Roboterarm hält Handgranate - Warum Streitkräfte Roboter in den Kampf schicken

Roboter-Soldaten sind längst keine Zukunftsmusik mehr. Sie agieren weltweit und sorgen für eine neue Form der Kriegsführung. (Bild: stock.adobe.com / Sarah Holmlund)

Es gibt nur wenige Blockbuster, mit denen man Hollywood-Schauspieler Arnold Schwarzenegger verbindet. Bei einem der bekanntesten Zitate aus Filmszenen fällt die Zuordnung jedoch leicht: wenn der gebürtige Österreicher seinen kurzen, aber bedrohlichen Satz “I´ll be back!” in die Kameras raunt, bekommen Filmfans noch heute Gänsehaut. Mit seiner Rolle als “Terminator” in der gleichnamigen Filmreihe ging 1984 sein Stern über den Hollywood Hills auf. Der Terminator findet aber schon lange nicht mehr nur auf der Leinwand statt. Was damals im ersten Drehbuch des Filmklassikers stand,  gehört heute zu den Schlachtplänen moderner Armeen ‒ Kamerad Roboter hat seinen Wehrdienst angetreten.

Wie funktionieren Kampfroboter?

„Armeen rund um den Globus befinden sich in einem Wettrennen zur Einführung von Robotern zu Land, zu Wasser und in der Luft“, schreibt Paul Scharre, ein US-Offizier, der am Center for a New American Security arbeitet. Scharre erforscht die Folgen aus der Veränderung moderner Kriegsführung und publiziert seine Beiträge in englischsprachigen Medien. „Die technische Entwicklung hat uns an die Schwelle einer entscheidenden Veränderung des Verhältnisses des Menschen zum Krieg gebracht“, führt der ehemalige Soldat weiter aus.

Als Beispiel nennt er ein persönliches Erlebnis aus seinem Afghanistan-Einsatz: So hatten die Taliban ein kleines Mädchen als Vorhut geschickt, um das Gebiet auszukundschaften. Rein juristisch betrachtet wäre das unschuldige Kind somit eine “Teilnehmerin an Kampfhandlungen”, wie Scharre betont. Während sich bei einem menschlichen Soldaten in solchen Situationen sein moralisch-ethische Gewissen in der Großhirnrinde meldet, würde ein Kampfroboter anders handeln. Aufgrund seiner Programmierung hätte er das afghanische Mädchen womöglich sofort erschossen. Auch vollautomatisierte Schützenpanzer vom Typ “Puma”, wie ihn die deutsche Bundeswehr besitzt, hätten das Mädchen zielsicher überfahren oder ebenfalls beschossen.

Welche Arten von Kampfrobotern gibt es?

  • Immer mehr Militärs nutzen die Digitalisierung und setzen automatisierte Waffen ein. Das US-Militär nutzt zum Beispiel Roboterhunde. Die US-Army setzte diese Systeme vom Typ  Vision 60 auf Luftwaffenstützpunkten ein. Dort sorgten sie zunächst mit ihren integrierten hochauflösenden Kameras und hochsensiblen Sensoren für die Überwachung, also die Sicherheit der dort stationierten Soldaten. Mittlerweile wurden die “robodogs” aber auch mit Scharfschützengewehren ausgestattet und töten in Kriegsgebieten Menschen. Auch China hat schon Roboterhunde im Polizeieinsatz getestet. Ihre autodidaktische und automatisiert agierende Software soll ein menschliches Eingreifen bei gefährlichen Einsätzen überflüssig machen.
  • Ein mittlerweile weit verbreitetes und “erfolgreich” eingesetztes Kampfmittel sind derweil Drohnen. Neben Aufklärungsflügen im Feindgebiet führen die autonomen Fluggeräte vermehrt eine tödliche Fracht etwa in Form von Luft-Boden-Raketen mit sich. So schalten westliche Militärs hochrangige Terroristen oder andere Gefährder auf dieser Welt aus. Der Krieg ist dadurch nicht nur automatisiert ‒ er ist heimtückisch, präzise und risikoarm für die Angreifer.
  • Gepanzerte Fahrzeuge am Boden sind der böse Bruder der Automated Guided Vehicles (AGV), die in der Industrie 4.0 für sinnvolle Effizienzsteigerungen sorgen. Panzerfahrzeuge, die mit dem Atlas-System der US-Army ausgerüstet sein könnten. Mit Atlas (Advanced Targeting and Lethality Aided System) haben Ingenieure in den USA eine Künstliche Intelligenz entwickelt, die im Leichtpanzer “Griffin I” eingesetzt wird. Herzstück dieses Militärfahrzeugs ist eine automatische 50-mm-Kanone.
  • In diesem Kontext ist auch das Geschützsystem C-RAM (Counter rocket, artillery, and mortar) zu nennen. Automatisiert erkennt, analysiert, verfolgt und attackiert es seine Ziele. Anschließend unternimmt es eine Gefechtsschadenbewertung.
  • In Großbritannien hat man mehr das große Ganze im Blick. So rechnet General Sir Nick Carter im Sky-News-Interview damit, dass im Jahr 2030 ein Viertel der britischen Streitkräfte aus Roboter-Soldaten besteht, wie er in folgendem Video erläutert:

Militär-ethische Kontroverse zum Kampfroboter

Vollautomatisierte Waffensysteme sind zum Standard moderner Militärtechnik geworden. Waffen werden dafür eingesetzt, Menschen zu töten und Objekte zu zerstören ‒ selten dienen sie nur zur Verteidigung und Abschreckung. Trotz der Automatisierung bleibt die Rolle des Menschen in diesem Zusammenhang: Denn ohne die Waffen gezielt einzusetzen, bleibt das Mündungsfeuer aus. Der Mensch zieht auch an der Roboter-Waffe den Abzug: Er ist derjenige, der in der Kommandozentrale 4.0 auf den Button drückt. Er ist derjenige, der potenzielle Tötungsmaschinen am Computer “scharf stellt”.

Ein ethisch-moralischer Diskurs muss aber spätestens dann geführt werden, wenn das menschliche Gewissen durch eine künstliche Intelligenz ersetzt wird und eigenständig unter Umständen lethale Entscheidungen trifft.

US-Soldat mit Robo-Dog - Wie Kamerad Roboter moderne Armeen unterstützt
Sogenannte Robo-Dogs mit hochmodernen Schnellfeuergewehren dienen der US-Army in Kriegsgebieten bereits als Scharfschützen. (Bild: ghostrobotics / instagram.com)

Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch beäugen die technische Entwicklung und Militärforschung mit wachem Auge. Sie fordern Regierungen auf, Killer-Roboter bereits vor der Einführung zu verbieten. “Viel seltener thematisiert die öffentliche Diskussion andere – militärische und zivile – Anwendungsmöglichkeiten, wie beispielsweise das Bergen von Verwundeten oder den Einsatz von Robotern in der Pflege”, sagt hingegen Oberstleutnant i.G. Dr. Jörg Wellbrink in einem Gastbeitrag für das Zentrum für ethische Bildung in den Streitkräften (zebis). Daher sei es dringend notwendig, eine Versachlichung der Diskussion anzustoßen. Eine Versachlichung, an der sich Staaten mit einem deutlich höheren Rüstungsetat als Deutschland tendenziell nicht beteiligen. China, die USA, Russland, Großbritannien und Israel machen bei Killer-Robotern keine Kompromisse. Die Algorithmen des Todes lauern eben auf vielen Schlachtfeldern des 21. Jahrhunderts.

Längst testen diese Staaten solche Systeme, wie die Völkerrechtlerin Maya Brehm im Auftrag der britischen Nichtregierungsorganisation (NGO) article 36 in einem Beitrag des Deutschlandfunks im August 2019 konstatierte. Die Liste der Gegner vollautomatisierter Kriegsführung wird länger. Eine globale Initiative ist zum Beispiel “Stop Killer Robots”. Ob sie dem Tempo der Militärtechnik standhalten kann, wird aber letztlich in den Planungsbüros der Verteidigungsministerien entschieden. Hier sitzen noch Menschen und keine Roboter.

Der Terminator jedenfalls kehrt zurück, nur dieses Mal nicht in Hollywood, sondern auf den Kriegsschauplätzen dieser Erde. Eine Fernbedienung zum Ausschalten des Programms gibt es dabei nicht.

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