bei vielen Projekten die Führungskräfte Widerstände ihrer Mitarbeiter überwinden müssen, verfügt das Team auch über Kenntnisse in Psychologie, Veränderungsmanagement und Führung. Als Ingenieur kennt Zimmermann die Nöte und Sorgen seiner Berufskollegen aus eigener Erfahrung.

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