Das Bild zeigt einen Roboter in der Produktion.

Es müssen nicht immer die teuren sein - günstige Roboter haben durchaus ihre Vorzüge. - (Bild: xiaoliangge - stock.adobe.com)

Was hat der englische Philosoph, Jurist und Maler Francis Bacon eigentlich mit der Robotik zu tun? Von ihm stammt das Zitat “wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, kommt der Berg zum Propheten” ‒ eine Analogie zur Entwicklung industrieller Robotik.

Wer bis vor wenigen Jahren seine Produktion automatisieren wollte, stand vor der Frage, ob bei allen Automatisierungsprojekten noch genügend Budget für den Kauf, die Programmierung und Integration von Robotern übrig blieb. Die Antwort fiel im Einkauf kleiner und mittelständischer Betriebe oft ernüchternd aus: Der Investitionswunsch versandete. Robotik galt zwar als eine bedeutende Automatisierungskomponente, jedoch war sie gerade für diese Unternehmen in der Regel noch zu teuer und komplex.

Innovative Robotik-Hersteller haben aber längst Roboter im Bauchladen, die diese alten Klischees schon lange konterkarieren. Robotik ist mittlerweile für Einsteiger nicht nur einfacher zu bedienen, sondern vor allem auch erschwinglich. Mit ihren Entwicklungen gehen Hersteller auf alle potenzielle Anwender zu und bieten Low-Cost-Roboter für viele Herausforderungen im Produktionsalltag.

Wie Sie von einer robotergesteuerte Automation mittels Low-Cost-Roboter profitieren, hat die Redaktion von KOLLEGE ROBOTER für Sie erfragt. Im Artikel erhalten Sie die Antworten auf die folgenden Fragen:

  1. Für welche Anwendungen werden Low-Cost-Roboter eingesetzt und warum?
  2. Welche Applikationen ergeben für Einsteiger Sinn, welche erfordern fundiertes Roboter-Wissen?
  3. Was müssen Einsteiger bei der Auswahl eines Roboters beachten?
  4. Mit welchen Kosten müssen Anwender bei der Anschaffung rechnen?
  5. Was zeichnet Low-Cost-Roboter aus?
Alexander Mühlens lächelt freundlich in die Kamera.
Alexander Mühlens ist seit Januar 2020 geschäftsführender Leiter Automatisierungstechnik und Robotik (low cost automation) bei der Igus GmbH. Zuvor arbeitete er als leitender Projektmanagement des internationalen Konzerns. Der echte “Kölscher Jung” ist seit Anfang 2021 zudem Vorstandsmitglied im VDMA. - (Bild: Igus)

1. Für welche Anwendungen werden Low-Cost-Roboter eingesetzt und warum?

Während Roboter in großen Fabriken gar nicht mehr wegzudenken sind, wagen nun auch immer mehr kleine und mittlere Unternehmen den Schritt in die Automatisierung. Zu sehr stehen diese Betriebe unter Wettbewerbsdruck. Kostengünstig, schnell und trotzdem qualitativ hochwertig muss das Ergebnis dabei sein. “Doch die Einstiegspreise klassischer Industrieroboter können das komplette Entwicklungsbudget sprengen. Zusätzlich wäre weiteres Personal gefragt, das sich um die Programmierung des Roboters kümmert. Kostenpunkte, die viele Unternehmen nicht stemmen können”, sagt Alexander Mühlens, Leiter Geschäftsbereich Automatisierungstechnik und Robotik bei Igus. Daher suchen die Betriebe, aber auch die Entwicklungsabteilungen größerer Firmen, nach kostengünstigen Automatisierungslösungen.

