Mann bedient Roboter in der Produktion

Sie denken darüber nach, einen Roboter in Ihrer Produktion einzusetzen? Vorher sollten Sie sich gut informieren. (Bild: Universal Robots)

Vom Nachdenken über einen Roboter bis zur Entscheidung, sich tatsächlich einen Roboter anzuschaffen, ist es für viele KMU (Kleine und mittlere Unternehmen) im Handwerk und in der Industrie ein großer Schritt. Unsicherheiten darüber, welche Dinge für die Automatisierung zu beachten sind und was vor der Investition zu klären ist, ziehen den Entscheidungsprozess oft unnötig in die Länge. Wertvolle Zeit geht verloren und am Ende steht im schlimmsten Fall das falsche Roboter-System in der Produktion. Das muss nicht sein, sagt Roboter-Berater Christoph Ryll. Ryll führt sein Beratungs-Unternehmen Christoph Ryll Robotics Consulting. Für Kollegeroboter.de hat der Experte die fünf wichtigsten Fragen zusammengefasst, die sich KMU stellen sollten, bevor sie sich einen Roboter zulegen:

  1. Was soll Ihr Mitarbeiter wirklich mit dem Roboter machen?
  2. Kann die Aufgabe ansonsten auch ein Mitarbeiter erledigen?
  3. Muss es wirklich MRK sein oder genügt ein zaunloser Roboter?
  4. Cobots sind einfach, sagt das Marketing…. Kann ich das wirklich alleine stemmen?
  5. Lohnt sich denn ein MRK-Roboter bei mir im Unternehmen?

1. Was soll Ihr Mitarbeiter wirklich mit dem Roboter machen?

Überprüfen Sie zur Beantwortung dieser Frage folgende Punkte:

  • arbeitet Ihr Mitarbeiter dauerhaft neben dem Roboter und arbeitet er aktiv mit?
  • soll der Mitarbeiter nur überwachen und beobachten aber den Roboter niemals berühren?
  • soll Ihr Mitarbeiter nur für die Material-Zu- oder Abführung zum Roboter kommen?
  • gar nichts, der Mitarbeiter wird für andere wichtigere Aufgaben benötigt.

Definition: Ein Cobot - was ist das?

Cobots oder auch kollaborative Roboter (Englisch: collaborative robot) sind kleinere Industrieroboter, die mit Menschen gemeinsam arbeiten (Mensch-Roboter-Kollaboration) und im Produktionsprozess nicht durch Schutzeinrichtungen von diesen getrennt sind.

2. Kann die Aufgabe ansonsten auch ein Mitarbeiter erledigen?

Hier geht es laut Ryll darum, eher einfache Prozesse zu automatisieren. Unternehmen sollten nicht gleich mit der Automatisierung der kompliziertesten Prozesse beginnen. Laut Ryll gilt hier die Faustregel: "Was der Mensch wirtschaftlich nicht zu leisten vermag, kann der Cobot schon gar nicht." Stattdessen bieten sich einfache Aufgaben für die Automatisierung an: Also eintönige, nicht anspruchsvolle Aufgaben. Der Mensch kann mehr, wenn man ihn lässt.

3. Muss es wirklich MRK sein oder genügt ein zaunloser Roboter?

Der Begriff Mensch-Roboter-Kollaboration (kurz: MRK) bedeutet, dass der Roboter mit dem Menschen zusammen arbeiten soll. Ryll mahnt bei dieser Art der Automatisierung: "Deshalb muss der kollaborative Roboter auch so limitiert sein, dass er den Menschen jederzeit berühren kann, ohne ihm auch nur ansatzweise Schmerzen zuzufügen oder ihn zu verletzen. Und das geht nur mit langsamen Robotern, da die Kraft der Cobots aus ihrer Geschwindigkeit kommt."

Der Experte erklärt: "Will man nur zaunlos arbeiten, so geht das auch mit Scannern, Lichtgittern oder Trittmatten! Das System erkennt den Menschen dann beim Zutritt zum automatisierten Arbeitsbereich und kann reagieren." Vor dem Zutritt aber habe der Roboter so einen aktiven Sicherheitsbereich und wenn kein Mensch von der Automatisierung detektiert werde, könne er sehr schnell und effizient arbeiten. Ryll: "Kollisionsvermeidung ist eben immer besser als Kollisionsbehandlung!"