“Es gibt in vielen alltäglichen Tätigkeiten eine ganze Menge an einfachen, monotonen und manchmal auch langweiligen Aufgaben. Hier ist es vorteilhaft, diese an einen Roboter abzugeben und so Fachkräfte für anspruchsvollere Aufgaben einzusetzen. Stückzahlen, aber auch die Art der Arbeit spielen dabei eine Rolle”, so Mühlens. Für diese Anwender hat das international renommierte Unternehmen mithilfe seiner Kunststoff-Expertise zum Beispiel drei Kinematiken entwickelt: Gelenkarmroboter, Delta Roboter und kartesische Roboter.

Hannover Messe 2019 - Neuer Robolink von Igus im Check

Igus zeigt auf der Hannover Messe 2019 eine neue Version seiner Robolink-Reihe. Was der neue Roboter alles kann und was Igus mit seinem neuen Bereich Low Cost Automation so alles vorhat, haben wir bei einem Besuch erfahren. - Quelle: Next Robotics / YouTube

2. Welche Applikationen ergeben für Einsteiger Sinn, welche erfordern fundiertes Roboter-Wissen?

Robotik-Experten wie Igus wollen ihren Anwendern einen einfachen Einstieg in die Automatisierung ermöglichen. Individuelle Automatisierungslösungen sollen schnell und ohne viel Aufwand in Betrieb gehen. “So ist es nach unserer Idee "Build or Buy" möglich, nur die einzelnen Robotikkomponenten zu kaufen oder aber eine schon fertige Lösung zu bestellen”, wie Mühlens erklärt.

Eine große Hilfe sei hier zum Beispiel der Online-Marktplatz RBTX. Igus hat hier eine Plattform geschaffen, die Anbieter und Nutzer von Low-Cost-Robotik zusammenbringt. Auf diesem Online-Marktplatz haben Nutzer die Möglichkeit, sich eine eigene kostengünstige Roboterlösung zusammenzustellen. Dafür kooperiert Igus mit 20 Partnern aus unterschiedlichen Bereichen ‒ dazu haben sie sich Experten von Greifern, Kameras, Pneumatik, Rütteltischen, Signalleuchten oder Simulationssoftware in das Boot geholt.

Sie möchten einen Roboter einsetzen, wissen aber nicht welchen? Wie Sie sich zwischen einem klassischen Industrieroboter und einem Cobot entscheiden, erfahren Sie hier.

“Doch nicht alle Anwender wissen von Anfang an, was sie genau für ihr Automatisierungsprojekt benötigen. Am Anfang einer jeden Beratung steht die Frage ‘Was will ich automatisieren?`. Am Ende der kostenlosen Beratung bei RBTX weiß der Kunde, ob das Automatisierungsprojekt machbar ist und wie viel es kostet”, so Mühlens weiter. Entscheidet sich der Kunde für eine Realisierung, liefert Igus im Anschluss die notwendigen Komponenten. Optional helfe der RBTXpert-Service auch bei der Inbetriebnahme.

3. Was müssen Einsteiger bei der Auswahl eines Roboters beachten?

“Beim Einstieg in die Robotik sollten sich potenzielle Anwender eine zentrale Frage stellen: Welche Aufgabe will ich automatisieren und welche Parameter sind mir hier wichtig?”, wie Alexander Mühlens ausführt. Es gibt viele Fragen, die man sich im Vorfeld stellen kann, um zu eruieren, welche Robotiklösung für Nutzer am besten geeignet ist:

  • Wie schwer ist das zu bewegende Teil in einer Pick-&-Place-Anwendung?
  • Wie hoch muss die Genauigkeit sein?
  • Wie schnell soll der Roboter die Aufgabe ausführen?

“Wenn der Roboter beispielsweise in einem Eisautomaten das Speiseeis aus einer Kühltruhe zieht und in die Ausgabe legt, dann braucht er dabei keine hohe Präzision und keine enormen Geschwindigkeiten ‒ all das spart am Ende Kosten”, so Mühlens weiter.