Metallbau: Schweiß-Roboter im Kleinstbetrieb - ein Erfahrungsbericht. - Quelle: next Robotics

4. Cobots sind einfach, sagt das Marketing…kann ich das wirklich alleine stemmen?

Ryll hat hier eine klare Antwort: "Ja, Sie können, aber nur, wenn Sie das Know-how dazu haben! Wichtig: einen Roboter auspacken, Greifer anbauen und programmieren macht Sie zum Hersteller und Integrator mit allen Pflichten gemäß Maschinen-Richtlinie. Das wird sehr oft unterschätzt."

  • Ryll rät kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) dazu, hier sehr ehrlich zu sich selbst sein.
  • Was kann ich selbst?
  • Wo benötige ich Schulungen oder Beratungen?
  • Wann sollte ich definitiv einen Experten hinzuziehen? Hier geht es auch um die Haftung, wie zum Beispiel die Überprüfung der verbliebenen Kräfte an der Maschine gemäß ISO TS 15066.
  • Bei Fragen oder Unklarheit stehen Automatisierungs- und Roboter-Experten wie Ryll selbst oder der neu gegründete Deutsche Robotik Verband e.V. mit Rat und Tat zur Seite.

Ein neuer Robotik-Verband für Deutschland - Was steckt hinter dem Deutschen Robotik Verband e.V.?

Der Vorstand des Deutschen Robotik Verbands: (v.l.n.r.) Christoph Ryll, Helmut Schmid, Olaf Gehrels.
Der Vorstand des Deutschen Robotik Verbands: (v.l.n.r.) Christoph Ryll, Helmut Schmid, Olaf Gehrels. (Bild: Deutscher Robotik Verband)

Im Oktober 2020 wurde in Nürnberg der Deutsche Robotik Verband e.V. gegründet. Ziel des Verbandes ist es, den Einsatz von Robotertechnik und Cobots besonders in kleinen und mittelständischen Unternehmen zu fördern. Erster Vorsitzender des Verbandes ist Helmut Schmid. Seine beiden Stellvertreter sind Olaf Gehrels, Sprecher des Verbandes und ehemaliger Deutschland- und Europa-Chef des Roboter-Weltmarktführers Fanuc und Christoph Ryll von der Unternehmens-Beratung Christoph Ryll Robotics Consulting.

Helmut Schmid, der bis Juli 2020 die bedeutende deutsche Niederlassung des Cobot-Weltmarktführers Universal Robots aufgebaut und die Region West- und Nordeuropa geleitet hat: „Das Herz der deutschen Industrie sind kleine Unternehmen (KMU), die zum großen Teil bereit sind, ihre Zukunft und die des Standortes mit Hilfe von Robotern zu sichern.“ Individuelle Produktion, Losgröße 1 und kurze Durchlaufzeiten sind für diese Unternehmen mit 10, 20 oder 30 Mitarbeitern heute schon gang und gäbe, mit zunehmendem Fachkräftemangel aber immer schwerer durchzuhalten. Der vielversprechendste Lösungsansatz ist daher der Einsatz von Industrierobotern unterschiedlichster Art, und hier besonders innovative Technologien wie Leichtbauroboter und Cobots. Die Erfahrungen der Verbandsgründer zeigen: KMU, Handwerksbetriebe und Mittelständler brauchen vor allem einfache Lösungen, die schnell integriert sind und einen schnellen ROI sicherstellen.

5. Lohnt sich denn ein MRK-Roboter bei mir im Unternehmen?

"Definitiv Ja", sagt Ryll und führt aus: "Die eingesetzten Investitionskosten rechnen sich oft schon nach nur 9 Monaten. Denn dann sind diese genauso hoch wie die Kosten für einen Facharbeiter in dieser Zeit." Der Blickwinkel auf die Automatisierung sei entscheidend: Der Roboter habe keine Pausen, keinen Urlaub und keine Krankentage, also habe er mehr als nur 220 Arbeitstage im Jahr. "Cobots erlauben es uns, auch älteren und erfahrenen Mitarbeitern mit solch einem Kollegen einen effizienten - ergonomisch korrekten - Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen", erklärt Ryll.

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