So einfach und intuitiv programmieren Sie einen Roboter

Wer heute einen Low-Cost-Roboter integrieren will, setzt auf moderne, softwarebasierte Tools mit künstlicher Intelligenz. Alles Komponenten, die den Einstieg in die Robotik zum Kinderspiel werden lassen. Es wird nämlich nicht mehr programmiert, sondern angelernt. Beim Teach-In-Programming bewegt der Anwender den Roboter manuell in die gewünschten Position, die er aufnehmen und speichern will. Der Roboter nimmt die Position also auf, wonach der Anwender den genauen Arbeitsauftrag definiert.

Bis der Nutzer das beabsichtigte Bewegungsprofil erstellt hat, werden diese Schritte mehrfach wiederholt. Ein integrierter Programmeditor erleichtert es, die Programme einzurichten und zu bearbeiten. Für solche Programmierungen reicht oft ein PC mit Windows 10, ein freier USB-2.0- oder Ethernet-Port sowie 500 MB Speicherplatz aus.

4. Mit welchen Kosten müssen Anwender bei der Anschaffung rechnen?

Für den Bereich der Low-Cost-Automation bieten Hersteller wie Igus mehrere Produktlinien an. Die Preisspannen orientieren sich an der individuellen Anwendungsart. Igus bietet exemplarisch vier- und fünfachsige Robolink Gelenkarmroboter, Parallelkinematiken wie den Delta Roboter und Portallösungen an. Zusätzlich können beispielsweise auch Getriebebaukästen, Einzelgetriebe und Drehachsanwendungen gekauft werden. Sein Portfolio ergänzte das Entwicklerteam um Alexander Mühlens um ein neues Kunststoffwellgetriebe.

“Unser vorrangiges Ziel ist es, dem Kunden aufgrund seiner Anforderung das richtige Produkt aus dem kompletten Sortiment der Automatisierung bieten zu können. Das ist mit einem schnellen Return on Investment verbunden. Portallösungen gibt es bereits ab 1.000 Euro, den Delta Roboter sowie die Robolink Gelenkarme bereits ab 3.500 Euro. Unsere typischen Projekte haben 8.000 Euro Hardwarekosten und circa 20 Stunden Integrationsaufwand”, wie Mühlens erklärt.

Low-Cost-Roboter: Günstig automatisieren!

Wir haben uns neue Low-Cost-Automation-Lösungen von Igus angeschaut, darunter ein altbekannter Prototyp, der bald für sage und schreibe 2.500 Euro zu haben sein soll. - Quelle: Next Robotics / YouTube

5. Was zeichnet Low-Cost-Roboter aus?

“Unsere Roboter sind modular, das bedeutet der Kunde hat die Möglichkeit, sich zum Beispiel seinen Gelenkarm so zu konfigurieren, wie er es möchte.” Auch beim Gewicht haben die Roboterhersteller in den letzten Jahren signifikante Verbesserungen erreicht. Bei Igus sind die Kinematiken besonders leicht, weil alle zentralen Komponenten aus Kunststoff sind. Beim Thema ROI versprechen die Hersteller immer bessere Quoten. So sind bei Igus Return-on-Investment-Zeitspannen von mittlerweile circa 6-12 Monaten realistisch.

“Viele Anwender fragen uns warum unsere Roboter so preiswert sind. Das liegt daran, dass wir uns auf die wesentlichen Funktionen beschränken. Unsere Roboter haben eine Präzision von 0,5 bis 1 Millimeter, können bis zu fünf Kilogramm heben und schaffen bis zu 60 Picks die Minute” Die Roboter sind also nicht die Schnellsten und Präzisesten, aber für viele Aufgaben mehr als ausreichend. Wenn der Kunde eben nicht automatisch zu seinem Roboter kommt, dann bieten Robotik-Experten ihnen eben eine individuell abgestimmte Automatisierungslösung an.

Expertise

Sie benötigen kompetente Unterstützung beim Einstieg und der Einrichtung Ihrer eigenen Roboteranwendung? Mehr Informationen zum Thema bietet der internationale Experte igus hier. Ihr Ansprechpartner für die Business Unit Low-Cost-Automation ist Andreas Mühlens.

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